0820 - Horror-Baby
unzufrieden.
Wieder fuhr der Wagen an.
Diesmal zurück, denn die richtige Stelle hatte er noch nicht gefunden. Sein Inhalt spürte den Druck, der nahe den spielenden Kindern besonders groß geworden war. Er brauchte endlich die Erfüllung, nicht grundlos hatte er sich von seinen Eltern abgeseilt.
Er wollte das Blut und das Fleisch.
Die Bestie wusste, dass sie nicht ewig weitermachen konnte. Sie spürte auch, dass die Eltern nach ihr suchten und sie irgendwann finden würden. Bis dahin aber wollte sie noch einmal satt werden.
Der Kinderwagen rollte lautlos dahin. Er federte nach, als er über Unebenheiten im Boden rollte. Zweige schabten über seine Abdeckung. Ein Zweig bog sich durch und drang wie eine krumme Lanze unter die Abdeckung mit der Spitze in die Nähe des schwarzen Etwas, das einen klumpigen Arm in die Höhe schnellen ließ und dann blitzartig zugriff. Die kleine Klaue bekam den Zweig zu fassen. Mit einer heftigen Bewegung riss sie ihn ab, und ebenso heftig würde sie auch ein Menschenleben vernichten.
Der Wagen samt Inhalt suchte die ideale Stelle, um sich in aller Ruhe ein Opfer aussuchen zu können.
Noch sechs Kinder spielten auf dem Platz. Deren Mütter saßen zusammen, und ein siebtes Kind war hinzugekommen, ohne dass es unter Kontrolle der Mutter stand.
Die kleine Susan hatte sich entschlossen, das Haus zu verlassen.
Ihre Eltern hatten nichts dagegen gehabt. Sie musste nur zurück sein, wennes vom nahen Kirchturm sechsmal schlug. Das war immer das Zeichen für Susan, nach Haus zu kommen. Bisher hatte sich das Mädchen jedes Mal daran gehalten.
Auf dem Spielplatz fand es immer wieder Freunde. Die meisten kannten Susan, und es waren auch nicht Kleinkinder; drei von ihnen gingen schon zur Schule, wenn auch nicht in dieselbe Klasse wie Susan, aber vom Sehen her kannte man sich.
Susan war eine große Ballspielerin. Deshalb hatte sie auch ihren weißen Ball mit den roten Tupfen mitgebracht. In Mario hatte sie einen Mitspieler gefunden.
»Fußball?« rief dieser.
Susan verdrehte die Augen. Immer die Jungen mit ihrem blöden Fußball. Sie hätte lieber Werfen gespielt.
Dann spielten sie doch Fußball, und Susan ging ins »Tor«. Das Klettergerüst, das ihnen als Tor diente, stand im Sand, so konnte sich die Torhüterin auch mal nach dem Ball werfen, ohne sich gleich wehzutun. Man machte sich dabei zwar schmutzig, doch Susans Mutter hatte sich daran gewöhnt. Susan kriegte keine Schimpfe, wenn sie – reif für die Badewanne – mit schmutzigen Sachen heimkehrte.
Mario ging einige Schritte vom Tor weg. Die Kletterbrücke, durch die er schießen musste, war ziemlich hoch. Susan konnte bequem unter ihr stehen, und Mario dachte daran, dass er den Ball hoch schießen musste, um möglichst viele Tore zu erzielen. »Ich schieß zehnmal, dann wechseln wir uns ab. Okay, Susan?«
»Ja…« Es klang nicht eben begeistert.
Mario legte sich den Ball zurecht, lief zurück, wieder vor und holte mit dem Bein aus.
Der erste Schuss!
Er klatschte gegen die »Latte«, sprang wieder zurück, und Susan kicherte, während Mario den Ball holte. Er ärgerte sich, dass er nicht getroffen hatte…
***
Die kleine Bestie hatte es geschafft, den Kinderwagen genau in eine schmale Lücke zwischen den Büschen zu lenken, die dunkel und schattig genug war, um ihn zu verbergen. Nur wer genau hinschaute, konnte ihn sehen, aber dafür hatte keines der Kinder Interesse.
Mit dem Griff nach vorn stand der Kinderwagen in der Lücke.
Wenn die kleine Bestie etwas sehen wollte, brauchte sie sich nur aufzurichten, dann erfassten die bösen Augen einen Großteil des Spielplatzes.
Diese alten, sehr bösen Augen schauten über den Rand der Decke hinweg. In ihnen war nichts Menschliches. Sie leuchteten wie zwei Lichter.
Dicht darunter befand sich ein Maul.
Sehr groß, sehr breit, mit gefährlichen Reißzähnen.
Die Bestie lauerte.
Ihr Blickwinkel war günstig. Sie konnte genau zuschauen, wie zwei Kinder mit einem Ball spielten.
Der Junge schoss ihn auf ein Mädchen zu, das unter einem Klettergerüst stand und versuchte, den geschossenen Ball zu halten.
Es gelang ihr nicht immer, nur hin und wieder klatschte sie den Ball ab. Dann lachte sie, und der Junge ärgerte sich. Wenn der Ball ins Tor flog, war es umgekehrt…
***
»Das ist jetzt der neunte Schuss!« rief Susan.
»Nein, der Achte.«
»Der Neunte. Du kannst nicht zählen, Mario!«
»Dann schieß ich nur noch einmal.«
»Gut!«
Mario nahm Anlauf. Der letzte Schuss
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