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083 - Das Gasthaus an der Themse

083 - Das Gasthaus an der Themse

Titel: 083 - Das Gasthaus an der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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geben.
    Der Tag brach gerade an, als er die einsame Gestalt anrief, die, eine kurze Tonpfeife rauchend, neben dem Steuerhaus stand. »Bei uns ist alles in Ordnung, Chef!« rief der Mann zurück. »Ich komme an Bord!« entgegnete Wade.
    Die Barkasse drehte bei und ging längsseits. Die Bordwache streckte Wade eine riesige Pranke entgegen, und der Inspektor sprang mit einem mächtigen Satz von einem Deck auf das andere.
    Ihm fiel in diesem Augenblick nicht auf, daß der Mann ihm die linke Hand reichte und die rechte in der Tasche behielt. Viele dieser Wachmänner waren Kriegsversehrte und hatten Hand, Arm oder Bein verloren, und Wades erster Eindruck war, daß dies ein solcher Mann war. Der Inspektor erfuhr mehr als erwartet. Der Mann hatte nicht nur gesehen, wie das schwarze Boot den Fluß überquert hatte, er war auch Zeuge der Kollision gewesen. »Nein«, erklärte er jedoch mit großem Nachdruck, »das Boot hat nicht vom Pier des ›Mekka‹ abgelegt. Ich habe es, lange bevor es den Fluß querte, auf der Middlesexseite flußaufwärts fahren sehen. Zuerst dachte ich, es sei ein Polizeiboot, das die Barkassen am anderen Ufer beobachtete - es waren doch Ihre Boote, nicht wahr? Ich habe nur gestaunt, weil es so schnell war, obwohl es gegen die Strömung fuhr und der Fluß ja ziemlich hoch ging. Ich hätte gern jemanden gefragt, was das für ein Boot ist, aber ich habe seit gestern abend mit keiner Menschenseele gesprochen.« Nachdem die Barkasse wieder abgelegt hatte und im grauen Dunst des Morgens verschwunden war, bückte sich der Wachmann und hob zwei schwarze Zylinder auf, die im Speigatt lagen. Sie waren schwer, und er verstaute sie unter einer Plane aus Segeltuch. Dann schlurfte er langsam auf die Lukentür zu, die zu seiner Kajüte führte. Er kehrte dem Einstieg zur Ladeluke den Rücken, erschrak jedoch nicht, als ihn aus der Tiefe eine leise Stimme anrief.
    »Wade war es«, antwortete er. »Ich dachte, er wolle unter Deck kommen — sei auf eine Durchsuchung aus. Ich hätte ihm eine Kugel durch den Kopf gejagt und die Barkasse mit einer Bombe erledigt. Es wäre kein Problem gewesen.« Er hörte ein beifälliges Brummen und grinste vor sich hin. Captain Aikness gab einem immer auf diese Weise zu verstehen, daß er zufrieden war.

12
    Kurz vor acht ging Wade wieder ins Bett. Der Lärm spielender Kinder weckte ihn, und daraus schloß er, daß es später Nachmittag war. Er badete und zog sich gerade an, als Elk kam. »Es gibt keine Neuigkeiten«, sagte der Inspektor vom Yard. »Außer, daß die Polizei in Aylesbury einen Mann verhaftete, den sie für Golly Oaks hielt. Er war es nicht, leider.« Elk wirkte jedoch ernst, und Wade vermutete, daß der lapidaren Erklärung, es gebe nichts Neues, doch noch etwas sehr Wichtiges folgen würde. »Ich war eben bei unserer jungen Dame — Miss Lila Smith«, begann Elk auch schon. »Es geht ihr gut, und der Doktor meint, daß sie ohne weiteres nach Hause kann. Seine Lordschaft hat sie heute morgen auch schon besucht.« »Siniford?« fragte John überrascht. Elk nickte. »Mit einem Blumenstrauß«, sagte er spöttisch und deutete mit den Händen die unglaubliche Größe des Angebindes an.
    Wade schnitt eine Grimasse. Lord Sinifords Aktivitäten beunruhigten ihn. Das Geheimnis, das ihn umgab, war genauso tief wie das der Gummimänner, aber noch viel unerklärlicher. Was die Gummimänner taten, bedurfte keiner Erklärung, es lag auf der Hand. Sie waren eine Verbrecherbande, die gemeinsam große Raubzüge unternahm. So etwas gab es häufig. Aber Sinifords Aufmerksamkeiten gegen Lila Smith... Es existierte zweifellos ein Zusammenhang zwischen diesen drei Faktoren: den Gummimännern, Siniford und dem Mädchen. Aikness war in London. Wade hatte sich bestimmt nicht geirrt. Als das schwarze Boot in der Dunkelheit an ihm vorübergeschossen war, hatte er den Kapitän erkannt. Unter ihm hatte im Cockpit ein grünes Licht gebrannt, vermutlich eine Signallampe an der Instrumententafel, und in der schwachen Helligkeit war das Gesicht deutlich zu sehen gewesen. »Ich gehe Lila besuchen«, sagte er nach einem fast endlos langen Schweigen. Elk brummte etwas, das wie eine Zustimmung klang.
    Zehn Minuten später war Wade unterwegs zu Lila. Sie wohnte noch immer bei Detektiv-Sergeant Tappitt und seiner Frau. Ihr Gesicht hatte viel mehr Farbe als sonst, und ihre Augen glänzten. Auch ihre Stimme schien selbstbewußter zu klingen. So hatte Wade sie noch nie erlebt. Ihr Verhalten ihm gegenüber

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