083 - Das Gasthaus an der Themse
bekommen sollten. Darüber hinaus wußte euer Mann nur noch, daß sie an einem bestimmten Tag ein Telegramm erhalten sollten, in dem ein Ort und eine Zeit angegeben sein würden. Zu diesem ›Rendezvous‹ mußten die beiden dann bewaffnet erscheinen.«
»Damit hat er den Mord an Mrs. Oaks praktisch zugegeben«, warf Wade ein.
Der Chef schüttelte den Kopf. »Er gibt zu, daß er die Droge in den Milchkrug getan hat, schwört jedoch, er habe geglaubt, es sei ein Betäubungsmittel. Angeblich wollte man Mrs. Oaks auf dem Transport ins Krankenhaus gewaltsam befreien. Die beiden führten nur Anweisungen aus. Wenn ihnen die Fläschchen zugeschickt wurden, wird man ihnen kaum beweisen können, daß ihnen der Inhalt bekannt war. Einer sagt, er habe auch schon Mrs. Tappitt betäubt und sei der Meinung gewesen, das für Mrs. Oaks bestimmte Mittel sei genauso ungefährlich. Über den Auftraggeber kann er uns nur sagen, daß er groß und dunkelhaarig ist. ..« »Und daß er sehr gut aussieht«, murmelte Elk vor sich hin, doch ein Blick seines Vorgesetzten brachte ihn zum Schweigen.
»Sie haben etwas vor - einen großen Coup. Nichts Neues über Lila Smith?« »Nein, Sir.«
»Komisch, Sie dachten doch, sie sei an Bord eines Lastkahns, der stromaufwärts geschleppt wurde, Wade. Die Polizei hat jeden einzelnen Kahn durchsucht und nichts gefunden. Die Idee scheint mir ein bißchen weit hergeholt, nicht wahr?« Wade seufzte tief auf. »Alle Ideen scheinen zuerst weit hergeholt«, antwortete er müde. »Wie weit wurde die Suche ausgedehnt?« »Bis Maidenhead. Die Polizei von Buckinghamshire und Berkshire geht noch weiter. Warum versuchen Sie's nicht mal selbst, wenn Sie glauben, die beiden Lastkähne identifizieren zu können, die gegenüber vom ›Mekka‹ vor Anker gelegen haben? Schlafen Sie aus, überlassen Sie den Fall Oaks dem Bezirksinspektor, nehmen Sie sich eine Barkasse aus Henley — oder aus Oxford, wenn Sie mögen, und sehen Sie zu, ob Sie die alte Badewanne finden. Sie glauben nicht, daß das Mädchen mit einem Liebhaber durchgebrannt ist, wie?« »Nein, Sir«, antwortete Wade ruhig. »Ich glaube nur, daß sie sich, seit Mrs. Oaks nicht mehr lebt, in einer noch viel schrecklicheren Gefahr befindet als bisher.« Der Chef sah ihn merkwürdig an. »Dann tun Sie was dagegen«, sagte er.
21
Mr. Ricordini war naturalisierter Italiener, der eine Menge Geld damit verdiente, daß er Leierkästen und Speiseeiswagen an seine weniger glücklichen und geschäftstüchtigen Landsleute vermietete. Zu behaupten, sein makelloser Ruf sei nie in den Schatten eines Verdachts geraten, entspräche nicht ganz der Wahrheit, doch bisher hatte ihm die Polizei nicht einmal ein kleines Vergehen nachweisen können, obwohl es manche als schweres Verbrechen ansahen, wieviel Geld er den armen Teufeln abknöpfte, die seine Mietkunden waren. Er empfing Wade und Elk in seinem eleganten Wohnzimmer. »Über Golly Oaks weiß ich nichts«, antwortete er auf ihre erste Frage. »Aber ich kann Ihnen sagen, daß sich in letzter Zeit hier eine Menge merkwürdig aussehender Kerle herumtreiben, vor allem abends. Sie gehen immer paarweise und benehmen sich so, als wollten sie das Viertel genau kennenlernen.« »Warum ausgerechnet dieses Viertel?« fragte Wade. »Das weiß der Himmel«, erwiderte Ricordini munter. »Es sind hauptsächlich Amerikaner, aber ein paar Polen sind auch darunter. Das weiß ich durch Zufall, weil einer meiner Freunde, der mit Drogen handelt — nun ja, nicht gerade ein Freund, aber leider ein Landsmann —, sich mit ihnen unterhalten hat. Er sagt, es seien typische Revolverhelden, und er weiß Bescheid, er war nämlich in Chikago, bis man ihn hinauswarf. Er sagt, er hat gestern und vorgestern abend mindestens ein halbes Dutzend dieser Typen hier herumlaufen sehen.« »Wohnen sie auch hier in der Gegend?« Ricordini schüttelte den Kopf. »Nein, das ist ja das Komische dabei. Wenn sie hier wohnen würden, wäre es ja ganz normal, daß sie auch hier rumlaufen.« Während sie mit dem Italiener sprachen, grasten die Männer des zuständigen Polizeireviers die Gegend nach zwei Burschen ab, die am Abend vorher Golly Oaks gesehen hatten. Sie wurden auch gefunden und warteten vor Ricordinis Haus auf Wade. Sie erzählten eine sehr interessante Geschichte. Es waren zwei ehemalige Kriminelle — falls es so etwas wie ehemalige Kriminelle überhaupt gibt -, und einer von ihnen hatte der Polizei schon früher Informationen geliefert. »Es war
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