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08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aber auf den Planken eines guten Schiffes, so kenne ich den Kurs genau und kann nicht aus dem Sattel fallen. Also Westmann hin, Westmann her; ich habe ein Haar drin gefunden und bleibe der alte Seebär, der ich stets gewesen bin!“ – – –

VIERTES KAPITEL
    Die verkehrten Toasts
    Als Treskow seinen Bericht beendet hatte, gab es von Seiten seiner Zuhörer eine ganze Menge von Fragen, die er ihnen beantworten sollte. Die Geschichte, besonders das Ende derselben, war ihnen nicht ausführlich genug, und jeder wollte etwas wissen, was er vermißte. Am sonderbarsten kam es ihnen vor, daß Winnetou eine Seereise mitgemacht hatte. Ein Roter und noch dazu dieser Indianer, und eine Reise zur See, das war ihnen unbegreiflich, mir aber nicht, denn ich kannte diese Geschichte längst und wußte auch, daß er nicht nur dieses eine Mal zur See gewesen war.
    Während sie noch hin und her sprachen, kamen neue Gäste. Es waren sechs Personen, welche lärmend eintraten und etwas mehr Spiritus genossen zu haben schienen, als ihnen zuträglich war. Sie sahen sich nach Plätzen um, und obgleich genug andre leer waren, zogen sie es vor, sich an meinen Tisch zu setzen.
    Am liebsten wäre ich aufgestanden, was sie aber gewiß als eine Beleidigung betrachtet hätten, und da ich keine Veranlassung zu rohen Streitigkeiten geben wollte, so blieb ich sitzen. Sie verlangten Brandy und bekamen welchen, doch wurden sie von Mutter Thick in einer Weise bedient, welche erkennen ließ, daß sie diese Leute lieber gehen als kommen sah.
    Bewohner der Stadt konnten sie nicht sein, denn sie hatten außer ihren Messern und Revolvern auch Gewehre mit. Wie echte Rowdies aussehend, stanken sie förmlich nach Schnaps, und es kostete mich wirklich Überwindung, mit ihnen an demselben Tisch auszuhalten. Sie führten das große Wort und sprachen so laut und so unausgesetzt, daß von der Unterhaltung der andern Gäste fast nichts zu hören war. Die Ruhe und Gemütlichkeit, welche vorher geherrscht hatten, waren verschwunden.
    Der lauteste von ihnen war ein stark und ungeschickt gebauter Kerl mit einem wahren Bullenbeißergesicht. Es war, als ob seine Glieder und seine Gesichtszüge aus Holz roh zugehackt worden seien. Er spielte sich als den Anführer der andern auf, und es war allerdings zu bemerken, daß sie ihn nach ihrer Weise mit einer Art Respekt behandelten.
    Sie sprachen von Heldentaten, die sie begangen hatten und wieder begehen wollten, von Vermögen, welche sie besessen und verjubelt hatten und jedenfalls wieder erwerben würden; sie gossen ein Glas nach dem andern hinunter, und als Mutter Thick sie mahnte, langsamer zu trinken, wurden sie grob und drohten, vom Büffet Besitz zu nehmen und sich selbst zu bedienen.
    „Das würde ich mir verbitten“, antwortete die mutige Wirtin. „Da liegt der Revolver, der erste, der sich an meinem Eigentum vergriffe, würde eine Kugel bekommen!“
    „Von dir etwa?“ lachte der Bullenbeißer.
    „Ja, von mir!“
    „Mach dich nicht lächerlich! In solche Hände gehört eine Nähnadel, aber kein Revolver. Glaubst du wirklich, uns zum Fürchten zu bringen?“
    „Was ich glaube oder nicht, das geht Euch nichts an. Jedenfalls bin ich es nicht, die sich fürchtet, und wenn es an einer Hilfe fehlen sollte, so sind Gentlemen genug da, welche sich einer wehrlosen Witfrau annehmen würden!“
    „Gentlemen genug?“ wiederholte er ihre Worte höhnisch lachend, indem er von seinem Stuhl aufstand und seinen Blick herausfordernd rundum laufen ließ. „Sie mögen herkommen und probieren, wer den Kürzeren zieht, sie oder ich!“
    Es antwortete ihm kein Mensch, ich natürlich auch nicht. Auf einen Widerstand schien er überhaupt gar nicht gerechnet zu haben, denn er hatte sie alle angesehen, mich aber nicht. Vielleicht kam ihm mein ruhiges Gesicht so zahm vor, daß er es nicht der Mühe wert hielt, mich überhaupt zu addieren. Ich gehöre nämlich zu denjenigen Menschen, deren Züge grad dann einen recht bescheidenen Ausdruck annehmen können, wenn es in ihrem Innern arbeitet. Einer, der sich für einen großen Psychologen hielt, erklärte mir das einmal mit den Worten: Wenn der Geist sich nach innen zieht, muß außen das Gesicht dumm aussehen; das ist doch selbstverständlich.
    Als der Bulldogge sah, daß niemand seiner Aufforderung folgte, wurde er noch kühner als vorher.
    „Dachte es mir; es wagt sich keiner her!“ lachte er. „Möchte auch den sehen, der es wagt, einen Gang mit Toby Spencer zu machen! Ich drehte

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