08 - Old Surehand II
nach kaum einer Sekunde grad vor dem Ogellallah in die Höhe. Beide holten zugleich zum todbringenden Hieb aus; die Beile krachten aneinander, und dasjenige Matto-Sihs sank ihm zerschmettert aus der Hand. Er wandte sich blitzschnell um und brach sich mit den gewaltigen Beinen Bahn zur Flucht.
„Matto-Sih!“ rief Winnetou, sich nicht von der Stelle bewegend. „Ist der Hund von Ogellallah eine feige Hündin geworden, daß er läuft vor Winnetou, dem Häuptling der Apachen? Der Mund der Erde soll sein Blut trinken, und die Kralle des Geiers soll zerreißen sein Herz und seinen Leib; aber sein Skalp wird zieren den Gürtel des Apachen!“
Dieser Aufforderung mußte er standhalten. Er kehrte um und drang auf den Feind ein.
„Winnetou, der Sklave der Bleichgesichter! Hier ist Matto-Sih, der Häuptling der Ogellallah! Er tötet den Bär und wirft den Büffel nieder; er folgt dem Elen und zertritt der Schlange den Kopf; ihm hat noch niemand widerstanden, und er wird jetzt fordern das Leben von Winnetou, dem Feigling von Pimo!“
Einem der Seinen das Beil entreißend, stürzte er sich auf den Apachen, welcher ihn stehenden Fußes erwartete. Die Augen der beiden starken Männer bohrten sich mit fürchterlichem Blick ineinander; das Beil des Ogellallah schwirrte um das Haupt desselben und fuhr dann mit fürchterlicher Wut hernieder. Winnetou parierte den Hieb mit einer Leichtigkeit, als sei er von dem Arm eines Knaben geführt; nun auch seine Waffe schwingend, wollte er den Schlag erwidern, wurde aber von hinten gepackt und daran gehindert. Zwei Ogellallahs hatten sich auf ihn geworfen. Blitzschnell drehte er sich um; die Feinde sanken, von ihm getroffen, nieder, aber schon schwebte das Beil Matto-Sihs wieder über seinem Haupt.
Sam Fire-gun, der alle überragte, hatte den Freund in Gefahr gesehen. Die Indianer wie Grashalme auseinanderschlagend, sprang er mitten durch sie hindurch, faßte mit den beiden riesenstarken Fäusten ihren Anführer bei Hüfte und Genick, hob ihn hoch in die Luft empor und schmetterte ihn zur Erde nieder, daß es krachte. Sofort kniete Winnetou über dem Besinnungslosen, senkte ihm das Messer in die Brust, faßte mit der Linken das reiche, dunkle Haar zusammen – drei Schnitte, kunstgerecht geführt – ein kräftiger Ruck – und der Skalp war gelöst. Er schwang ihn hoch um den Kopf und ließ jenen fürchterlichen Siegesruf hören, welcher mark- und beinerschütternd auf den Gegner zu wirken pflegt.
Als die Ogellallah die Kopfhaut ihres Anführers erblickten, stießen sie ein erschütterndes Geheul aus und wandten sich zur Flucht.
Dick Hammerdull stand wieder bei Pitt Holbers; sie waren die beiden Unzertrennlichen und suchten jetzt die Fliehenden zurückzuhalten.
„Pitt Holbers, altes Coon, siehst du, wie sie laufen, he?“ rief Hammerdull.
„Hm, wenn du denkst, Dick, so sehe ich es!“
„Ob ich es denke oder nicht, das bleibt sich doch gleich, aber ich möchte – Zounds, Pitt, guck dir einmal den Kerl an, der dort zwischen den beiden Männern aus Germany hindurch will! Holla, der Mensch wird ausgelöscht!“
Mehr sich kugelnd als laufend, eilte er hinzu, wo mehrere Indianer sich anstrengten, an den beiden Deutschen, welche sie aufhalten wollten, vorbeizukommen. Holbers folgte ihm; sie warfen sich auf die Roten und schlugen sie nieder.
In kurzem war der Sieg vollständig errungen, und was vom Feind nicht tot oder verwundet am Boden lag, der hatte fliehend das Weite gesucht. Am östlichen Horizont wurde nun auch das scharfe Licht der nahenden Maschine sichtbar. Der Heizer hatte den Schein der Feuer bemerkt, sie für das verabredete Zeichen gehalten und nun den Zug in langsame Bewegung gesetzt.
Der Ingenieur, welcher zu der Abteilung Winnetous gehört hatte, trat zu dem Apachen und fragte ihn:
„Ihr seid Master Winnetou!“
Der Indianer neigte, den Skalp Matto-Sihs an sich hängend, zustimmend das Haupt.
„Wir haben Euch die heutige Rettung zu verdanken. Ich werde einen Bericht schreiben, der bis hinaus zum Präsidenten geht; dann wird der Lohn nicht ausbleiben!“
„Der Häuptling der Apachen bedarf des Lohnes nicht; er liebt die weißen Brüder und gibt ihnen seinen Arm im Kampf, aber er ist stark und reich, reicher als der große Vater der Bleichgesichter. Er bedarf weder Gold noch Silber, weder Hab noch Gut; er will nicht nehmen, sondern er gibt. Howgh!“
Der Zug hielt kurz vor den aufgerissenen Schienen an.
„Donnerwetter, Sir“, rief der herabspringende
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