083 - Der Moloch
damit sie nicht gezwungen wird, die Offensive zu ergreifen. Je länger wir die Entscheidung hinauszögern können, desto besser ist es. Wir benötigen Zeit, um Gegenmaßnahmen organisieren zu können.“
„Du meinst also, daß wir Kapitän Medarchos weitermachen lassen sollen?“ wunderte sich Parker.
„Obwohl er wahrscheinlich Pepe auf dem Gewissen hat und die Navigationsgeräte zerstörte? Das verstehe ich nicht.“
„Das brauchst du auch nicht. Glaube mir, ich weiß was ich tue.“
„Und du willst mich nicht aufklären?“ fragte Parker.
„Du wirst die Wahrheit noch früh genug erfahren. Und du wirst sie erst akzeptieren, wenn du das Unglaubliche mit eigenen Augen siehst.“
Es klopfte an die Tür, und gleich darauf kam Adrian West hereingestürzt. Er hielt einige Fotos in der Hand und wirkte aufgelöst und verstört.
„Was soll denn das, Adrian?“ herrschte Parker ihn an.
Dorian beschwichtigte den Freund. „Schon gut. Ich habe West herbestellt. Haben Sie die Fotos entwickelt?“
West nickte. „Ja, das habe ich getan, aber sie sind alle nichts geworden.“
„Darf ich wissen, worum es geht?“ fragte Parker.
„Ich habe West ersucht, die Fotos zu entwickeln, die er von der Mannschaft gemacht hat, und Vergrößerungen herzustellen“, erklärte Dorian und blätterte die Fotos durch.
West erklärte zu den einzelnen Bildern: „Da habe ich Kapitän Medarchos und den Smutje geknipst, als sie an Bord kamen. Hier, auf dem Vorschiff habe ich die gesamte Mannschaft aufgenommen, als Jeff sie begrüßte. Das war während der Party, als der Steward servierte. Und hier habe ich den Maschinisten beim Abstieg in den Maschinenraum fotografiert.“ Adrian West hielt erschöpft inne, holte Luft und machte eine hilflose Geste. „Ich kann das einfach nicht glauben. Das kann es nicht geben. Es ist mir unerklärlich, wie das passieren konnte.“
„Sind die Fotos nichts geworden?“ fragte Parker verständnislos. „Das kann doch jedem mal passieren.“
Dorian reichte ihm das erste Foto und wiederholte: „Hier hat West den Koch und den Kapitän fotografiert, als sie an Bord kamen.“
Parker starrte auf das Foto und sagte: „Blödsinn! Da ist nur der leere Bootssteg zu sehen.“ „Dieses Foto machte West, als du die Mannschaft begrüßt hast.“
Parker starrte wortlos auf das Bild. Er sah sich selbst, wie er eine Hand ausstreckte, als wollte er sie jemandem zum Gruße reichen – doch es war niemand da.
„Ist das ein Scherz? Eine Fotomontage?“ fragte Parker mit krächzender Stimme, als Dorian ihm das Partyfoto reichte, auf dem der Steward zu sehen sein sollte, aber nicht drauf war.
„Das ist der letzte Beweis, daß es sich bei der Mannschaft um Dämonendiener handelt“, sagte Dorian wie zu sich selbst.
Parker ließ die Fotos auf den Tisch fallen und starrte Dorian an. Dann blickte er zu Vali, die regungslos dasaß, und dann zu Adrian West, der gerade den zweiten Whisky kippte.
„Ihr wollt doch nicht, daß ich das ernst nehme“, sagte Parker hilflos. „Das gibt es nicht, daß man etwas mit den eigenen Augen sieht, aber nicht fotografieren kann.“
„Doch, Jeff“, sagte Dorian. „Es ist eine Eigenheit der Dämonen, daß sie von sich keine Bilder anfertigen lassen.“
Dorian sprach nicht weiter, da er auf dem Korridor Lärm hörte. Gleich darauf wurde die Tür aufgerissen und Montgomery stürzte herein. Dahinter drängten sich die anderen in die Kabine.
„Ah, hier habt ihr euch verschanzt!“ sagte der Klatschspalten-Kolumnist.
„Warum diese Aufregung?“ fragte Parker.
„Wir befinden uns nur wenige Meilen von einer Insel entfernt“, berichtete Montgomery. „Wir konnten sie deutlich sehen. Sie war zum Greifen nahe. Als wir entdeckten, daß wir daran vorbeifuhren, stellten wir den Kapitän zur Rede. Und weißt du, was er behauptet hat? Er sagte, daß er die Herrschaft über das Schiff verloren hätte.“
Jetzt ließ sich vor den anderen nicht mehr verheimlichen, daß von der Mannschaft eine unheimliche Bedrohung ausging. Dorian versuchte jedoch, die Panik in Grenzen zu halten, indem er die Mädchen dazu brachte, sich in zwei durch eine Tür verbundene Kabinen zurückzuziehen. Vali sollte sich ihnen als beruhigender Pol anschließen. Dorian händigte ihr ein Gewehr aus, obwohl er ebenso wie Vali wußte, daß mit einer Schußwaffe gegen die Dämonendiener nichts auszurichten war. Geronimo, dessen Ruhe sich auf die Mädchen übertragen sollte, und Domenico Clerici wurden
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