0822 - Ein Fremder auf Luna
Stelle. Roi Danton bedachte den Bewußtlosen mit einem mißfälligen Blick.
„Kaum zu glauben, daß in soviel Häßlichkeit soviel Schläue steckt!" brummte er.
„Was jetzt?" wollte Waringer wissen.
„Wir bringen ihn in die Unterkunft", entschied Bull. „Wenn er wieder zu sich kommt, wird er uns Rede und Antwort stehen."
Sie schleppten Athosien bis zu einem der tropfenförmigen Fahrzeuge, von denen sie drei etwa zweihundert Meter unterhalb der Stelle, an der Waringer auf Posten gestanden war, abgestellt hatten. Der Bewußtlose wurde in den kleinen Fahrgastraum geschoben. Das Fahrzeug war vorprogrammiert, bis zum Ende des Tunnels zu fliegen. Waringer und Bull folgten ihm in den beiden anderen Gleitern, Roi Danton dagegen zu Fuß.
In einer der leerstehenden Unterkünfte wurde Grukel Athosien auf eine Liege gebettet. Geoffry Waringer musterte das schlaffe Gesicht und den halb offenstehenden Mund, der das gelbe Pferdegesicht entblößte.
„Eigentlich sieht er ganz friedlich aus", bemerkte er.
„Er hatte Angst, als er mich sah", sagte Bull.
Waringer blickte auf. Nach einer Weile meinte er: „Das überrascht mich."
„Warum? Was hättest du an seiner Stelle empfunden?"
„Das spielt keine Rolle", wehrte Waringer ab. „Ich hätte natürlich Angst gehabt. Aber er? Eigentlich hatte ich ihn mir als einen vorgestellt, der sich vor gar nichts fürchtet."
„Hm", machte Bull.
Nachträglich stellte er fest, daß sich seine Einschätzung des Fremden von der Waringers kaum unterschied. Auch er war überrascht gewesen, die Angst in Athosiens Augen zu sehen.
Was ist das für ein Mensch, den man so einschätzt, und der einen dann dadurch überrascht, daß er sich so verhält wie jeder andere? fragte er sich.
Athosien würde erst in fünf bis sechs Stunden zu sich kommen. Die Schockdosis war kräftig bemessen, um jedes Risiko auszuschalten. Trotzdem hielt Reginald Bull es für wichtig, daß der Mann keine Sekunde lang aus den Augen gelassen wurde. Geoffry Waringer übernahm die erste Wache. Bull ging hinaus in den Gemeinschaftsraum und rief über Minikom nach Danton.
„Ich komme dir entgegen und hole dich ab", erbot er sich.
„Mach dir keine Mühe!" antwortete Danton. „Ich kann den Fußmarsch gut gebrauchen."
*
Grukel Athosiens sieben Bewußtseine waren zum Teil schon wieder aktiv, als er aus dem tropfenförmigen Fahrzeug gehoben und in die Unterkunft gebracht wurde. Er fühlte sich benommen.
Daher fiel es ihm zunächst noch leicht, den Ohnmächtigen zu spielen.
Bei dieser Rolle wollte er es eine Zeitlang belassen. Er hoffte, daß Waringer und Bull sich über Dinge unterhalten würden, die für ihn wichtig waren. Ein wenig Sorge machte ihm, daß Roi Danton sich nirgendwo blicken ließ. Seine Hoffnung zerschlug sich alsbald. Die beiden Männer hatten einander wenig zu sagen. Reginald Bull entfernte sich und ließ Waringer als Wache zurück.
Kurze Zeit später meldete sich Veyto Balaschy.
„Übergib mir die Kontrolle!" forderte er. „Die beiden müssen unverzüglich ausgeschaltet werden."
„Und was dann? Woher sollen wir erfahren, wo sie versteckt halten, was immer es ist, das sie vor uns verstecken?"
„Dummheit", wies Balaschy ihn überheblich zurück: „Wir fragen sie aus! Wenn ich anfange, ernsthaft zu fragen, verweigert mir so leicht keiner die Antwort."
„Du scheinst eine Reihe von Fähigkeiten zu besitzen, auf die nur du stolz bist", bemerkte Grukel bissig.
„Willst du die Weisheit unseres Erzeugers in Frage stellen, der mich und dich zusammen in einen Körper gebunden hat?"
„Manchmal habe ich Bedenken", gestand Grukel.
„Also, wie steht's?" Veyto Balaschy wurde spürbar ungeduldig. „Bekomme ich die Kontrolle oder nicht?"
„Der Entschluß fiele mir leichter, wenn du nicht so verdammt gefühllos warst!"
„Was soll ich dir versprechen? Daß ich den Kerlen nicht an den Kragen gehe?"
„Daß du ihnen nicht unnötig Schaden zufügst!"
„Versprochen!"
Veyto Balaschy übernahm das Kommando. Er hatte drei Männer unschädlich zu machen. Der eine saß unmittelbar vor ihm und war kein Problem. Er hatte ihn schon einmal niedergeschlagen. Geoffry Waringer war als Wissenschaftler ein Genie, aber für den Nahkampf taugte er wenig. Reginald Bull befand sich in irgendeinem der angrenzenden Räume. Man wurde dafür sorgen müssen, daß er hereinkam. Von Roi Danton fehlte bislang jede Spur. Er schien nicht in der Nahe zu sein.
Balaschy nahm sich vor, Waringer und Bull aus dem Weg zu
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