084 - Mord aus dem Jenseits
Über die tolle Geistergeschichte, die Sie ihm aufgetischt haben, konnte er nicht einmal grinsen. Er meinte aber trotzdem, ich sollte in Ihrer Nähe bleiben, nachdem Calaveras an Sie herangetreten ist. Schaden kann es nichts.“
„Sie haben das Gespräch abgehört?“
„Sagen wir, wir haben unsere Informationsquellen. Kann ich diese Mumie mal sehen? Ich war drei Wochen in Las Palmas und bin gerade erst zurückgekommen. Die Kollegen haben bisher den Fall bearbeitet; ich hatte noch nicht das Vergnügen, Cuitlahuacs Bekanntschaft zu machen.“
„Einverstanden, ich muß aber erst den Schlüssel von der Polizeistation holen, wo er deponiert ist.“
„Nicht nötig, ich habe ihn bereits mitgebracht.“
„Gut. Entschuldigen Sie mich einen Moment. Ich werde uns einen Drink machen. Damit läßt sich der Anblick Cuitlahuacs leichter ertragen.“
„Da sage ich nicht nein“, meinte der braungebrannte junge Kriminalinspektor.
Romen ging ins Nebenzimmer um zu telefonieren. Die Stärkung für den Anblick der Mumie war nur ein Vorwand gewesen. Romen bekam sofort Verbindung. Er erfuhr beim Morddezernat, daß Harry Drewitz zur Kommission gehörte, die die Mordfälle Braun und Link bearbeitete, und daß er zur Villa Braun abkommandiert worden sei.
Romen ließ sich sogar noch eine Personalbeschreibung geben. Alles hatte seine Richtigkeit.
„Es ist völlig in Ordnung, daß Sie mißtrauisch sind und kein Risiko eingehen wollen“, sagte der Kripobeamte in Frankfurt. „Wir hoffen auf eine gute Zusammenarbeit, Herr Romen, damit die beiden Morde bald aufgeklärt werden können.“
„An mir soll es nicht liegen.“
„Ich wünschte nur, ich wäre jetzt draußen im Taunus. Zur Villa gehört doch ein Swimmingpool mit allem Drum und Dran, wenn ich recht informiert bin? Ich sitze hier am Sonntag bei einer Affenhitze im Büro und wühle mich durch Papierberge.“
„Versuchen Sie es eben mit einem kalten Fußbad“, empfahl Romen. Dann mixte er schnell zwei Drinks und kehrte zu Drewitz zurück. Die beiden Männer rauchten. Drewitz begann, von seinem Urlaub zu erzählen. Er war im Geist noch halb in Las Palmas.
„Überfüllt und eine Menge Trubel, klar, aber ich bin schließlich kein Tattergreis, der nach dem vierten Herzinfarkt seine Ruhe braucht. Einen Strand gibt es da, Palmen, Hotels, Bars, Diskotheken und Mädchen, sagenhaft! Deutsche, Engländerinnen, Schwedinnen! Ich könnte es das ganze Jahr da unten aushalten. Gerade in der letzten Woche habe ich eine phantastische Französin kennengelernt. Ein einmaliges Weib, sage ich Ihnen.“
„Warum sind Sie denn nicht noch ein paar Tage geblieben?“
„Das wollte ich ja, besonders, da mir noch Urlaub vom letzten Jahr zusteht. Aber der Chef hat mir ein Telegramm geschickt, und aus war es mit der Verlängerung. Das ist ein Beruf! Der bringt mich noch um das Glück meines Lebens.“
Drewitz kniff ein Auge zu, als er das sagte.
Als die Gläser leer waren, gingen die beiden Männer in den Keller. Drewitz schloß die massive Eisentür auf. Einige Ausstellungstische standen in dem großen, kühlen Kellerraum. Der Sarkophag mit der Mumie war in eine Ecke gerückt.
„Das ist Cuitlahuac.“
„Hübsch häßlich, wie Heinz Rühmann im Film zu sagen pflegte. Da sind mir die Mädchen auf Mallorca lieber. Haben Sie ihm die beiden Löcher in den Latz geballert?“
„Ja, nachdem Sebastian Braun ermordet worden war.“
„Ich habe das Protokoll gelesen, und den ganzen andern Papierkram auch. Ganz schön verrückte Geschichte, die Sie da aufgetischt haben, Senor Romen. Eines ist jedenfalls sicher, Gerda Link kann Cuitlahuac auf keinen Fall ermordet haben, denn zu der Zeit, als sie den Tod fand, war die Mumie hier in Keller eingeschlossen, richtig?“
„Stimmt. Ich kenne die Zusammenhänge noch nicht genau, Herr Drewitz, aber ich werde schon noch herausfinden, wie es geschah. Mir ist auch nicht klar, warum die Mumie nach dem Mord an Braun in den Saal zurückkehrte. Calaveras hätte sie doch leicht zwingen können, zu ihm zu kommen, dann hätte er gehabt, was er wollte.“
„Die Frage kann ich Ihnen beantworten, Herr Romen. Wie hätte Calaveras die Mumie aus dem Land bringen sollen, ohne Verdacht zu erregen? Er ist gezwungen, sie rechtmäßig und legal zu kaufen und nach Mexiko auszuführen, das ist die einzige Möglichkeit.“
„Natürlich, daß ich darauf nicht gekommen bin.“
Romen und Drewitz gingen wieder nach oben, nachdem der junge Kripobeamte die Eisentür verschlossen
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