0801 - Ruine des Schreckens
dunkelhaarige junge Mann in der schwarzen Kleidung verschwand. Hose und Weste waren schwarz, nur die Ärmel des Hemdes glänzten hellweiß, und sie sahen so aus, als würden sie sich, wenn der Mann ging, ohne Körper bewegen.
David Stern wartete. Er hatte bereits einen Kurzbericht an eine bestimmte Stelle weitergegeben, jetzt saß er hier, wollte jemanden treffen, der anscheinend noch nicht da war, und dachte über sein Tun nach.
Ein wenig meldete sich doch sein Gewissen, weil er mit seiner Information einen Berufskollegen namens Bill Conolly reingerissen hatte. Doch Stern hatte nicht anders gekonnt. Was Bill ihm da erklärt hatte, war einfach zu wichtig gewesen. Das rüttelte an den Grundfesten der Religion und des Glaubens. Er konnte zudem politisch ausgenutzt werden, damit wäre dann keinem gedient. Deshalb handelte Stern nach dem Motto: Wehret den Anfängen.
Der Kellner brachte ihm sein Wasser. Die Flasche war beschlagen. Sie kam aus der Kühlung und war in die stickige Wärme des Lokals getragen worden. Als der Mann seine Hand von der Flasche nahm, blieb auf dem äußeren Glas ein Zettel kleben, der aussah wie ein Etikett und im ersten Augenblick nicht auffiel. David Stern wartete, bis der Mann verschwunden war, goss Wasser in das Glas und zog erst dann den schmalen Zettel ab, auf dem er eine Nachricht fand.
»Bitte noch um Geduld«, las er halblaut, zeriss den feuchten Zettel und legte die Reste in den Ascher. Erst dann nahm er den ersten Schluck des kalten Mineralwassers.
Es rann wie ein kühler Bach durch seine Kehle und hinunter in den Magen. Für einen Moment genoss Stern die Erfrischung. Er schloss dabei die Augen und gab sich dem Gefühl hin, weit, sehr weit weg zu sein. Auf irgendeiner einsamen Insel, wo es statt des Stimmenwirrwarrs nur mehr Meeresrauschen gab, das ihn umbrandete.
Als er die Augen öffnete, war der Eindruck verschwunden. Er sah vor sich die zahlreichen Leiber der Gäste. Durch den schmalen Eingang drängten immer mehr Menschen in das Lokal. Es war kurz nach Ostern, noch hielten sich viele Touristen in der Stadt auf, um die Orte ihres Glaubens zu besuchen.
Stern überlegte wieder, ob er sich korrekt verhalten habe. Ja, er war mit Leib und Seele Israeli. Vor Jahren hatte er ein Papier unterschrieben, das ihn locker mit dem Mossafa verband. Bisher war er damit immer gut gefahren.
Soldaten hielten sich ebenfalls im Lokal auf. Es störte nicht, dass sie bewaffnet waren. Sie drängten sich in einer Gruppe zusammen, löschten ihren Durst mit alkoholfreien Getränken und hatten ihren gepanzerten Wagen dicht vor dem Eingang geparkt. Zwei von ihnen gingen hinaus, um auch den Wachen auf, dem Fahrzeug Getränke zu bringen.
»Eine Solidarität, die uns stark macht«, sagte dicht neben Stern eine dunkle Männerstimme, die so gar nicht zu dem schmalen knabenhaften Typ passen wollte, der sich auf den Stuhl setzte. »Ich freue mich, dass auch Sie solidarisch gewesen sind. Shalom, mein Freund.« Er reichte David die Hand.
»Shalom…«
Der Fremde lächelte. Er war blond, was in Israel nicht sehr oft vorkam.
Sein harmloses Gesicht mit der schmalen Nase täuschte, denn der Ausdruck in den grauen Flintsteinaugen war hart und ließ keinen Zweifel daran aufkommen, wer das Sagen hatte.
»Sie waren pünktlich, David«
»Ich weiß ja, mit wem ich verabredet bin.«
Der Blonde lachte. »Nanu, das hört sich ja an, als hätten Sie Furcht vor uns.«
»Das nicht, aber man sollte sich gewisse Organisationen nicht zu Feinden machen.«
»Stimmt.«
»Wie darf ich Sie anreden?«
»Das spielt keine Rolle. Sagen Sie einfach Smith.«
»Klingt amerikanisch!«
»Ich bin in New York aufgewachsen. Aber das ist ein anderes Thema.«
Smith hatte sein Getränk, einen Orangensaft, gleich mitgebracht. Er schenkte ein, trank, schaute sich blitzschnell um und lehnte sich erst dann entspannt zurück, als er sicher war, keine Gefahr ausgemacht zu haben.
»Aus Ihren Andeutungen haben wir wenig erfahren können«, sagte er, »aber es fiel der Name Gamala«
»Das ist richtig.«
»Warum sind die Ruinen für Nichtarchäologen so interessant geworden? Wir mögen es nicht, dass man schon Qumran ausgeraubt hat. Endlich kümmern sich die Gerichte um den Fall. Warum Gamala? Was hat man dort entdeckt, und wer, vor allen Dingen?«
Stern legte die Stirn in Falten. »Ich denke nicht, dass man schon etwas entdeckt hat. Meine Informationen sind zu vage. Ich gehe einfach davon aus, dass man dabei ist.«
Smith nickte »Darf ich
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