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082 - Die weisse Frau

082 - Die weisse Frau

Titel: 082 - Die weisse Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Sky
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oder?“
    „Soweit wir wissen – ja. Aber es könnte natürlich, wie in vielen alten Schlössern, einen geheimen Zugang geben, den der Alte entdeckt hat. Frau von Stöckingen müßte darüber Bescheid wissen. Bevor ich aber mit ihr spreche, möchte ich mit dir auf den Boden gehen. Du sollt mir zeigen, wo du die weiße Frau gesehen hast. Du bleibst doch bei deiner Behauptung, oder?“
    „Das ist keine Behauptung, Fräulein Bloom, sondern die Wahrheit“, antwortete Harriett mit fester Stimme. Sie sah sehr entschlossen aus. „Jetzt weiß ich, was Sie gestern nacht so erschreckt hat. Ich glaube Ihnen. Genauso weiß ich aber auch, daß mir die anderen nicht glauben.“ Sie strich sich mit den Fingerspitzen über die Wangen. „Das habe ich ja deutlich genug zu spüren bekommen.“
    „Kommt jetzt!“
    Anne Bloom ging den beiden Mädchen voraus auf den Boden. Harriett fand, daß hier nun alles gar nicht mehr so unheimlich aussah wie in der Nacht. Sie führte die Lehrerin zu der Stelle, an der sie die weiße Frau gesehen hatte. Ein Bündel alter, staubiger und zerlumpter Kleidung lag auf dem Boden.
    „Darin hat sie herumgesucht und geweint.“
    Es gab keinerlei Spuren oder Hinweise, die die Aussage von Harriett hätten unterstützen können.
     

     
    Kurz vor dem Mittagessen trafen sich Anne Bloom, Dr. Schwab und Dr. Lohmann im Arbeitszimmer von Frau von
    Stöckingen. Der Geschichtslehrer schien beleidigt zu sein, daß Anne seine Ausführungen über den Henker von Schloß Hohenbrück nicht zu Ende angehört hatte. Er blickte durch sie hindurch, als sei sie nicht vorhanden.
    „Kommissar Wahlgahn wird in etwa einer Stunde hier eintreffen“, eröffnete die Schulleiterin das Gespräch. „Er möchte noch einige Mädchen hören. Offensichtlich scheint er anzunehmen, daß Lydia Selbstmord begangen hat.“
    „Das ist doch absurd“, wandte Anne Bloom ein. „Lydia und Selbstmord! Nein, das glaube ich nicht.“
    „Nun, wie dem auch sei“, brach Frau von Stöckingen die Diskussion ab, noch bevor sie recht begonnen hatte. „Ich habe von verschiedenen Seiten den Vorschlag gehört, die Mädchen schon heute nach Hause zu schicken. Ich möchte Ihnen sagen, daß ich damit nicht einverstanden bin. Die Mädchen fahren morgen und keinen Tag früher.“
    „Warum wollen Sie dieses Risiko eingehen?“ fragte Anne.
    „Risiko? Ich sehe überhaupt kein Risiko.“
    „Unsere liebe Kollegin meint die geheimnisvolle weiße Frau, verehrte Frau von Stöckingen“, bemerkte Dr. Lohmann mit einem unüberhörbaren ironischen Unterton.
    Das Gesicht der Schulleiterin veränderte sich. Zornig blickte sie die Englischlehrerin an, sagte aber nichts.
    „Ich habe in der Schloßchronik geblättert und bin dabei auf die Fabel von der weißen Frau gestoßen“, fuhr Dr. Lohmann fort.
    „Es ist keine Fabel“, rief Anne Bloom heftig, aber Dr. Lohmann beachtete sie gar nicht.
    „In der Chronik heißt es, daß die weiße Frau alle zwanzig Jahre drei Nächte im Schloß oder in der unmittelbaren Umgebung des Schlosses erscheint. Die dritte Nacht – die uns noch bevorsteht – soll die schlimmste sein. Davor hat unsere liebenswerte Kollegin Angst.“
    Dr. Lohmann blinzelte sie durch die dicken Gläser seiner Brille an. Er zog seine Brauen hoch und lächelte begütigend, als hätte er es mit einem verängstigten Kind zu tun. „Ich schlage vor, die Kollegin sucht das Weite und bringt sich für diese Nacht in Sicherheit.“
    „Dr. Schwab“, drängte Frau von Stöckingen. „sagen Sie doch etwas!“
    „Warum? Ich lausche den Zynismen unseres Kollegen mit einigem Vergnügen. Verraten Sie mir doch einiges über das Seelenleben unserer Kollegin. Ich bin erstaunt, Herr Lohmann.“
    Der Geschichtslehrer blieb gelassen. Er rückte seine Brille zurecht und lachte verhalten.
    Anne Bloom war betroffen über die Worte Dr. Schwabs. Sie hatte erwartet, daß er sie unterstützen würde. Machte er sich jetzt auch über sie lustig? Sie empfand die Bemerkungen Lohmanns als verletzend.
    „Nun gut“, sagte sie kühl. „Die Verantwortung tragen Sie, nicht ich. Wenn Sie die Wahrheit nicht wissen wollen und es vorziehen, sie zu ignorieren, dann ist das Ihre Sache. Ich für meinen Teil werde mir überlegen, was ich tun kann, um die Gefahr von den Mädchen abzuwenden.“
    „Nun, wir wollen doch nicht übertreiben“, erklärte Dr. Schwab. „Es ist nicht ausgeschlossen, daß alle Vorfälle der letzten beiden Tage und Nächte sehr natürliche Erklärungen finden. Ich

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