0810 - Stirb in einer anderen Welt
Leere.
Ihre Augen weiteten sich.
In einem lautlosen Vorgang war Zamorra neben ihr verschwunden!
***
Der Parapsychologe und Dämonenjäger zuckte zusammen, als seine Umgebung schlagartig wechselte. Von einem Moment zum anderen befand er sich nicht mehr im Korridor im Château Montagne, sondern in einem großen, säulengestützten Raum mit großen Panoramafenstern. Und Nicole stand nicht mehr mit ihm am Fenster, sondern kniete in einem magischen Steinkreis, umgeben von schwebenden Büchern und anderem Allerlei. Und sie war splitternackt.
Aber das war nicht alles.
Ihre Haare - sie trug eine andere Perücke als gerade eben noch. Kerzen brannten, Schlangen zischten, ein Schädel dreht sich langsam Zamorra zu…
Und dies war garantiert auch nicht Château Montagne!
Er begriff, dass er sich in der Spiegelwelt befand. Dort hatte er doch hingewollt!
Aber nicht unter diesen mehr als seltsamen Umständen. Eine unbegreifliche, fremde Kraft hatte ihn hierher versetzt.
Unwillkürlich griff er zur Waffe, richtete sie auf die Negativ-Nicole. »Was, zum Teufel, soll das?«, stieß er hervor.
Aber sie schien kaum weniger überrascht zu sein als er!
Langsam richtete sie sich auf. »Wie… wieso… wie kommst du denn hierher? Hast du mich verfolgt?«
Klang ihre Stimme nicht ein wenig furchtsam?
Offenbar konnte sie Zamorra nicht richtig einschätzen. Sie war wohl nicht sicher, welcher er war.
Ein kurzer Blick aus dem Fenster über die Dächer verriet ihm, dass sie sich offenbar in Roanne befanden. So etwa sah die Stadt zumindest auch von der Höhe des langgezogenen Berghangs aus. Er wusste es, weil er anfangs oft genug in der Umgebung unterwegs gewesen war, um sich ein besseres Bild zu machen, als es ihm Landkarten gewährten.
Roanne, etwa 50 oder wenig mehr Kilometer vom Château Montagne entfernt…
»Merde«, entfuhr es ihm. Er hatte damit gerechnet, über die Regenbogenblumen in der Nähe des Châteaus aufzutauchen. Aber so verflixt weit entfernt…
Hoffentlich kam Nicole - seine Nicole! - jetzt nicht auch noch auf dumme Gedanken!
Er musste jetzt so schnell wie möglich ans Ziel. Und auch Nicole musste kommen, aber noch nicht in diesem Moment. Was aber, wenn sie über den von Zamorra eigentlich geplanten Weg herüberkam, während er noch unterwegs war?
Dann fielen beide Amulette aus, weil Zamorra keine Zeit fand, vorher das seines Doppelgängers abzuschalten. Damit war dann sein einziger Vorteil dahin. Denn dass der Negative ihm durch die Anwendung Schwarzer Magie überlegen war, stand fest.
»Wieso hast du mich hierher geholt?«, fragte er schroff.
»Dich?«, stammelte die Negativ-Nicole. »Dich wollte ich gar nicht! Ich wollte…« Sie verstummte.
»Weiter!«, schrie er sie an. »Sprich weiter, oder willst du sterben?«
Nach wie vor zielte er auf sie.
»Du bluffst«, keuchte sie. »Du bist der andere, nicht wahr? Der aus der anderen Welt… du wirst mich nicht ermorden.«
»Lass es nicht darauf ankommen.«
»Ich wollte… Lucifuge Rofocale herbeirufen.«
»Na klasse«, stöhnte er und steckte die P99 ins Holster zurück. »Habe ich neuerdings das gleiche Sigill wie er? - Bring mich ins Château, schnell !«
»Das geht nicht«, stieß sie hervor. »Das ist… deshalb wollte ich doch…«
»Hör auf, mich mit Müll vollzutexten!«, brüllte er sie an. »Du bist doch nicht zu Fuß in Roanne!«
»Der Wagen… unten…«
Er trat vor, packte sie am Arm und zerrte sie aus dem Kreis. Es gelang ihm mühelos, den Schutzkreis zu durchdringen. Nun, er war ja auch kein Dämon…
Hastig riss er sie mit sich zur Tür.
»Warte, ich… meine Sachen…«
»Dafür haben wir keine Zeit!« Aus den Augenwinkeln sah er, dass die Bücher immer noch schwebten. Es gefiel ihm zwar überhaupt nicht, diese offene Brutstätte der Magie ohne Kontrolle zurückzulassen, aber ihm ging ein vager Gedanke durch den Kopf. Den wollte er aber nicht hier und nicht jetzt auf seine Machbarkeit hin durchforschen. Wichtiger war erst einmal, dass er das Château seines Doppelgängers erreichte.
»Los, zum Auto!«, herrschte er die Negativ-Nicole an.
***
Die »richtige« Nicole stand derweil vor einem Rätsel. Mit dem Amulett versuchte sie herauszufinden, wie Zamorra verschwunden war. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass eine dämonische Attacke dahinter stand. Die weißmagische Abschirmung um Château Montagne stand in gewohnter Stärke. Zumindest hatte Zamorra das nach seiner erst wenige Tage zurückliegenden Überprüfung gesagt, und
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