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08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Distriktes oder gar einer einzelnen Stadt zu bestehen, sondern glich eher einem Karneval, der die Repräsentanten aller Nationen für kurze Zeit vereinigt hat.
    Hier stand eine Gruppe magerer Yankees in dem unvermeidlichen schwarzen Frack, den hohen Zylinderhut weit nach hinten auf den Kopf gedrückt, die Hände in den Taschen und goldene Uhrketten, Tuchnadeln, Hemdknöpfchen und Berloques eingehakt. Dazwischen drängte sich ein kleiner Schwarm Chinesen herum in ihren blauen Kattunjacken und weiten, weißen Hosen, die langen Zöpfe wohl gepflegt und geflochten. Südseeinsulaner waren da, die scheu, verlegen und verwundert auf dem fremden Boden einhergingen und, wenn ihnen etwas nach ihren Begriffen gar zu Absonderliches in die Augen sprang, die Köpfe leise flüsternd zusammensteckten. Mexikaner stolzierten umher mit ihren an der Seite bis oben hin aufgeschlitzten und mit silbernen Knöpfen besetzten Samthosen, und den kurzen, ebenso garnierten Jacken, den breitrandigen Wachstuchhut auf dem Kopf. Kalifornier mit ihren langen, in den prachtvollsten Farben gewebten Ponchos, die ihnen fast bis an die Knöchel herabreichten; schwarze Ladys und Gentlemen, nach tausend Wohlgerüchen duftend und in dem überzeugendsten Putz steckend, ernste Indsmen, die mit gravitätischem Schritt durch die Menge stiegen; gemütliche Deutsche, Engländer mit Kotelettenbärten und riesigen Zwickern auf der Nase, bewegliche, kleine Franzosen, zankend, erzählend, rufend und auf das lebhafte gestikulierend, rothaarige Irländer, nach Aquardiente (Schnaps) duftend; Chilenen in ihren kurzen Ponchos; Trappers, Squatters, Backwoodsmen in ihren ledernen Jagdhemden, die lange Büchse noch auf der Schulter, wie sie gerade über das Felsengebirge gekommen waren; Mestizen und Mulatten in allen Farbenstufen und Schattierungen, und dazwischen die aus den Minen oft mit schweren Beuteln von Gold zurückgekehrten Goldwäscher in den phantastischen Kostümen, die man nur zu denken vermag, in ihren Kleidern auf das entsetzlichste abgerissen, mit geflickten Hosen, Röcken, Westen und Jacken, mit zerrissenen Stiefeln, aus denen die nackten, strumpflosen Zehen hervorblickten, und Hüten, die monatelang am Tage der Sonne und dem Regen getrotzt und dann des Nachts als Kopfkissen gedient hatten. Und in den kleinen Gruppen standen dabei die Eingeborenen des Landes, die eigentlichen, rechtmäßigen Herren des Bodens und doch vielleicht die einzigen vollständig Besitzlosen in der ganzen Masse, die ihr Leben jetzt durch Tagelohn kärglich fristen mußten.
    Und dieser bunten Völkermischung schlossen sich allerlei respektgebietende glänzende Gestalten an: amerikanische und englische Seeleute mit breiten Schultern, riesigen Fäusten und herausforderndem Blick, und eine Anzahl spanischer Marineoffiziere, die in ihren blitzenden, goldgestickten Uniformen von San Franzisco herbeigekommen waren, um sich das geschäftige Treiben in der Nähe der Golddistrikte einmal anzusehen.
    Fast hätte man sagen können:
    „Wer zählt die Völker, nennt die Namen!“
    Und was hatte all die Ingredienzien der vielgestaltigen anthropologischen Mixtur herbeigetrieben? Nichts anderes als – Gold.
    Die Ansiedlung von Oberkalifornien, welche im Jahre 1768 von Mexiko aus geschah, hatte das Land unter die weltlich-geistliche Herrschaft der Missionare gebracht. Die Jesuiten waren treffliche Ökonomen und errichteten an vielen geeigneten Orten Klöster und Missionen zur Ausübung ihrer Propaganda.
    Als die Herrschaft der Priester durch die mexikanische Zentralregierung im Jahre 1823 gestürzt wurde, weigerten sich die Missionare zum großen Teil, diese Regierung anzuerkennen, und verließen das Land. Die wenigen, welche blieben, hatten ihren Einfluß verloren, fristeten ein kümmerliches Leben und verschwanden auch nach und nach.
    Nicht weit von Sacramento lag ein mehrere Stockwerke hohes, mächtiges Gebäude, welches einen großen Hof umschloß, dessen nach der Stadt zu gelegene Seite von der altertümlichen, aus ungebrannten Backsteinen aufgeführten Kirche begrenzt wurde.
    Das Gebäude war die Mission ‚Santa Lucia‘, deren ganze, kasernenartige Räumlichkeiten in der letzten Zeit nur von drei Personen bewohnt waren: einem alten, ehrwürdigen Geistlichen, seiner noch älteren Wirtschafterin und einem Deutschen, welcher eigentlich Karl Werner hieß, von denen, die mit ihm verkehrten, aber nach seinem Vornamen nicht anders als Señor Carlos genannt wurde, und das Faktotum des Pfarrers

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