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0817 - Luzifers Tränenbecher

0817 - Luzifers Tränenbecher

Titel: 0817 - Luzifers Tränenbecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hoher, eintüriger Weichholzschrank stand. Er wurde von vier klumpigen Füßen gehalten, und unter seinem Rand hervor rollte die helle, kantige Träne.
    Ich schaute ihr nach.
    Sie führte ein Eigenleben. Als wäre in ihr ein kleiner Motor, so bewegte sie sich weiter, ohne noch einmal angestoßen worden zu sein.
    Und sie umrollte Hindernisse, als würde ihr jemand die entsprechenden Befehle erteilen.
    Nur sah ich diesen Jemand nicht. Ich ging allerdings davon aus, dass sich die Munro in der Nähe aufhielt. Sie war diejenige Person, die alles lenkte.
    Neben einer Kommode war ich stehen geblieben. Dabei schaute ich so gut wie möglich mein Kreuz an. Es hing still vor der Brust, als wäre es dort vereist.
    Der matte Glanz war vorhanden. Ich fühlte nach und war enttäuscht, dass sich das Silber nicht erwärmt hatte. Zumindest nicht in der Mitte, dafür an den Enden, wo die Anfangsbuchstaben der Erzengel-Namen eingraviert waren.
    Das M für Michael.
    Das G für Gabriel.
    Das R für Raphael.
    Das U für Uriel.
    Konnten sie mir helfen? Waren sie diejenigen, die eine gewisse Isabell Munro stoppten?
    Zunächst stoppte die eine von mir verfolgte Kugel. Dicht neben einem alten Garderobenständer und nicht einmal zu weit von mir entfernt war sie liegengeblieben. Die Distanz erlaubte es mir, sie genauer anzuschauen. Selbst bei diesem schlechten Lichterkannte ich, dass sie nicht rund, sondern eckig war. Deshalb hatte sie auch die ungewöhnlichen Geräusche verursacht. Es war eine kantige Kugel, Perle oder Träne.
    Was sollte ich tun?
    Ich spürte das andere , das hier lauerte, konnte es aber nicht fassen und auch nicht mit Worten erklären. Die alte und fremde Macht hatte sich hier in diesem vollgestopften Laden etabliert.
    Keine Kugel rollte mehr. Die plötzliche Stille gefiel mir nicht. Sie kam mir unnatürlich vor. Niemand warf die nächste Kugel aus seinem Versteck heraus.
    Es blieb still…
    Zum Glück rührten sich Suko und Harry nicht. Sie blieben in dem kleinen Büro. Ich schaute wieder nach vorn, wo sich der schmale Durchgang noch stärker verengte und letztendlich nicht breiter als ein Schlauch war. Düsternis, Schatten. Auch Bewegungen?
    Ich hielt den Atem an.
    Ja, da war etwas!
    Lautlos, ein Schatten im Schatten. Möglicherweise jemand, der sich gebückt hatte.
    Die Perle rollte.
    Der Aufprall, das Klacken, dann die Unregelmäßigkeit, das alles bekam ich sehr genau mit, und nichts hatte sich dabei verändert. Ich verfolgte gebannt den Weg der Träne.
    Sie rollte auf mich zu.
    Ich hielt den Atem an, und die Spannung in meinem Innern stieg nochmehr. Irgendjemand wollte mir da wohl eine Botschaft übermitteln. Und wenn es nur die Kugel oder Träne selbst war.
    Sie rollte weiter.
    Dabei bewegte sie sich abgehackt. Als wollte sie hochspringen und dann wieder zurückfallen. Sie hüpfte mir praktisch entgegen, und es sah nicht so aus, als wollte sie ihre Zielrichtung ändern.
    Ich war ausgesucht worden. Und dann handelte ich.
    Bevor sie mich noch erreichen oder abdrehen konnte, ging ich zwei Schritte auf die Kugel zu. Ich blieb stehen, stellte den rechten Fuß hoch, und die Kugel prallte dagegen.
    Ich bückte mich.
    Doch ich kam nicht dazu, die Träne aufzuheben.
    Die Stimme klang schneidend. Plötzlich war sie da, füllte den düsteren Raum aus und ließ mich innehalten.
    »Einen Augenblick noch…«
    ***
    Eine Frau hatte mich angesprochen. Obwohl ich sie nicht kannte und sie wegen meiner gebückten Haltung auch noch nicht gesehen hatte, wusste ich sofort, dass es nur die geheimnisvolle und auch mächtige Isabell Munro sein konnte.
    Noch immer in einer gebückten Haltung stehend, schielte ich nach oben, um wenigstens etwas von ihr sehen zu können. Zwei Beine gerieten in mein Blickfeld. Sehr straff umspannt von leicht schimmernden Leggings aus Samt. Eine schmale Taille, dann die locker fallende dunkelrote Bluse, deren Stoff changierte, als wäre er mit Schatten bedeckt.
    Die drei oberen Knöpfe waren nicht geschlossen. Die Haut kam mir sehr weiß vor und bildeten einen scharfen Kontrast zum pechschwarzen Haar, und ich wurde an das Märchen Schneewittchen erinnert, in dem das junge Mädchen ebenfalls weiße Haut und rabenschwarze Haare hatte. Dunkle Augen blickten mich an. Ich sah den Mund, der voll wirkte und etwas arrogant verzogen war, als wollte sie mit einem gewissen Spott auf mich herabblicken.
    Ich stellte mich wieder hin. Die Perle oder Träne lag direkt vor meinen Füßen. Wenn ich gewollt hätte, ich hätte sie

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