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0827 - Der Dämon von Songea

0827 - Der Dämon von Songea

Titel: 0827 - Der Dämon von Songea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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seinen Tee. »Schon seit Tagen.«
    »Wie viele denn noch? Und vor allem: wozu?«
    »Keine Ahnung, Herr Major. Er sagt, er muss ihnen ihre Geheimnisse entreißen. Und dass sie uns überlegen seien mit ihrem uralten Wissen über die Natur und das Wesen der Dinge. Manchmal glaube ich fast, er redet im Fieberwahn.«
    Den letzten Satz hatte der Leutnant nur geflüstert. Smolders wusste, dass Müller ein loyaler Offizier war. Wenn er so über seinen Vorgesetzten sprach, musste Hardenberg völlig die Kontrolle über sich verloren haben.
    Er ist verrückt, dachte der Bezirksamtmann. Ich wusste es von Anfang an, dieser Hardenberg ist verrückt.
    Der Hauptmann wäre nicht der Erste, der auf diesem wilden, beängstigenden Kontinent aus dem Gleichgewicht geraten wäre. Aber so schlimm wie Hardenberg hatte es bisher noch keinen erwischt.
    Und das gerade jetzt, wo wir alle verfügbaren Männer dringend benötigen, dachte der Bezirksamtmann bitter.
    Die Zeichen standen auf Sturm in Deutsch-Ostafrika. Seit Wochen mehrten sich die Hinweise, dass ein Aufstand der Einheimischen kurz bevorstand. Und es war nicht gesagt, dass sich das Problem so leicht in den Griff bekommen ließ wie der Herero-Aufstand in Deutsch-Südwest einige Monate zuvor.
    An der Küste hatten die Rebellen bereits mehrere Plantagen zerstört. Ihr Anführer war ein charismatischer Heiler namens Kinjikitile aus dem Dorf Ngarambe in den Matumbi-Bergen, den seine Anhänger als Prophet des Gottes Bokero verehrten.
    »Glaubt er wirklich, dass diese Wilden über geheimnisvolle Kräfte verfügen - und dass er sie erlernen kann?«, fragte Smolders zögerlich.
    »Es sieht ganz so aus.«
    »Das ist gotteslästerlich!«
    »Was ist gotteslästerlich, Smolders?«, fragte eine neue Stimme.
    Der Bezirksamtmann fuhr herum. Er hatte gar nicht gemerkt, dass die Schreie in ein leises Wimmern übergegangen waren. Im Türrahmen lehnte Ferdinand von Hardenberg. Der Hauptmann sah müde aus, aber in den Augen glomm ein dunkles Feuer, das aus den tiefsten Tiefen der Hölle zu stammen schien. Über der Uniform trug Hardenberg eine weiße Schürze, die über und über besudelt war mit Blut.
    Smolders spürte, wie ihn Übelkeit überkam. Er wandte sich schnell ab.
    »Alles in Ordnung mit Ihnen, mein Bester?«
    Kein anderer deutscher Offizier hätte sich eine dermaßen respektlose Anrede einem höheren Dienstrang gegenüber erlaubt, schließlich bekleidete Smolders auch nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven militärischen Dienst den Rang eines Majors. Doch Ferdinand von Hardenberg war längst kein normaler Offizier mehr.
    Lässig streifte sich der Fortkommandant die Schürze ab und zündete sich eine Zigarette an. »Was kann ich für Sie tun, Smolders?«
    »Ich weiß nicht, was Sie da treiben, Hardenberg, und glauben Sie mir, ich will es auch gar nicht so genau wissen. Aber Sie müssen damit sofort aufhören. Der Kaiser würde das nicht billigen…«
    »Der Kaiser?« Hardenberg lachte laut auf. »Berlin ist weit weg. Und der Kaiser will bestimmt nicht, dass wir uns hier von ein paar Negern auf der Nase herumtanzen lassen. Dieser Kontinent ist mächtig, Smolders, aber wenn wir diese Macht - seine verborgenen Kräfte -nicht nutzen, werden Kinjikitile und seine Anhänger es tun, um uns zu vernichten.«
    Nervös nestelte der Bezirksamtmann eine Zigarette aus einem goldenen Etui. Er vermied es, sein Gegenüber anzusehen. »Macht? Sie meinen diesen billigen Hokuspokus, mit dem ihre Medizinmänner Kinder und alte Weiber erschrecken?«
    »Hokuspokus? Sie haben ja keine Ahnung. Warten Sie, ich gebe Ihnen Feuer.« Der Hauptmann zeichnete geheimnisvolle Zeichen in die Luft, fremdartige Laute drangen aus seiner Kehle.
    Plötzlich ging Smolders’ Zigarette in Flammen auf. Mit einem Aufschrei ließ der Bezirksamtmann die Zigarette fallen und trat sie hektisch aus.
    Hardenberg sah ihn amüsiert an: »Hokuspokus?«
    In diesem Moment wusste Bezirksamtmann Heinrich von Smolders, dass er sich geirrt hatte. Ferdinand von Hardenberg war nicht verrückt. Aber das machte ihn nur umso gefährlicher…
    ***
    Heute
    »Hardenberg? Das glaube ich einfach nicht!« James Mutombo kicherte nervös, während er sich mit zittrigen Fingern eine Zigarette anzündete. Es gelang ihm erst beim dritten Versuch.
    »Sie haben doch von Anfang an vermutet, dass er dahinter stecken könnte«, gab Nicole zu Bedenken.
    »Aber es ist ein ziemlicher Unterschied, ob man sich so etwas in seinen dunkelsten Stunden ausmalt oder ob man wirklich

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