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083 - Das Gasthaus an der Themse

083 - Das Gasthaus an der Themse

Titel: 083 - Das Gasthaus an der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Herz, Kind.«
    »Was wollen Sie?« fragte sie mit größerem Nachdruck. Erschrocken sah sie, daß seine Blicke an dem großen Schrank in der Ecke haften blieben.
    »Ich wollte Ihnen eine Frage stellen, offenbar bin ich aber in einem sehr ungünstigen Augenblick gekommen. Es war eine ganz unwichtige Frage, die nichts mit meinen beruflichen Pflichten zu tun hat. Doch ich will nicht länger stören.« Er ging zur Tür und sah sie mit dem ihm eigenen strahlenden Lächeln an.
    »Ich fürchte, Ihr Freund wird ersticken, wenn Sie ihn nicht bald aus dem Schrank befreien«, fügte er hinzu und schloß die Tür mit übertriebener Sorgfalt. Sie riß sie wieder auf und ging bis zur Haustür hinter ihm her. Die Unverschämtheit, die er sich bis zuletzt aufgespart hatte, setzte allem die Krone auf. Er beugte sich zu ihr hinunter und flüsterte mit Verschwörermiene: »Ich halte dicht, von mir erfährt Golly nichts!« Bevor sie ihm auch nur eine der Beschimpfungen an den Kopf werfen konnte, die ihr auf der Zunge brannten, war er fort. Sie ging ins Wohnzimmer zurück und sperrte die Tür hinter sich ab. »Kommen Sie heraus, Mr. Lane«, sagte sie mit vor Wut zitternder Stimme. »Es war nur dieser windige Polizist.« Raggit Lane wirkte ein wenig zerzaust und aufgelöst, als er dem Schrank entstieg. Er strich sich das Haar glatt, und man merkte ihm deutlich an, daß er weniger verärgert als besorgt war. »Er hat gewußt, daß ich hier bin. Weiß er auch, wer ich bin?« »Keine Ahnung, was er alles weiß!« fauchte sie. »Eines schönen Tages wird man den Kerl mit eingeschlagenem Schädel aus dem Fluß ziehen. Und an dem Tag gehe ich zum ersten Mal seit fünfundzwanzig Jahren in die Kirche.« »Wade — so, so«, sagte er nachdenklich und massierte sich das Kinn. Dann begann er seine Taschen zu leeren. »Räumen Sie die Sachen wieder weg, ich nehme sie ein andermal mit.« »Aber es besteht keine Gefahr mehr —« begann sie. Lane lächelte. »Ich gehe nie ein Risiko ein. Schicken Sie mir das Zeug mit einem Boten, Sie wissen wohin. Ich lasse es abholen.« Er rückte seine Krawatte zurecht, nahm Hut und Stock aus der Garderobe, und als Mutter Oaks ihm meldete, die Luft sei rein, verließ er das Haus und schlenderte zur Hauptstraße, wo sein Taxi wartete. Ein- oder zweimal blickte er sich um, doch es schien ihm niemand zu folgen. Aber auch als das Taxi durch den dichten Verkehr in der City fuhr, konnte er sich des unangenehmen Gefühls nicht erwehren, daß er beschattet wurde. Am Nachmittag fuhr Inspektor Wade nach Scotland Yard, weil er ein paar Informationen brauchte. »Kennen Sie einen finster aussehenden Gentleman, der wie ein Blumenladen duftet und sich wie ein Herzog anzieht?« erkundigte er sich bei Inspektor Elk, der über die meisten Fremden Auskunft geben konnte. »Das ist eine rechte Allerweltsbeschreibung«, antwortete Elk müde. »Wie kann man sich nur parfümieren, das verstehe ich nicht. Mein Schwager, zum Beispiel...« Wade unterbrach ihn, bevor Elk begann, seine Familiengeschichten zu erzählen. Er nahm ein Blatt Papier aus der Brieftasche, und da er recht gut zeichnen konnte, brachte er eine Skizze zustande, die Raggit Lane sehr ähnlich war. Elk betrachtete die Zeichnung eingehend, kratzte sich hinterm Ohr und schüttelte den Kopf. »So sehen Tausende aus. Ich kenne ihn nicht. Wie heißt er?« »Das bekomme ich noch heraus«, sagte Wade. »Im Moment weiß ich gar nichts über ihn. Die Angestellten des ›Mekka‹ kennen ihn nicht, einer meiner Leute hat sie befragt. Ich habe ihn vorher nie gesehen, und auch heute nur rein zufällig. Mir war plötzlich eingefallen, daß ich wegen einer Lieferung gestohlenen Whiskys ins ›Mekka‹ wollte - einer von den Kerlen, die noch diese Woche vor den Haftrichter kommen, hat ein bißchen gesungen. Mein Boot legte an der Haupttreppe an, und ich ging um das Haus herum, als ich diesen — Menschen und die Alte sah. Sie fuhren in einem Taxi vor, und sie behandelte ihn so verdammt freundlich, daß er meiner Meinung nach ein Ganove sein muß.« Elk seufzte und schloß die Augen. »Sie können ihn nicht festnehmen, weil er mit Mutter Oaks befreundet ist«, sagte er. »Das ist kein Vergehen. Haben Sie zufällig eine Zigarre? Nein? Das dachte ich mir schon. Ihr jungen Beamten raucht zu viele Zigaretten. Mein Schwager, wie gesagt...« »Also der war's ganz bestimmt nicht«, unterbrach Wade den Kollegen energisch und flüchtete. Der Rest des Tages gehörte ihm, und er verbrachte ihn auf seine

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