0842 - Teufels-Schönheit
mehr ein häßliches Entlein, und Glenda ahnte, daß ihr diese Person nicht fremd war, zwar gealtert, aber doch irgendwie bekannt. So hatte ebenfalls jemand ausgesehen, der mit ihr und Mandy zusammen in einer Klasse gesessen hatte. Sie kam nur nicht auf den Namen.
Mandy hatte die Besucherin in die Küche geführt. »Möchtest du auch einen Kaffee?«
»Gern.«
Mandy holte eine zweite Tasse, die auf der Untertasse zitterte, denn die Frau war nervös.
»Laß mal, ich mach das schon. Setz du dich hin. Ich denke, du hast es verdient.«
»Danke.«
Glenda fand noch einen Hocker. An der schmalen Küchentheke saßen sich beide Frauen gegenüber.
Glenda trank einen ersten Schluck, nickte und meinte: »Hübsch hast du es hier.«
»Ach, hör auf!«
»Doch, wirklich.«
»Schau mich an, Glenda!«
»Das mache ich schon die ganze Zeit!«
»Und jetzt sag mir, was dir auffällt.«
Glendas Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Ich hatte es dir schon beim Eintritt gesagt. Für mich bist du nicht die Mandy Rice, mit der ich gerechnet habe.«
»Aber ich bin es, du kannst es mir glauben. Ich sehe zwar anders aus, doch…« sie schluckte, griff nach einer weiteren Zigarette und gab sich selbst Feuer. Sekundenlang schaute sie in die Flammen, dann legte sie das Feuerzeug zur Seite. »Ich bin es, und ich bin es trotzdem nicht. Dieses Gesicht, Glenda, müßtest du eigentlich kennen…«
»Stimmt.« Glenda nickte. »Darüber habe ich schon nachgedacht. Es kommt mir bekannt vor, auch wenn ich die Person, zu der das Gesicht gehört, lange nicht gesehen habe.«
»Sie war ebenfalls in unserer Klasse.«
»Kennst du ihren Namen?«
»Della Streep!«
Glendas Augen wurden starr und glanzlos. »Himmel«, flüsterte sie, »ja, das ist es, das ist es genau. Du… du siehst aus wie Della Streep. War sie nicht«, Glenda überlegte, »war sie nicht immer die Person, die keinen Anschluß fand?«
»Super ausgedrückt und sehr feinfühlig«, sagte Mandy. »Ja, sie fand keinen Anschluß. Und weiß du, warum sie keinen Anschluß fand, diese Della?«
»Ich glaube es zu wissen.«
»Weil sie zu häßlich war. Ja, sie war einfach zu häßlich. Sie… sie war nicht schön, niemand schaute ihr nach. Ich war das Gegenteil. Himmel, die Typen rissen sich um mich! Ich hätte mehrere an jedem Finger haben können, aber Della nicht einen. Und nun sehe ich aus wie Della, und ich schwöre dir, Glenda, es ist keine Maske. Mein Gesicht ist echt. Ich will dich nicht erschrecken.«
»Das glaube ich dir. Nur hast du damit dein Problem.« Sie hatte die Tasse angehoben und die Schulkameradin über den oberen Rand hinweg angeschaut.
»Ja, ich habe damit ein Problem.«
Glenda stellte die Tasse ab. Sie hatte sich wieder soweit gefangen, daß sie klar und nüchtern dachte und auch ihre Fragen ohne Emotionen stellen konnte. »Wir werden sachlich bleiben. Ich denke, daß du viele Menschen hättest anrufen können. Warum hast du dich ausgerechnet für mich entschieden? Spielte dabei nur unser Klassentreffen eine Rolle, das wir heute haben?«
»Auch, denn mir ist eingefallen, daß du immer eine Person gewesen bist, mit der man auskommen konnte. Du warst neutraler als die anderen. Ich kann mich auch täuschen, zumindest ist das in meiner Erinnerung hängengeblieben.«
Glenda winkte ab. »Dieser Heiligenschein steht mir nicht. Aber das ist sicherlich nicht der einzige Grund, weshalb du mich angerufen und dich mir zu erkennen gegeben hast.«
»Du hast recht.«
»Was steckt noch dahinter?«
»Ganz einfach, Glenda. Ich habe natürlich gewußt, wo du beschäftigt bist. Du bist doch noch beim Yard - oder?«
»Natürlich.«
»Da dachte ich mir, daß ihr mir helfen könnt. Ich habe mal gehört, daß sich dein Chef mit übersinnlichen Dingen beschäftigt.« Sie räusperte sich. »Berichtige mich, wenn ich falsch liege, Glenda.«
»Nein, nein, rede weiter.«
»Gut.« Sie deutete auf ihr Gesicht. »Wenn ich mir das anschaue, muß ich einfach davon ausgehen, daß diese Vorfälle nicht mit rechten Dingen zugegangen sind. Es ist nicht normal gewesen, daß ich an einem Morgen aufwache und plötzlich im Spiegel die gleiche Frau sehe, aber mit einem anderen Gesicht. So etwas kann es einfach nicht geben. Da komme ich nicht mit. Das ist… Himmel, das ist einfach unerklärlich für mich. Das entbehrt jeglicher Logik. Da kann man nicht rational sein, wenn du verstehst.«
»Stimmt.«
Mandy nickte. »Gut, daß du mich nicht auslachst.« Ihre Hände bewegten sich fahrig über
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