08 - Old Surehand II
sie mir beschreiben, und wir überzeugten uns, daß es der ‚General‘, Toby Spencer und die fünf anderen gewesen waren. Old Surehand hatte eine Nacht auf der Farm zugebracht. Wir beschlossen, dasselbe zu tun.
Da wir es vorzogen, im Freien anstatt in der Stube zu sein, wurden Stühle und ein Tisch herausgebracht. Da saßen wir essend und uns unterhaltend vor dem Haus; seitwärts von demselben grasten unsere Pferde, die wir abgesattelt hatten, und weiter draußen jagten Cowboys hin und her, um die Herden für die Nacht zusammenzutreiben. Von links her kam auf galoppierendem Pferd ein Reiter gesprengt, gerade auf das Farmhaus zu; etwas Weißes wehte wie eine Mähne hinter ihm her; ich mußte sogleich an Old Wabble denken.
„Ah, da kommt der!“ sagte Fenner. „Ihr werdet jetzt einen höchst interessanten Mann kennenlernen, der in früheren Jahren berühmt war und der ‚King of the cowboys‘ genannt wurde.“
„Uff!“ ließ sich Winnetou hören.
„Habt Ihr den Mann auf Eurer Farm angestellt, Mr. Fenner?“ fragte ich.
„Nein. Er kam heute mittag mit einer kleinen Gesellschaft von Westmännern hier an, mit denen er da draußen am Busch Lager macht, um morgen wieder fortzureiten. Er ist weit über neunzig Jahre alt und sitzt noch wie ein Jüngling im Sattel. Seht, jetzt ist er da!“
Ja, er war da. Er kam, ohne uns schärfer anzusehen, fast bis ganz zu uns herangejagt, hielt sein Pferd an und wollte abspringen; da erst richtete er das Auge voll auf uns, fuhr sofort mit dem rechten Fuß in den Bügel und rief:
„All thousand devils! Old Shatterhand und Winnetou! Mr. Fenner, bleiben diese Kerle heut hier?“
„Yes“, antwortete erstaunt der Farmer.
„So reiten wir fort. Wo solche Halunken sind, haben ehrliche Menschen keinen Platz. Lebt wohl!“
Er riß sein Pferd herum und galoppierte wieder fort. Der Farmer war nicht bloß über das Verhalten des Alten überrascht, sondern auch über die Namen, welche dieser genannt hatte.
„Sir, Ihr seid Old Shatterhand? Und dieser rote Gentleman ist Winnetou, der Häuptling der Apachen?“
„Ja, Mr. Fenner.“
„Warum habt Ihr mir das nicht eher gesagt? Ich hätte Euch noch ganz anders aufgenommen!“
„Wir sind Menschen wie alle Menschen und haben nicht mehr und nichts Besseres zu beanspruchen als andere Leute!“
„Mag sein; aber wie ich euch bewirten will, das ist nicht eure, sondern meine Sache. Werde meiner Frau sagen, für was für Gäste sie zu sorgen hat.“
Er ging in das Haus. Winnetou hielt sein Auge dorthin gerichtet, wo die weiße Mähne Old Wabbles noch wehte.
„Sein Blick war Haß und Rache“, sagte er. „Old Wabble hat gesagt, er gehe fort; aber er kommt in dieser Nacht zurück. Winnetou und seine weißen Brüder werden sehr vorsichtig sein.“
Wir waren mit dem Essen noch nicht fertig, als Fenner wieder herauskam. Er schob Fleisch, Brot, die Teller, kurz alles, was vor uns lag, zusammen und sagte:
„Bitte, Mesch'schurs, macht eine Pause! Meine Frau deckt drin einen anderen Tisch. Redet nicht dagegen, sondern gönnt mir die Freude, euch zeigen zu dürfen, wie willkommen ihr mir seid!“
Dagegen war nichts zu machen; er meinte es gut, und wir fügten uns seinen Willen. Als uns die Frau dann hineinholte, sahen wir alle Delikatessen aufgetragen, welche eine Farm zu bieten vermag, die zwei Tagesreisen von der nächsten Stadt entfernt liegt. Das Essen begann also von neuem, in zweiter, verbesserter Auflage. Dabei erklärten wir unserm Wirt das für ihn sonderbare Betragen des alten Wabble, indem wir ihm den Diebstahl der Gewehre und dessen Bestrafung erzählten. Er konnte aber trotzdem den Grimm des alten ‚Königs der Cowboys‘ nicht begreifen. Old Wabble hatte allen Grund, uns dankbar zu sein, denn wir waren eigentlich sehr gnädig mit ihm verfahren; er hatte keine Strafe bekommen, obgleich er bei dem Diebstahl beteiligt gewesen war, indem er den ‚General‘ in das Haus des Bloody-Fox geführt hatte.
Während des Essens wurde es dunkel. Wir waren um unsere Pferde besorgt und stellten das dem Farmer vor. Er machte uns den Vorschlag:
„Wenn ihr sie wegen Old Wabble und der Gesellschaft, die er bei sich hat, nicht im Freien lassen wollt, so habe ich hinter dem Haus einen Schuppen, in dem wir sie anbinden können. Für Wasser und gutes Futter werde ich da sorgen. Der Schuppen ist zwar unverschlossen, weil von einer Seite offen, aber ich werde einen zuverlässigen Mann als Wächter hinstellen.“
„Was das betrifft, so
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