0821 - Wo die Totenlichter leuchten
noch mal, ich will nicht sterben, nicht jetzt schon!«
»Das brauchen Sie auch nicht. Gehen Sie zurück in Ihr Haus. Schnell, machen Sie schon.«
»Was ist mit Ihnen?«
»Gehen Sie!«
Suko hörte, wie sich der Tankwart zurückzog, was auch gut war, denn er wollte mit diesem gespenstischen Tier allein bleiben. Noch hatte es ihm nichts getan, und es sah auch nicht so aus, als wollte es ihn in den folgenden Sekunden angreifen. Der Geisterhund verhielt sich eher abwartend und zurückhaltend.
Zuckend bewegte sich sein Schwanz. Er war wie ein Startsignal, denn nun setzte er sich in Bewegung.
Nicht Suko war das Ziel, sondern die Tankstelle.
Suko tat noch nichts. Er blieb vorerst der stille Beobachter im Hintergrund, in dem allerdings das Misstrauen hochstieg, weil sich der Geisterhund so defensiv verhielt. Eigentlich passte er in diese Umgebung. Die Atmosphäre war durch den Dunst und die Dunkelheit geisterhaft geworden, sie tauchte die Realität einfach unter und ließ das andere in die Höhe steigen, die geheimen Mysterien, die lautlosen Welten, die hinter der normalen verborgen waren.
Nicht ein einziges Mal hatte der Hund seinen Schädel gedreht. Er hielt ihn gesenkt, die Schnauze zeigte nach unten, als wollte er über den Boden schnüffeln. Manchmal bewegte sich sein Schwanz wie eine träge Peitsche, und Suko fragte sich, ob er wohl etwas Bestimmtes suchte.
In der Wohnbaracke brannte noch immer Licht. Als der Inspektor den Kopf nach links drehte und hinschaute, malte sich hinter dem Fenster die Gestalt des Tankwarts ab. Er musste also gesehen haben, wie der Hund vor einer der beiden Zapfsäulen stehen blieb.
Suko überkam dabei ein seltsames Gefühl.
Er konnte es nicht richtig einordnen, aber etwas störte ihn. Es war nicht allein der Hund. Auch der Standplatz sorgte bei ihm für eine Irritation, und ohne es eigentlich recht zu wollen, trat er zwei Schritte zurück.
Wieder blieb er stehen und wartete.
Noch tat das geisterhafte Tier nichts.
Warten, lauern…
Den Kopf schütteln…
Suko hörte nicht einen einzigen Laut.
Dann ging der Hund vor. Genau auf die viereckige Tanksäule zu, und er trat – Suko wollte es kaum glauben – hindurch.
Das Tier verschmolz mit der Säule, als wäre diese gar nicht vorhanden. Er war feinstofflich, für ihn gab es weder Wände, Mauern, noch andere Hindernisse.
Damit hatte der Inspektor nicht gerechnet. Er fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Für einen Moment wusste er wirklich nicht, was er denken sollte, dann aber holte ihn die Realität ein, denn der Geisterhund hatte die Tanksäule auf der anderen Seite verlassen, war dort stehen geblieben, schüttelte sich, drehte sich langsam um und hatte freies Sichtfeld.
Er schaute Suko an.
Ob es tatsächlich ein Anschauen war, konnte der Inspektor nicht sagen, denn in den Augen des feinstofflichen Tieres entdeckte er nichts.
Die Stille war geblieben.
Keine Tür öffnete sich, kein Tappen der Pfoten, als das unheimliche Tier wieder startete und dabei die Richtung um keinen Deut veränderte. Im Klartext hieß dies, dass er ein neues Ziel hatte, nämlich Suko.
Der wartete auf ihn.
Der Hund ließ sich Zeit. Sein Körper, obwohl feinstofflich, bewegte sich schaukelnd, als wäre er ein völlig normales Tier, das keine Verwandlung erlebt hatte.
Er schaute weder nach rechts noch nach links. Eiskalt ging er seinen Weg.
Suko bewegte sich. Er wusste nicht, ob dieser Hund nun eine Gefahr für ihn darstellte oder nicht, aber er war misstrauisch, und deshalb zog er sicherheitshalber die Dämonenpeitsche. Als er sie mit seiner Hand umschloss, fühlte er sich etwas sicherer, und er schlug über den Boden einen Kreis.
In der Stille hörte er sogar das die Riemen begleitende Schleifen, als sie aus der Öffnung rutschten. Suko hatte den rechten Arm sinken lassen, mit einem leisen Klatschen landeten die Spitzen der drei Riemen auf dem Boden.
Der Hund unterbrach für einen Moment seinen Lauf, möglicherweise fühlte er sich irritiert oder spürte bereits die Kraft, die von dieser Waffe abstrahlte.
Sträubte sich sein Fell?
Suko wusste es nicht genau. Ihm war jedoch klar, dass er mit diesem Geistertier keinen Spaß haben würde. Der Hund kam ihm vor, als wollte er angreifen.
Zunächst ging er.
Kein Laut drang aus seinem Maul. Aber er ließ sich nicht aufhalten, und als er in Sukos Nähe geriet, da spürte der Inspektor auch die Kälte, die an seinem Gesicht entlangstrich. Es war der Hauch aus einer anderen Welt, den der Hund
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