08 - Old Surehand II
sagte:
„Sam Fire-gun war der gebietende Häuptling seiner Bleichgesichter; darum hat Winnetou von dem Augenblick an, in welchem er das Hide-spot betrat, keinen Befehl mehr gegeben, sondern sich nach ihm gerichtet. Auch war mein Bruder Shatterhand nicht dabei. Jetzt, wenn wir Old Surehand suchen, wird es anders sein; wir werden weniger Blut vergießen und jeden Fehler vermeiden. Welchen Weg hat Sam Fire-gun eingeschlagen?“
„Das weiß ich nicht; ich werde es aber erfahren, denn ich gehe noch einmal zu Mr. Wallace, um mich von ihm zu verabschieden.“
Vorher ging ich mit Treskow fort, um ihn bei seinen Einkäufen zu unterstützen. Von Gewehren verstand er nichts und wäre gewiß mit einer sehr blanken, aber ebenso untauglichen Rifle über das Ohr gehauen worden. Wurde es doch so gar mir nicht leicht, dem Pulver, welches man uns erst vorsetzte, anzusehen, daß es wenigstens zwanzig Prozent zerstoßene Holzasche enthielt.
Als diese geschäftlichen Angelegenheiten erledigt waren, begab ich mich zu dem Bankier, um ihm zu sagen, daß ich jetzt im Begriff stehe, die Stadt zu verlassen. Von dem ‚General‘ und den Vorkommnissen des letzten Abends sagte ich nichts; es gab ja nichts, was mich drängte, es ihm mitzuteilen, und es ist immer besser, zu schweigen, als etwas zu sagen, was man nicht grad sagen muß oder nicht zu sagen braucht. Da fiel mir eine Frage ein, die ich noch an ihn richten mußte:
„Ihr wißt, Sir, daß Old Surehand auf seinem Ritt nach Fort Terrel von Apanatschka, dem jungen Häuptling der Komantschen, begleitet wurde?“
„Ja, er hat es mir erzählt“, antwortete Wallace.
„Wo ist dieser Indianer hin? Wo hat er sich von Old Surehand getrennt?“
„Sie sind von Fort Terrel miteinander nach dem Rio Pecos geritten, wo sich Apanatschka von ihm verabschiedet hat, um zu seinem Stamm zurückzukehren.“
„Schön! Und wißt Ihr vielleicht, welche Route Old Surehand jetzt eingeschlagen hat?“
„Er ist mit dem Schiff bis Topeka und wollte dann zu Pferd an dem Republican-River hinauf.“
„Dachte es mir. Was hat er für ein Pferd?“
„Das, welches Ihr ihm geschenkt habt, Sir.“
„So ist er vorzüglich beritten. Ich hoffe, sehr bald seine Spur zu finden.“
„Was das betrifft, so kann ich Euch vielleicht einen Fingerzeig geben. Sucht, wenn Ihr nach Topeka kommt, Peter Lebruns Weinstube auf! Dort ist er jedenfalls eingekehrt. Er kennt den Wirt. Und dann gibt es zwei Tagesritte am Republican-River hinauf am rechten Ufer desselben eine große Farm, zu welcher bedeutende Ländereien gehören. Der Besitzer hat große Pferde- und Rinderherden. Er heißt Fenner, und so oft Old Surehand in jene Gegend gekommen ist, hat er diesen Farmer besucht. Weiter kann ich Euch leider keine Andeutung geben, Mr. Shatterhand.“
„Ist auch nicht nötig. Das, was Ihr gesagt habt, genügt mehr als vollständig, um mich später zu unterrichten. Ihr werdet dann erfahren, daß ich Freund Surehand so sicher getroffen habe, als wenn Ihr mir seinen Weg von Schritt zu Schritt beschrieben hättet.“
Ich ging.
Als die Zeit gekommen war, den Landeplatz der Steamer aufzusuchen, fragte ich Mutter Thick nach der Rechnung; da hatte ich aber einen Pudel geschossen, über den sie sich so gekränkt fühlte, daß sie beinahe Tränen vergoß. Sie erklärte, daß es eine großartige Beleidigung sei, ihr Geld dafür anzubieten, daß sie den unvergeßlichen Vorzug gehabt habe, Old Shatterhand bei sich zu sehen. Ich meinerseits bemerkte ihr dagegen, daß ich mich nur dann als Gast betrachten könne, wenn ich eingeladen worden sei, und daß mein Charakter es mir nicht erlaube, mir etwas schenken zu lassen, was ich bestellt und genossen habe, weil ich annahm, daß ich es bezahlen müsse. Sie sah ein, daß ich auch nicht unrecht hatte, und bot mir den höchst überraschenden Ausgleich an:
„Nun wohl, Ihr wollt partout geben und ich lasse mich partout nicht bezahlen; so gebt mir etwas, was kein Geld ist!“
„Was?“
„Etwas, was mir höher steht als alles Geld und was ich als ein Andenken an Old Shatterhand heilig halten werde, so lange ich lebe, nämlich eine Locke von Eurem Haar.“
Ich fuhr förmlich einen Schritt zurück. „Eine L – – – eine Lo – – – eine Locke – – – von mir – – – von mir? Habe ich recht gehört? Habe ich Euch richtig verstanden, Mutter Thick?“
„Ja, ja, Sir. Ich bitte Euch um eine Locke Eures Haars.“
Trotz dieser Versicherung war es mir schwer, es zu
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