0809 - Das Schlangenkreuz
sind Sie mit einer so großen Fantasie gesegnet?«
»Nein, das bin ich nicht.«
»Was also ist los?«
Pater Domingo wand sich. Er wusste etwas, das stand für mich fest. Auch Suko und Crane waren mittlerweile davon überzeugt. Sie warteten nur auf die Antwort des Geistlichen, die auch erfolgte, und er tat sich tatsächlich schwer dabei. »Ich habe keine Beweise, doch es gibt Gerüchte. Es hat sich herumgesprochen, dass etwas passieren soll. Die Menschen haben es mir nicht offen gesagt. Ich konnte zwischen den Zeilen hören. Die folgende ist die Nacht der Schlange und die Nacht des Herzens. So habe ich es gehört. Die Schlange und das Herz werden eine Verbindung eingehen. Hier soll Böses mit Bösem getraut werden, so ist es vorgesehen, denke ich mir zumindest.«
Das war immerhin ein Hinweis, und unsere Gesichter zeigten schon einen Ausdruck der größeren Zufriedenheit. »Gehen wir also davon aus, dass das meiste stimmt, Pater«, sagte ich. »Wo würde dieses Ereignis denn stattfinden? In Ihrer Kirche?«
»Es ist nicht mehr meine Kirche, John.«
»Pardon. In der entweihten Kirche?« Er schaute wieder gegen die Außenwände, überlegte dabei und schüttelteden Kopf. »Ich denke nicht«, flüsterte er dann. »Die Kirche ist eigentlich zu klein.«
»Für die Masse an Menschen, meinen Sie.«
»Richtig.«
»Dann müsste es einen anderen Treffpunkt geben«, sagte Suko.
»Vielleicht im Sumpf?«
Domingo schüttelte den Kopf. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Aber ich kenne einen Ort, der sich dafür eignen würde.«
»Wo ist er?«, fragte Crane.
»Nicht weit von hier. Eigentlich sogar sehr nahe, und er ist auch irgendwo ideal.«
»Reden Sie schon.«
Der Pater holte tief Luft. »Ich kann nichts garantieren, aber auf dem alten und leeren Rummelplatz ist eigentlich Platz genug. Es ist ein unheimlicher Ort, düster, verlassen, ideal für die Wiedergeburt des Bösen, für die Rückkehr und das Vermächtnis der Schlange.«
Wir blickten uns an.
Wir nickten.
Wir waren einverstanden.
Und wir wussten jetzt, wo unser nächstes Ziel lag…
***
Das Herz hatte gewonnen!
Es war noch mehr gewachsen, und es hatte Kiki Lafitte Qualen bereitet, die sie sich eigentlich nicht mal in ihren kühnsten Träumen hatte ausmalen können. Diese weiche, widerliche Masse hatte es verstanden, sich um ihren Körper zu winden und ihn völlig in Besitz zu nehmen. Das Herz war regelrecht aufgequollen, es war zu einem Klumpen geworden, und es hatte dafür gesorgt, dass sich Kiki nicht mehr als Mensch fühlte. Sie war nur das Opfer einer bösen, unheimlichen Macht und Kraft, deren Existenz sie sich auf keinen Fall erklären konnte.
Das Herz war grausam.
Das Herz konnte ›reden‹. Immer wieder hatte sie seine Stimme gehört. Den zischenden Flüsterstrahl, der in ihren Kopf eingedrungen war und Botschaften übermittelt hatte.
Nur war Kiki damit nicht zurechtgekommen. Diese Botschaften hatte sie zwar verstanden, aber nicht begriffen. Es war von der Urmacht die Rede gewesen, von dem Bösen, das schon seit Beginn der Zeiten bestand und nun richtig zurückgekehrt war.
Sie hatte etwas von Templern und Satanisten gehört, von der Schlange, die in das Herz beißt, um es danach zu durchstoßen, damit ein Sinnbild für die Zukunft geschaffen werden konnte.
Die junge Frau hatte dies alles nicht hören wollen. Es war ihr zuwider gewesen. Das einzige, wonach sie sich allein sehnte, war ihre Freiheit. Die wollte sie wiedererlangen, und sie war realistisch genug, um einzusehen, dass sie es aus eigener Kraft nicht schaffte. Da hatte die andere Seite zu viel Macht.
Kiki lag auf dem Boden.
Wie sie in die Mitte ihres Verstecks hineingeraten war, daran konnte sich Kiki nicht erinnern. Vielleicht war sie gerollt, möglicherweise hatten auch andere Kräfte nachgeholfen – wie dem auch war, sie musste sich damit abfinden, dass sie nicht mehr das Zepter führte. Sie empfand es schon als kleines Phänomen, dass sie noch zu atmen in der Lage war, denn das gewaltige Herz umklammerte sie wie ein dicker Gummiwulst, schnürte sie zu. Nur der Kopf und die untere Hälfte ihrer Beine schauten noch hervor, ansonsten war sie von der zuckenden und zitternden Masse gefangen.
Manchmal hob sie den Kopf an und warf einen Blick auf die Tür.
Aber auch dieser Weg war versperrt. Es gab keine Hoffnung mehr für sie, die Hütte aus eigener Kraft verlassen zu können. Wenn sie je wieder hier weggeholt werden würde, dann von irgendwelchen Feinden, die sie auch in diese
Weitere Kostenlose Bücher