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082 - Die Zeit der Zwerge

082 - Die Zeit der Zwerge

Titel: 082 - Die Zeit der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Manche von ihnen erreichen einen hohen Intelligenzgrad und sind sogar in der Lage, Befehle auszuführen. Dies hat mich letztlich auch dazu ermutigt, ein Geschöpf zu erschaffen, das in Größe und Aussehen ein Ebenbild des Menschen ist. Aber davon später. Zuerst will ich Euch meine schönsten Exemplare…" Belot biß sich auf die Lippen. „Ich fürchte, ich habe in meinem Eifer vergessen, Euch eine wichtige Mitteilung zu machen, Michele."
    Ich winkte ab und packte ihn an den Schultern. „Ich habe Euch auch etwas Wichtiges zu sagen, Alexander. Es ist so furchtbar, daß ich nicht die richtigen Worte finde."
    Ich ließ ihn los und versuchte mich zu sammeln und Ordnung in meine Gedanken zu bringen.
    Er stand da und blickte mich verwirrt an.
    „Alexander", begann ich. „Ihr habt bestimmt schon gehört, daß blutrünstige Kobolde durchs nächtliche Paris schleichen und Menschen überfallen. Das sind keine Gerüchte." Ich erzählte ihm in kurzen Worten Francas Erlebnis auf dem Friedhof der Verlorenen Kindlein und fügte abschließend hinzu: „Dabei muß es sich um Eure Geschöpfe handeln, die Ihr in dem Glauben, daß sie tot seien, in der Friedhofserde verscharrt habt."
    Er war blaß geworden. „Aber wie ist das möglich? Wie können sie sich am Leben erhalten haben? Sie müssen doch… "
    „Vielleicht ist das Leben aus der Retorte zäher und widerstandsfähiger als das göttliche", meinte ich. „Das ist ja schrecklich, Michele!" Er straffte sich. „Ich muß Euch ein Geständnis machen. Leider ist mir in Gegenwart des Barons de Guiche die Bemerkung ausgerutscht, daß ich in Euerm Hause die von ihm begehrte Jungfer Hortense gesehen habe. Es geschah nicht mit Absicht. Ehrenwort!"
    „Ich glaube Euch, aber macht Euch deswegen keine Sorge", erwiderte ich. „Hortense wird bewacht. Die anderen Probleme sind wichtiger. Ihr müßt alle Eure Retortenwesen vernichten, bevor sie Unheil anrichten können."
    „Hört mir doch endlich zu!" schrie er mich an. Er war ganz außer sich. So hatte ich ihn noch nie zuvor gesehen. „Laßt mich ausreden! Das Leben Hortenses kann davon abhängen. Als mir bewußt wurde, was ich damit angerichtet hatte, daß ich de Guiche Hortenses Versteck verriet, da habe ich zu ihrem Schutze sofort ein Dutzend meiner Retortenkinder zu Eurem Haus geschickt. Ich wußte doch nicht, welche Teufel sie sind."
    „Mein Gott!"
    Ich wirbelte herum und lief davon.

    Paris erlebte seine blutigste Nacht. Auf dem Marktplatz standen die Hütten in Flammen. Halbnackte Frauen wurden vom Pöbel mit Knüppeln durch die Straßen getrieben und in die Flammen gejagt, wo sie bei lebendigem Leibe verbrannten. An den Fensterstöcken baumelten Erhängte. Schreie gellten durch die Nacht und heisere Rufe.
    „Schlagt sie tot! Rottet diese hugenottischen Hunde aus!"
    Ein Reiter wurde von seinem Pferd gerissen, gesteinigt und zu Tode getrampelt.
    Jemand packte mich am Arm. „Und du? Warum schlägst du nicht auf dieses Schwein ein?"
    Ich stieß den Mann fort und lief weiter. Um zu meinem Haus zu gelangen, mußte ich eine Brücke überqueren. Doch die Brücke war unpassierbar. Man hatte auf ihr die Hugenotten zusammengetrieben und die Brücke angezündet. Frauen und Männer sprangen als lebende Fackel ins Wasser, ertranken oder wurden niedergestochen, wenn sie versuchten, sich ans Ufer zu retten.
    Als ich die Brücke erreichte, stürzte sie krachend ein. Die Menge johlte.
    Ich entdeckte ein vertäutes Boot, loste es vom Strick, ruderte ans andere Ufer, sprang an Land und kletterte die Böschung hinauf. Dort lauerte mich ein Betrunkener auf, der mich mit einer Lanze aufspießen wollte. Zum Glück hatte seine Treffsicherheit durch den Wein gelitten, so daß ich ausweichen konnte.
    Die Prophezeiung des Astrologen Bourgogne hatte sich nun endgültig erfüllt. Die Hugenotten fielen von ihrem hohen Roß. Katharina de Medici hatte, um einer peinlichen Untersuchung zu entgehen, den Massenmord an den Hugenotten befohlen.
    Ich verdrängte diese Gedanken und überlegte fieberhaft, was in meinem Haus wohl geschehen würde, wenn Belots Kobolde eindrangen. Seltsam, daß man in Sorge um einen einzelnen Menschen sein konnte, wenn Hunderte und Tausende rund um einen starben. Doch diesen armen Teufeln konnte ich nicht helfen, denn was sollte ein einzelner gegen eine ganze Meute ausrichten? Aber Hortense war zu retten, wenn ich rechtzeitig nach Hause kam.
    Ich rannte durch eine enge Gasse, deren Pflaster mit Toten und Verwundeten übersät war. Da

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