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08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff

08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff

Titel: 08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Zeit hatte Murchad die Segel reffen und Treibanker ausbringen lassen, damit das Schiff nicht in Gefahr geriet. Aber Fidelma spürte, daß es trotzdem abtrieb, und Murchads besorgte Blicke wanderten nach allen Seiten, um Schwierigkeiten rechtzeitig zu erkennen.
    Es war eine seltsame Gruppe, die dort stand, von strähnigem Nebel umgeben, wie Geister aus der Anderen Welt. Überraschenderweise sprach Bruder Tola das Gebet für den Frieden der Seele Schwester Muirgels. Seine Stimme hallte, als käme sie aus einem Grabmal. Er schloß sein Gebet und zitierte dann ohne Übergang aus dem Propheten Jeremia. Fidelma kannte die Zeilen, fand aber seine Wahl merkwürdig:
     
    »Wir müssen das Land räumen; denn sie haben unsere
    Wohnungen geschleift,
    So höret nun, ihr Weiber, des Herrn Wort,
    Und nehmet zu Ohren seines Mundes Rede;
    Lehret eure Töchter weinen,
    Und eine lehre die andere klagen;
    Der Tod ist zu unsern Fenstern eingefallen
    Und in unsere Paläste gekommen,
    Die Kinder zu würgen auf der Gasse …«
     
    Fidelma sah den fürchterlichen Mönch etwas verwirrt an, denn sie hielt diesen harten Text für unpassend bei einem Gottesdienst für den Frieden einer Seele. Sie blickte der Reihe nach die anderen Trauernden an und erkannte selbst durch die Nebelschwaden, daß Schwester Gormáns Augen glänzten und sie im Rhythmus des Vortrags nickte. Cian neben ihr wirkte absolut gelangweilt. Die anderen standen regungslos da, wie hypnotisiert von Bruder Tolas biblischer Deklamation.
     
    »Der Menschen Leichname sollen liegen wie der Mist auf dem Felde
    Und wie Garben hinter dem Schnitter …«
     
    Plötzlich räusperte sich Bruder Bairne laut. Es war als Unterbrechung gedacht und tat seine Wirkung.
    »Ich hätte auch ein Wort aus der Heiligen Schrift für die Seele der dahingegangenen Schwester«, verkündete er, als Bruder Tola verstummte. »Ich glaube, ich kannte sie ebenso gut wie alle anderen hier.«
    Niemand wollte ihm widersprechen.
    Er begann zu rezitieren, und Fidelma merkte, daß er es mit erhobenem Blick und grimmiger Miene tat, als richte er seine Worte an jemanden. Seine Augen glitten über den Kreis der Versammelten. Fidelma konnte bei dem dichten Nebel nicht erkennen, wen er ansah. War es Schwester Crella, die mit niedergeschlagenen Augen dastand, oder war es Cian, der gelangweilt nach oben schaute? Und neben Cian stand die naive junge Schwester Gormán. Es war schwierig, der Blickrichtung zu folgen.
     
    »Und ich will’s auch nicht wehren, wenn eure
    Töchter und
    Bräute geschändet und zu Huren werden,
    Weil ihr einen anderen Gottesdienst anrichtet mit den Prostituierten
    Und opfert mit den Tempelhuren.
    Denn das törichte Volk will geschlagen sein …«
     
    Schwester Crella hob plötzlich den Kopf.
    »Was haben diese Worte mit Schwester Muirgel zu tun?« fragte sie drohend. »Du hast sie überhaupt nicht gekannt! Du warst bloß eifersüchtig!« Sie wandte sich an Schwester Ainder, deren Miene Entsetzen über die Unterbrechung verriet. »Mach dieser Farce ein Ende. Sprich einen Segen, und dann Schluß.«
    Die Besatzungsmitglieder, die an der Feier teilgenommen hatten, zogen sich schon verlegen zurück. Fidelma fragte sich, welche verborgenen Leidenschaften hier im Spiel waren.
    Schwester Ainder errötete, sprach einen kurzen Segen, und damit ging die Gruppe auseinander. Nur Bruder Bairne stand noch mit gesenktem Kopf da wie in schweigendem Gebet.
    Als Fidelma sich abwandte, traf sie Murchad. Er sah verwirrt aus.
    »Eine seltsame Gruppe von Mönchen und Nonnen, Lady«, murmelte er.
    Fidelma war geneigt, ihm zuzustimmen.
    »Wie war das da zuletzt mit den Tempelhuren?« fuhr Murchad fort. »Stammt das wirklich aus der Heiligen Schrift?«
    »Hosea«, bestätigte Fidelma. Sie machte ein trauriges Gesicht. »Ich glaube, Bruder Bairne zitierte Verse aus dem vierten Kapitel.
     
    ›Je mehr Priester es sind, je mehr sündigen sie wider mich;
    Darum will ich ihre Ehre zu Schanden machen.
    Sie fressen die Sündopfer meines Volks
    Und sind begierig nach ihren Sünden.
    Darum soll es dem Volk gleich wie dem Priester gehen.‹«
     
    Murchad starrte sie bewundernd an.
    »Ich hatte öfter das Gefühl, daß ich das von einigen der Mönche und Nonnen sagen möchte, die mir begegnet sind.«
    »Es scheint, Gott hat das schon früher gesagt, Kapitän«, erwiderte Fidelma ernst.
    »Wie behältst du bloß solche Sachen, Lady?«
    »Wie behältst du denn, wie du das Schiff führst, woher weißt du Bescheid mit Winden und

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