0802 - Der Wächter
Stirn, eine Nase und ein Mund. Die Vertrautheit in meinem Innern wandelte sich um in eine gewaltige Freude.
Wieder riss mich ein Geräusch aus diesem Zustand. Smith hatte es abgegeben. Als ich einen Blick zu ihm hinüberwarf, da traf es mich hart. Der Agent hasste die Erscheinung am Himmel. Nicht nur das, es zeigte sich bei ihm auch körperlich, denn er war dabei, sich zu verändern. Das Uralte, das noch immer in ihm steckte und von Luzifer gefördert und unterstützt wurde, kam plötzlich zum Vorschein.
Machtvoll war es aus ihm hervorgebrochen. Sein eigenes Gesicht, seine eigene Scheußlichkeit, mit der er erschaffen worden war, denn die Wahre Fratze ließ sich nicht mehr unterdrücken.
Das Tier kam durch, die Bestie… Furchtbare Zähne, die in einer langen Schnauze wuchsen. Darüber schimmerten rötliche Schuppen, die an den Rändern in eine grüne Farbe ausliefen. Geifer tropfte zu Boden. Es zischte, als er auftraf. Die Augen leuchteten in einem bösen Glanz, Glotzaugen, waren schleimverschmiert. Hände hatten sich in Krallen verwandelt, und zwischen den Zähnen glaubte ich, Haut- oder Fleischfetzen zu sehen.
Smith bot einen schrecklichen Anblick, der mich allerdings nicht so tief traf, weil ich damit gerechnet hatte und nicht zum ersten Mal einer Kreatur der Finsternis gegenüberstand.
Er hatte sich breitbeinig hingestellt. Die MPi in seiner Hand war nicht mehr als Makulatur. Er schluckte und heulte zugleich, als er seinen Kopf zurückdrückte. Aus dem Maul flogen helle Flocken, er schrie und röhrte zugleich. Beinahe wäre er nach hinten gekippt, aber er schaffte es, beide Arme in die Höhe zu strecken, als wollte er zumindest die freie Hand in das Gesicht krallen.
Und als er das Wort aussprach, da wurde es von einer schon tödlichen Furcht begleitet.
Ein Wort nur, mehr nicht. Aber ein Wort, das es in sich hatte und auch mich wahnsinnig überraschte.
»Salomon…«
***
Suko und Bill hielten den Atem an. In diesen Sekunden sahen es beide als störend an, wenn sie auch nur Luft holten. Das blaue Licht in den Wänden mischte sich mit dem leicht flackernden Schein der Kerzenflammen und schuf für beide eine ungewöhnliche und auch irgendwo einmalige Atmosphäre. Nein, es knisterten keine Funken, für sie fühlte sich die Luft nur an, als wäre sie statisch aufgeladen.
Dann die Gestalt in oder hinter der Wand…
Beide konnten sich auf sie keinen Reim machen. Sie war einfach da, und sie würde sich auch weiterbewegen, denn ihr Ziel waren einzig und allein die beiden Männer. Sie wollte ins Freie treten, und noch immer hörten sie die knirschenden Schritte.
Die Gestalt blieb stehen. Kam sie, kam sie nicht? Nein, sie ging noch nicht vor. Mit einer etwas eckigen Bewegung sorgte sie dafür, dass ihr linker Arm an die rechte Seite fassen konnte, wo sich ein Schwertgriff befand, der schräg aus der Scheide hervorschaute. Zumindest nahmen sie an, dass es ein derartiger Griff war, und die Gestalt zerrte ihn plötzlich mit einem Ruck hervor.
Beide Männer hörten nicht das geringste Geräusch. Nicht ein Schleifen oder Schaben, obwohl die fremde Gestalt beinahe zum Greifen nahe war.
Sie hatte das Schwert hervorgeholt. Es wurde schräg vom Körper abgehalten und war für die Beobachter ebenfalls nicht mehr als ein langer Schatten.
Auch die Gestalt hatten sie nicht überdeutlich erkennen können.
Ihnen war wohl die ungewöhnliche Kleidung aufgefallen, die irgendwo eckig und steif wirkte, als wäre es dem anderen kaum möglich, sich normal wie ein Mensch zu bewegen.
Mensch? Roboter?
Sie wussten es nicht. Es war ihnen alles so verdammt unbekannt, aber sie schauten weiter hin und spürten beide, dass die Entscheidung dicht bevorstand.
»Er wird kommen«, hauchte Bill.
»Wer?«
»Sei nicht so neugierig.«
»Bin ich aber.« Bill lachte leise, brach nach kurzer Zeit ab, denn die Gestalt hinter oder in der Wand hatte wieder ein Bein nach vorn gesetzt, und zwar das rechte.
Abermals war diese Bewegung von einem leisen Knirschen begleitet gewesen, als wäre an dieser Gestalt etwas gebrochen. Sie ruckte mit den Schultern vor, als wollte sie etwas durchstoßen, und tatsächlich verließ sie den Schutz der Wand.
Sie war da.
Sie kam näher, sie ging auf die beiden Männer zu, die nur den Kopf schütteln konnten.
Eigentlich hätten sie damit rechnen müssen, aber was sich jetzt aus der Wand löste, das war ein Stück Vergangenheit, das nicht mehr in diese Zeit hineinpasste.
Es war ein Ritter in voller
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