08 - Old Surehand II
in neuerer Zeit wieder eine solche Menge von Gold gefunden, daß man die Gelegenheit nicht versäumen darf.“
„Ihr wollt graben?“
„Hm – – – jaaaaaa!“ dehnte er.
„Und wenn Ihr nichts findet?“
„So finden andre etwas“, antwortete er mit einem bezeichnenden Achselzucken. „Man braucht nicht grad Digger zu sein, um in den Diggins etwas zu verdienen.“
Es konnte ihm nicht einfallen, sich deutlich auszudrücken; ich wußte trotzdem, was er meinte. Er wollte ernten, wo er nicht gesät hatte.
„Daß wir nichts finden, darüber braucht Ihr Euch nicht zu sorgen“, fuhr er fort, um mir Lust zu machen. Es war ihm Ernst damit, mich mitzunehmen, denn je zahlreicher seine Gesellschaft war, desto bessere Geschäfte mußte sie machen, und mich hielt er für einen Mann, den man ausnutzen und dann fortjagen, wenn nicht noch Schlimmeres, konnte. „Wir sind alle überzeugt, daß wir gute Ausbeute machen werden, denn wir haben einen Mann bei uns, der sich darauf versteht.“
„Einen Geologen?“
„Er ist noch mehr als Geologe; er besitzt alle Kenntnisse und Erfahrungen, die in den Diggins nötig sind. Ihr werdet nicht daran zweifeln, wenn ich Euch sage, daß er ein Offizier von höchstem Rang ist, nämlich General.“
„General?“ fragte ich, indem mir ein Gedanke kam. „Wie heißt der Gentlemen?“
„Douglas. Er hat eine Menge Schlachten mitgemacht und dann in den Bergen sehr eingehende wissenschaftliche Forschungen angestellt, deren Ergebnis die Überzeugung ist, daß wir Gold, sehr viel Gold finden werden. Nun, habt Ihr Lust?“
Wenn es wirklich seine Absicht gewesen wäre, nach Gold zu graben, so hätte er sich sehr gehütet, hier, vor so vielen Zeugen, davon zu sprechen; er hatte also etwas ganz andres vor, und daß dies nichts Gutes war, erhellte daraus, daß der Quasi-General zu der Gesellschaft gehörte. Daß dieser sich noch Douglas nannte und keinen anderen Namen angenommen hatte, war von ihm eine Unvorsichtigkeit, die ich kaum begreifen konnte.
„Nein Sir, ich habe keine Lust“, antwortete ich.
„Warum nicht?“
„Sehr einfach, weil mir die Sache nicht gefällt.“
„Und warum gefällt sie Euch nicht?“
Seine vorher freundlichen Züge verfinsterten sich mehr und mehr und wurden schließlich drohend.
„Weil sie nicht nach meinem Geschmack ist.“
„Und was für eine Art von Geschmack habt Ihr, Sir?“
„Die Art, welche es mit der Ehrlichkeit hält.“
Dann sprang er auf und schrie mich an:
„Alle Teufel! Wollt Ihr etwa sagen, daß ich nicht ehrlich bin?“
Auch einige von den andern Gästen standen auf. Sie wollten die Szene genau sehen, welche jetzt unbedingt erfolgen mußte.
„Ich habe mich um Eure Ehrlichkeit ebensowenig zu kümmern wie Ihr Euch um meinen Geschmack“, antwortete ich, indem ich ruhig sitzen blieb, ihn aber scharf im Auge behielt. „Wir gehen einander nichts an und werden uns in Ruhe lassen!“
„In Ruhe lassen? Das bildet Euch nur ja nicht ein! Ihr habt mich beleidigt, und zwar in einer Weise, daß ich Euch zeigen muß, wer Toby Spencer eigentlich ist.“
„Das braucht Ihr mir nicht erst zu zeigen.“
„So? Ihr wißt es wohl schon?“
„Ja.“
„Nun, was bin ich denn?“
„Grad das, was ich auch bin, nämlich ein Gast bei Mutter Thick, und als Gast hat man sich anständig zu betragen, wenn man anständig behandelt sein will.“
„Ah! Und wie wollt Ihr mich dann behandeln?“
„So, wie Ihr es verdient. Ich habe Euch nicht aufgefordert, Euch zu mir zu setzen; es waren genug andre Plätze da. Ich habe auch nicht von Euch verlangt, mit mir zu sprechen. Und nachdem ich von Euch ins Gespräch gezogen worden bin, habe ich höflich und sachgemäß geantwortet. Eure Pläne und Absichten sind mir vollständig gleichgültig; da Ihr mich aber fragtet, ob ich mit Euch nach Colorado wolle, habe ich Euch ruhig gesagt, daß ich keine Lust habe. Wie Euch das im Zorn versetzen kann, begreife ich nicht!“
„Ihr habt von Ehrlichkeit gesprochen, Boy! Das dulde ich nicht!“
„Nicht? Hm! Ich denke, ein ehrlicher Mann kann ruhig von Ehrlichkeit sprechen hören, ohne darüber in solchen Grimm zu geraten.“
„Mann, nehmt Euch in acht! Das ist wieder eine Beleidigung, die ich mir sehr stark – – –“
Er wurde von der Wirtin unterbrochen, welche ihn aufforderte, Ruhe zu halten; er hob den Arm gegen sie.
„Begebt Euch nicht in Gefahr, Mutter Thick!“ bat ich sie. „Ich bin gewöhnt, für mich selbst zu sorgen, und pflege stets
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