0809 - Das Schlangenkreuz
hatte in diesem Fall das Kreuz besiegt. Eigentlich hätte es umgekehrt sein müssen, doch diesmal mussten wir uns damit abfinden. »Und wo befindet sich das Kreuz jetzt?«, fragte ich, als der Pater seinen Bericht beendet hatte.
»Es ist weg!«
Mit diesen simplen drei Worten hatte er nicht nur mich überrascht, auch Suko und Crane schauten ihn an, als hätte er sich voll geirrt.
»Noch mal, Pater!«, flüsterte ich.
»Es ist weg!« Er schaute auf den Verband an seiner Hand. »Es ist davongekrochen. Das Kreuz und die Schlange haben eine Einheit gebildet. Das Vermächtnis der Schlange, das Urböse«, sprach er mit schneller Stimme weiter, »ist hier zum Ausbruch gekommen. Wir haben hier nicht mehr gesiegt, die Hölle hat uns gezeigt, wie stark sie letztendlich ist.« Er fing an zu weinen und konnte nicht mehr sprechen.
Ich drehte mich um und schaute mir die Stelle an, die einst von dem Kreuz bedeckt worden war. Die Umrisse konnte ich noch gut erkennen. Mehr war aber nicht zu sehen, kein Hinweis auf die höllischen Kräfte, die hier die Kontrolle übernommen hatten, und ich musste mich mit dem schlimmen Aussehen der Kirche begnügen.
Eine Kirche, die keine mehr war. Widerlicher Schmutz und auch Gestank hatten sich ausgebreitet, dieser Ort war zu einem Platz für die Ratten geworden, und das Vermächtnis der Schlange, von dem der Pater gesprochen hatte, war eingetreten.
Die Schlange hatte gewonnen! Es war ihr gelungen, das Kreuz zu besiegen.
Als ich daran dachte, schlug mein Herz schneller. Das war für mich nicht zu fassen, denn immer hatte ich letztendlich dem Kreuz getraut, und ich hatte auch seine Siege miterlebt, besonders bei meinem Kreuz, das für mich, den Sohn des Lichts, so wertvoll war.
Plötzlich kamen mir Zweifel. Würde die Schlange es auch schaffen, dieses Kreuz zu besiegen? War ihr Vermächtnis groß genug, das zu schaffen? Wenn ja, hätte es die alten Regeln völlig auf den Kopf gestellt, und ich merkte, dass mich ein Schauer erfasst hielt, der so wirkte, als käme er nicht von dieser Welt.
Mein Hals war ausgetrocknet. Ich schmeckte auf der Zunge den Geruch von kalter Asche. Ohne den anderen Bescheid zu geben, schritt ich dem Ausgang entgegen. Ich musste durch den verdammten Dreck waten, ich hatte Mühe, meine Wut zu unterdrücken und stand schließlich vor der Kapelle. Stickige Luft hüllte mich ein, und ich hatte Mühe, überhaupt richtig Luft zu bekommen.
Meine Welt war zwar nicht zusammengebrochen, sie war aber aus den Fugen geraten. Ich ging auch davon aus, dass die Schlange kein simples Kreuz erwischt hatte. Das hier war, so hatte es uns der Pater erzählt, das Geschenk eines Bischofs gewesen. Es musste auch geweiht gewesen sein, und trotzdem hatte es die Schlange geschafft, die Kontrolle darüber zu erlangen.
Furchtbar…
Schlange und Kreuz sollten aus der Kirche gekrochen sein. Das mochte sicherlich stimmen, doch sie waren beide aus der Nähe der Kapelle verschwunden.
Es hatte auch keinen Sinn, nach Spuren zu suchen, dennoch tat ich es und musste schließlich resignierend aufgeben. Da war nichts zu machen. Die Schlange hatte gewonnen. Und genau sie war das Sinnbild des Teufels. Schon im Paradies hatte sich das Böse als Schlange gezeigt und den Menschen besiegt. Aber das Böse war besiegt worden. Das Kreuz hatte sich über die Schlange erhoben, die Menschheit konnte wieder hoffen, auch ich gehörte zu diesen Hoffenden und hatte immerwieder erleben müssen, wie es mir gelang, den Satan in seine Schranken zu weisen. Diesmal hatte die Schlange gewonnen, und ich fragte mich, wieso dies geschehen war. Was war der Grund?
War das Kreuz nicht stark genug gewesen, oder hatte sich eine tiefe Umwandlung ereignet? Der Gedanke daran gefiel mir überhaupt nicht, er war allerdings auch nicht einfach aus der Welt zu schaffen, denn gerade in der letzten Zeit hatte ich die Kreaturen der Finsternis erlebt. Dämonen, die es schon in der Urzeit gegeben hatte, hatten überleben können und waren nun dabei, allmählich wieder an die Oberfläche zu steigen, um sichtbar zu werden.
Steckten sie hinter diesen Vorgängen?
Es wäre möglich gewesen. Sie suchten immer wieder nach neuen Wegen und Verbindungen. So konnten sich Personen wie die Satansjünger eines Aleister durchaus an die Kreaturen der Finsternis gewöhnen und mit ihnen eine Allianz eingehen. Hinzu kamen die Baphomet-Diener, und schon war der Kreis geschlossen.
Ich merkte, dass sich meine Gedanken selbständig machten. Dagegen wäre nichts
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