08 - Old Surehand II
auch!“
„Ob sie es sind oder nicht, das bleibt sich gleich, aber ich denke, daß sie es nicht sind.“
„Unsinn! Mein Neffe ist ein Deutscher; das muß ich doch wissen!“
„Ja, wenn er wirklich Euer Neffe ist, Sir!“
„Zweifelst du daran?“
„Hm! Kennt Ihr Euern Neffen?“
„Ich konnte ihn nicht erkennen, weil er noch ein Knabe war, als ich ihn zum letztenmal sah.“
„Ich glaube, Ihr habt ihn überhaupt noch nicht gesehen. Euer deutscher Name ist Wallerstein. Warum hat er diesen Namen nicht beibehalten und sich anders genannt?“
„Aus Vorsicht, nämlich weil er – – –“
„Ich weiß, ich weiß!“ fiel ihm der Dicke in die Rede. „Ich habe ja gehört, welchen Grund er dafür angab; aber mir scheint dieser Grund ein wenig fadenscheinig zu sein. Sagt mir einmal, ist er Kapitän?“
„Nein.“
„Aber der andere hat ihn doch so genannt!“
„Wirklich? Was du sagst!“
„Ja, er hat ihn Kapitän genannt; ich habe es ganz deutlich gehört, sogar mit allen beiden Ohren. Sie sprachen nämlich französisch.“
„Französisch?“ fragte der Colonel verwundert. „Das wäre freilich sehr auffällig!“
„Ob es auffällig ist oder nicht, das ist gleichgültig; das ist sogar egal; aber mir ist es zunächst nicht aufgefallen. Doch als ich dann hörte, daß es sich um Euer Gold handelt, da kamen mir Bedenken. Warum nennt sich der andere uns gegenüber Peter Wolf – ein schrecklicher Name, bei dem man die Zunge brechen kann! – und zu Heinrich Sander sagte er, daß er Jean Letrier heiße?“
„Bezeichnete er sich mit diesem Namen?“
„Ja. Ich ging grad an ihnen vorüber und hörte es; ich verstand es auch, obgleich er französisch sprach. Ich achtete in diesem Augenblick nicht darauf, weil ich gerade Eile hatte, mir den Skalp eines Roten zu holen; aber später fiel es mir wieder ein und machte mich mißtrauisch. Spricht dieser Sander die deutsche Sprache gut und rein?“
„Allerdings mit einem fremden Akzent; aber wahrscheinlich kommt mir das nur so vor; ich habe kein Urteil mehr darüber, weil es so lange Jahre her ist, daß ich Deutschland verlassen habe.“
„Ob Ihr es verlassen habt oder nicht, das bleibt sich ganz gleich; aber ich sage Euch, daß mir die Sache nicht gefällt. Wir nennen Euch als unseren Anführer Colonel, obgleich Ihr diesen militärischen Grad nicht besitzt. Warum wird dieser Sander Kapitän genannt? Ist er der Anführer von irgendwelchen Leuten? Wer und was sind diese Leute? Ehrliche Menschen wohl kaum! Seht Euch vor, Colonel, und nehmt mir meine gut gemeinte Warnung ja nicht übel!“
„Fällt mir nicht ein, sie übel zu nehmen, obgleich ich weiß, daß du dich irrst. Dennoch werde ich die Augen und Ohren offen halten; das verspreche ich dir.“
„Well! Will wünschen, daß ich mich irre; aber da Ihr Euern Neffen nicht persönlich kennt und es sich um eine so große Summe handelt, so ist die Vorsicht wenigstens nicht überflüssig.“
„Er hat sich mir gegenüber als Neffe legitimiert.“
„Durch Euern Brief, den er vorzeigte?“
„Ja. Und morgen will er mir noch andere Briefe geben.“
„Das beweist noch nichts!“
„O doch!“
„Nein, denn diese Briefe können auf unrechtlichem Weg in seine Hand gekommen sein.“
„Muß man wegen einer Namensänderung gleich das Allerschlimmste denken?“
„Ob man es denkt oder nicht, das bleibt sich gleich; ich traue diesen beiden Menschen nicht, und wenn Ihr ihnen glaubt, so werde ich um so schärfer auf sie achten.“
Sie brachen diese Unterredung ab, weil Sander sich jetzt wieder zu Sam Fire-gun gesellte. Hammerdull entfernte sich von ihnen und ritt nun mit dem langen Pitt Holbers, an dessen Seite er sich stets am wohlsten fühlte.
Ungefähr zwei Stunden nachdem sie die Eisenbahn verlassen hatten, kamen sie an eine Stelle, welche sich sehr gut zum Lagerplatz eignete. Es gab da Gras für die Pferde, Wasser für die Menschen und Tiere und ziemlich dichtes Gebüsch, welches sehr vortrefflich als Deckung diente. Da wurde abgestiegen. Man konnte sich hier sicher fühlen, denn es war zwar nicht ganz finster, aber auch nicht hell genug, daß es einem oder mehreren Ogellallahs möglich gewesen wäre, den Weißen hierher zu folgen.
Sander hatte seit heute nachmittag nicht unbelauscht mit Wolf sprechen können. Jetzt, da es zum Schlafen ging, legte er sich mit diesem etwas entfernt von den andern, was niemand auffiel, wie er glaubte. Als sie annahmen, daß ihre Gefährten eingeschlafen seien,
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