0832 - Die Brut ist los
ausgestreckt, wobei das rechte kürzer war als das linke, denn Suko sah mit Erstaunen und Schrecken, daß ihm der Fuß fehlte.
So also hatte er sich befreit. Die große Wunde blutete, dennoch würde er nicht aufgeben, denn von seinem Schwert hatte er sich nicht getrennt. Er hielt es mit beiden Händen fest, die Klinge zeigte schräg in Sukos Richtung, und natürlich war der Inspektor auf der Hut. Er nickte Zugeda zu. »So sehen wir uns wieder.«
Der Japaner grinste. Sein Gesicht war schweißnaß, die Lippen hatte er zusammengepreßt.
»Ich weiß, daß wir nicht eben Freunde sind, aber wäre es nicht besser, wenn ich einen Arzt besorge?«
***
»Keinen Arzt!«
»Warum nicht?«
»Ich will nicht.«
»Du stirbst durch den Blutverlust, Zugeda!«
Zum erstenmal lachte der Japaner, aber es war ein kaltes und bitteres Lachen. »Was bedeutet schon das Sterben für mich? Nichts, aber auch gar nichts. Ich bin ein Samurai, und ein Samurai hat den Tod noch nie gefürchtet.«
»Er muß aber nicht sein. Die Medizin ist heute weit fortgeschritten. Man könnte versuchen, dir den Fuß wieder anzunähen.«
»Das will ich nicht. Ich habe einen Auftrag gehabt, und ich habe versagt, deshalb werde ich die Konsequenzen tragen.«
»Wie du willst. Aber zuvor kannst du mir noch sagen, was hier gespielt wird?«
»Es ist vorbei«
»Sag es trotzdem!«
»Nein, ich bin kein Verräter.« Der Samurai schaute Suko in die Augen, und dieser Glanz sagte dem Inspektor genug. Aus dem Mann würde er kein Wort hervorbringen. Der war hart genug, den eigenen Weg bis zum Ende zu gehen.
»Aber du wolltest mich töten.«
»Ja.«
Suko hörte Schritte. Er brauchte sich nicht umzudrehen, denn er wußte, daß sein Freund John Sinclair den Weg gefunden hatte.
»Das wirst du nicht mehr schaffen«, erklärte Suko. »Aber ich weiß, was du jetzt tun wirst.«
»Es gibt für mich keine andere Möglichkeit.«
»Ich könnte es verhindern.«
»Was würde das bringen?« fragte Zugeda. Er hatte sich ausgezeichnet unter Kontrolle. Obwohl die Schmerzen ihn beinahe verrückt machen mußten, drang kein Wort und auch kein Stöhnen über seine Lippen. Er hielt nur den Kopf ein wenig gesenkt, wie ein Mensch, der nachdachte.
Noch immer umfaßten seine Hände den Schwertgriff. »Wenn Männer mit einer großen Ehre versagen, dann dürfen Sie sich auch nicht scheuen, den letzten Weg zu gehen. Ich habe eine zweite Chance erhalten, und ich habe sie nicht nutzen können.«
»Du solltest alle töten, nicht?«
»Die Spuren müssen verwischt werden.«
»Will sich der Konzern zurückziehen?« mischte ich mich ein. Dicht hinter Suko stand ich und schaute über dessen Schulter hinweg.
»Es war ein Versuch.«
»Ist er nun mißlungen?«
Zugeda hob den Kopf, um uns anzuschauen. Dann lächelte er. Es war ein eisiges Lächeln, und seine Augen hatten dabei den Ausdruck angenommen, als wäre er dabei, bereits in eine andere Welt zu schauen, die wir als Jenseits kannten.
Plötzlich zuckte sein Schwert vor.
Die Klinge bewegte sich für einen Moment auf uns zu, aber es war nur eine Ablenkung. Zugeda brauchte die Sekunde Zeit, um die Waffe herumdrehen zu können.
Für die Länge eines Lidschlags zielte die Klinge auf seinen Bauch.
Dann nicht mehr.
Da war sie bereits eingedrungen!
Der Japaner zuckte zusammen, er riß den Mund auf, und zum erstenmal drang ein Geräusch über seine Lippen. Es war ein schweres Ächzen, als hätte er unter einer großen Last zu leiden.
Harakiri ist ein Ritual. Es endet nicht damit, daß sich ein Mann die Klinge in den Leib stößt, nein, er muß sie auch in bestimmte Richtungen bewegen und sie auch kreisen lassen.
Das machte uns Zugeda vor.
Wir aber wollten nicht hinschauen. Wir hatten versucht, ihn zu retten, zumindest durch Worte. Gut, wir hätten ihn auch anschießen können, aber dieser Gedanke war uns nicht gekommen.
Es war still geworden.
Sekunden später hörten wir ein Schleifen. Gemeinsam drehten wir uns wieder um.
Zugeda fiel zur Seite.
Er schleifte mit dem Rücken an der Gangwand entlang. Sein Gesicht war bereits starr geworden, der Mund nicht mehr geschlossen, und aus dem linken Winkel rann Blut.
Schwer schlug er auf den Boden. Das Schwert steckte noch in seinem Leib. Für ihn hatte der Tod nichts Schreckliches. Der Samurai hatte seine Ehre gerettet, und mit diesem Wissen war er beruhigt gestorben.
»Nun ja«, sagte Suko und deutete zurück. »Wer geht zu den beiden, und wer klettert wieder durch die Luke?«
»Du.«
Suko war
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