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0813 - Der Schrecken vom Mekong-Delta

0813 - Der Schrecken vom Mekong-Delta

Titel: 0813 - Der Schrecken vom Mekong-Delta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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sein.«
    »Vielleicht wittert er unliebsame Konkurrenz«, mutmaßte Nicole. »Die Tatsache, dass sie uns gerufen haben, beweist ja, dass sie das Problem nicht selbst in den Griff bekommen. Gesichtsverlust ist so ziemlich das Schlimmste, was einem in Asien passieren kann.«
    »Mit übernatürlichen Erscheinungen ist so ziemlich jeder überfordert.«
    »Ja, aber vielleicht weiß das unser Major nicht. Vermutlich hält er uns eh für esoterische Spinner oder Scharlatane.«
    »Schon möglich. Wir sollten auf jeden Fall ein Auge auf unseren Freund hier werfen.«
    Als sie die vollklimatisierte Halle verließen, schlug ihnen die stickige Tropenluft entgegen, die wie eine Glocke über die Stadt stand. Nicole grinste Zamorra an. Sie mochte die wärmeren Temperaturen allemal mehr als die eisigen Regionen, in denen sie sich auch oft genug mit den Kreaturen der Hölle herumschlagen mussten. Immerhin kam die Hitze ihrer Abneigung entgegen, mehr Textilien als unbedingt nötig am Leib zu tragen.
    Der Major führte sie zu einem smaragdgrünen Geländewagen, wo eine weitere Person auf sie wartete. Es war eine hübsche, etwa 25-jährige Frau, die sie mit einem herzlichen Lächeln empfing, das so gar nicht zu Nguyens bärbeißigem Verhalten passte. Zamorra mochte sie auf Anhieb.
    Die junge Frau trug einen weißen Ao Dai. Das zweiteilige Kleidungsstück war seit den dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts zum Inbegriff vietnamesischer Eleganz geworden. Das Oberteil lag eng auf Brust und Armen und schloss oben mit einem Stehkragen ab. Von der Taille abwärts flatterte es dagegen bis über die Knie, seitliche Schlitze gestatteten Einblicke auf den nackten Bauch. Darunter trug sie eine weite Seidenhose. Ein traditioneller Strohhut rundete das Bild ab.
    Mit einer beiläufigen Geste stellte der Geheimdienstmann die junge Frau vor. »Das ist Phan-Thi Phuong von der hiesigen Tourismusbehörde. Man ist dort besorgt, die Vorkommnisse im Delta könnten unserer Attraktivität im Ausland schaden.«
    Die Galligkeit, mit der er das sagte, ließ keinen Zweifel daran, dass Major Nguyen nicht im Mindesten interessierte, was im Ausland über-Vietnam gedacht wurde. Doch Phan Thi Phuong schien da ganz anders zu denken.
    »Die meisten Touristen legen keinen Wert darauf, bei einem Tagestrip im Delta auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden«, sagte sie mit einem natürlichen Lächeln, das in krassem Gegensatz zur professionellen Eiseskälte ihres Landsmanns stand. »Ich bin im Delta aufgewachsen. Mein Vorgesetzter meint, das könnte Ihnen vielleicht von Nutzen sein.«
    »Das wird es bestimmt, Frau Phan«, sagte Nicole.
    »Nennen Sie mich Phuong. Und das ist Thanh. Wir Vietnamesen halten nicht viel von überflüssigen Förmlichkeitsfloskeln. Zumindest, wenn es um Namen geht.«
    Nguyen Thanh verzog seine Lippen verächtlich, sagte jedoch nichts. Der Geheimdienstmann schien es nicht zu mögen, wenn sich Zivilisten in militärische Angelegenheiten mischten.
    Wenige Minuten später tauchten sie in den dichten Verkehr Saigons ein. Im Gegensatz zu anderen asiatischen Metropolen wie Hongkong sah man dem »Paris des Ostens« seine koloniale Vergangenheit immer noch deutlich an. Die Franzosen hatten die Hafenstadt Mitte des 19. Jahrhunderts quasi aus dem Nichts geschaffen. Doch die klassischen Boulevards und europäischen Prachtbauten wurden längst umflutet von dem quirligen, pulsierenden Leben, das alle asiatischen Großstädte zu erfüllen schien. Überall fanden sich kleine Geschäfte, fliegende Händler und Garküchen, ob in winzigen Ladenlokalen oder mitten auf der Straße - auf jedem Fleck schienen Leute ihren Geschäfte nachzugehen.
    Und ganz Saigon schien an diesem Vormittag unterwegs zu sein. Auf unzähligen Mopeds saßen junge Vietnamesen, allein, zu zweit, manchmal sogar mit einem Kind vor sich. Die Männer trugen Freizeithemden, die Frauen trotz der Hitze Handschuhe bis zu den Ellbogen, Sonnenbrillen und große Hüte.
    »Ist das nicht etwas heiß?«, fragte Nicole irritiert.
    »Und ob«, sagte Phuong mit einem fast mädchenhaften Grinsen. »Aber vietnamesische Frauen legen großen Wert darauf, möglichst blass zu bleiben.«
    »Ach ja?«
    »Unser Schönheitsideal unterscheidet sich da etwas von Ihrem, Nicole. Während ihr im Westen braun werden wollt, gilt bei uns eine blasse Haut als vornehm und elegant. Dafür nehmen wir sogar ein paar Unannehmlichkeiten in Kauf.«
    Fasziniert betrachtete Nicole das bunte Treiben auf der Straße. Wer nur die Oberfläche sah,

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