08
deinem Schutz da. Wir wol en doch nicht, dass dir etwas passiert, oder?"
„Würdest du wenigstens in Erwägung ziehen, dass du psychisch gestört bist?", fragte ich.
Sie lachte leise, weil sie gedacht hatte, ich würde einen Witz machen. „Du machst dir zu viele Sorgen."
„Was wirst du Betsy und Sinclair sagen, wenn sie nach Hause kommen?"
„Dass ich mich für sie um alles gekümmert habe", sagte sie prompt.
Dass du übergeschnappt bist, dachte ich, behielt das aber vorsichtshalber für mich.
Ich versuchte noch weitere zehn Minuten, sie zur Vernunft zu bringen, bekam aber immer nur ein süßes Lächeln zur Antwort. Liebes Ich, nach einer Weile wollte ich ihr eine knallen, damit ihr das blöde Grinsen verginge.
Wenigstens hatten wir immer noch Internet, obwohl mein Wissen darüber so umfangreich ist, dass es in eine Nierenschale passt. E-Mails sind so ziemlich das Einzige, womit ich mich auskenne. Natürlich hätte ich mich an einen Experten wenden können, so einen Technik-Freak ... aber mir klebten ja Satans Diener ständig an den Fersen.
So wartete ich in meiner Verzweiflung darauf, dass Laura und 92
die Teufelsartbeter zu einer ihrer Vampirvernichtungsmissionen aufbrachen, und schrieb dann eine schnelle E-Mail an Betsy. Und schickte sie los. Und noch einmal.
Und noch einmal. Immer wieder.
92
„Ah, da ist er ja, mein Junge!"
Jessica und ich sahen erst uns an, dann Sinclair. Es war ungefähr zwei Uhr morgens, und es wimmelte überall nur so von Werwölfen. Neugierig, wie ich war, wäre ich gern nach draußen gegangen, aber verständlicherweise hatte Jessica Angst und sich deswegen in der Bibliothek im Erdgeschoss verschanzt.
Und was für eine Bibliothek! Mindestens halb so groß wie die New York City Public Library! Deckenhohe Bücherregale, Mahagonimöbel, ein langer Tisch voller Computer .. das Einzige, was fehlte, waren steinerne Löwen.
Vielleicht kam sie mir so groß vor, weil sie bis auf Jessica, mich und das Baby leer war. Überhaupt war die Villa praktisch verlassen. Aber gelegentlich hörten wir von draußen schwach das Heulen eines Wolfes.
Und jetzt kam Sinclair hereingeeilt und streckte Baby Jon die Arme entgegen, der noch vor kurzem sein Rivale Nummer eins um meine Zuneigung gewesen war.
„Dein Junge?", fragte ich, und Jessica zog die Augenbrauen hoch.
„Es ist nie zu früh", sagte Sinclair, der mir und dem Kleinen nicht von der Seite wich, „seine Erziehung zu planen."
„Er kann ja nicht mal laufen", gab Jessica zu bedenken.
„Oh, jetzt verstehe ich! Weil paranormale Kräfte Baby Jon nichts anhaben können, interessierst du dich auf einmal für sein Wohlergehen."
92
„Elizabeth, das missverstehst du." Sinclair hatte doch tatsächlich die Frechheit, verletzt zu tun. „Als dein Ehemann und sein Vormund ist es meine Pflicht, mich um diesen Jungen zu kümmern."
„Ja, klar." Ich legte ihm Baby Jon in die Arme, und Sinclair war so überrascht, dass er ein paar Sekunden mit dem Kleinen jonglierte, bevor er ihn mit ausgestrecktem Arm von sich weghielt. „Okay, Erziehungsberechtigter. Er braucht frische Windeln."
„Äh..."
„Versuch gar nicht erst, dich zu drücken", warnte ich ihn. „Ich muss mich unbedingt mal draußen umsehen. Meint ihr, ihr beiden kommt eine halbe Stunde alleine mit dem Kleinen klar?"
„Eine von uns sicher", sagte Jessica mit einem verschmitzten Lächeln.
„Irgendetwas riecht hier ganz scheußlich", stöhnte Sinclair. Ich verließ die Bibliothek im Sprint, damit er mich nicht lachen hörte.
93
Es war eine wunderschöne Nacht - kalt und sternenklar. Der Mond hing riesig und weiß über Wyndham Manor. Es war keine Wolke am Himmel, und die Sterne waren so hell und nah wie noch nie.
Ich ging denselben Pfad hinunter, den Lara und ich auf unserem Weg zum Spielplatz genommen hatten .. Dank meiner Vampirsinne konnte ich überall um mich herum die Werwölfe gehen, laufen und es miteinander treiben hören. Zwei kreuzten meinen Weg, die offenbar Fangen spielten, aber sie bewegten sich so schnell, dass ich nur verschwommen dunkles Fell und sehr viele Zähne sehen konnte.
Ich muss verrückt geworden sein.
Nun, das war gut möglich. Aber einmal wollte ich von der Tatsache profitieren, dass auch ich schnell und stark war. Wenn ein paar Hundert von ihnen sich gegen mich verbündeten, würde es vermutlich schwer für mich, aber Jeannie hatte mir gesagt, dass Werwölfe während des Vollmonds nicht ganz verwilderten. Sie behielten ihre menschlichen
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