0847 - Duell der Mächtigen
schwieg immer noch. Ja, er wusste es. Er wusste auch, dass es nun keinen Ausweg mehr gab.
»Es gibt eine Möglichkeit, einen Zauberer zu töten«, fuhr der Dämon fort. »Man stößt ihm einen Dolch, ein Schwert oder eine beliebige andere Klinge ins Herz. Die Klinge muss mit frischem Blut benetzt sein.« Er reckte die Sichel hoch.
»Mein Blut ist noch frisch genug!«
Er brauchte nur ein paar Schritte vorwärtszuhinken, dann hatte er Merlin erreicht. Dem Zauberer fehlte die Kraft, sich zu wehren. Er hatte sich völlig verausgabt. Jetzt schaffte er es kaum noch, sich aufrecht auf den Beinen zu halten.
»Ich weiß, dass du stärker bist als ich«, sagte er rau. »Das Böse ist anfangs immer stärker als das Gute. Aber schließlich siegt das Gute doch, weil es größer ist. Viel größer, als du es dir vorstellen kannst.«
»Was weißt du armseliger Wicht schon davon?«, höhnte der Erzdämon.
»Genug. Ich habe beide Seiten kennengelernt. Ich war ein Mächtiger in der Hölle, und als ich ihr den Rücken kehrte, wurde ich ein Mächtiger in der Lichtwelt. Wenn du mir nicht glaubst, so frage meinen Bruder Asmodis. Auch er kehrte der Hölle den Rücken, wie ich es zuvor tat.«
»Asmodis, der Verräter an der Schwarzen Emilie.« Lucifuge Rofocale lachte. »Er ist ein Verräter in allen Spiegelwelten, in denen es ihn gibt. Warum sollte ich ausgerechnet ihn fragen?« Er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: »Warum sollte ich überhaupt jemanden fragen?«
»Narr«, flüsterte Merlin.
»Der Narr wird nun dafür sorgen, dass du stirbst. Es muss übrigens nicht nur ein Klingenstoß ins Herz sein. Es geht auch noch viel einfacher.«
Und er durchschnitt Merlins Kehle!
***
Als Zamorra und Nicole die große Eingangshalle des Châteaus betraten, kam ihnen aus Richtung Küche ein erstaunliches Wesen entgegen.
Es war etwa einen Meter zwanzig groß und ebenso hoch wie breit. Böse Menschen hätten es als »fett« bezeichnet. Kurze Beine, kurze Arme, kurze Flügel, die eher geeignet schienen, das Wesen noch breiter aussehen zu lassen, als es fliegen zu lassen. Dreieckige Rückenschuppen, die vom Kopf bis zur Schwanzspitze reichten. Und ein Krokodilkopf mit großen, runden Telleraugen. In den vierfingrigen Händen hielt es je ein fertig zubereitetes Schnitzel, das ganz sicher nicht für das grünbraunschuppige Wesen gedacht war.
Zamorra streckte die Arme wie Schranken aus. »Stopp! Wo willst du mit den Schnitzeln hin, und warum?«
»Ja, warum wohl, Chef? Ich will sie essen, weil ich Hunger habe! Und weil Madame Ciaire ja um diese Uhrzeit nicht hier ist, musste ich mich eben selbst bedienen.«
»Du hättest William fragen können!«
Fooly, der Jungdrache, kaum älter als hundert Jahre, seufzte. »Ihr Menschen macht es einem aber wirklich nicht leicht.«
»Schnitzel klauen ist verboten und wird schwer bestraft«, warf Nicole heimlich schmunzelnd ein. Natürlich würde Madame Ciaire, die Köchin, morgen früh ein Mordstheater machen, wenn sie merkte, dass zwei Prachtstücke des mit Hingabe und besten Gewürzen zubereiteten Mittagsmahls in den unergründlichen Tiefen des Drachenbauchs verschwunden waren. Aber meistens fanden sich ohnehin nie alle Bewohner des Châteaus gemeinsam am Mittagstisch ein. Da kam es sicher nicht darauf an, dass, wer zu spät kam, mit einem anderen Menü bestraft wurde.
Aber das musste man dem Jungdrachen ja nicht unbedingt auf die Krokodilnase binden.
»Schwer bestraft?«, stöhnte Fooly entsetzt. »Aber ich habe doch gar kein Schnitzel geklaut! Ich war's nicht, Chef, nie nicht!«
»Wer dann?«, fragte Zamorra.
»Das war Schnappi, das kleine Krokodil!«, behauptete Fooly.
Zamorra und Nicole hatten Mühe, nicht loszulachen. »Tja, mein lieber Professor«, sagte sie, »da werden wir uns doch eine schlimme Strafe ausdenken müssen.«
»Für Schnappi?«, hoffte der Jungdrache.
»Für den, der gerade zwei geklaute Schnitzel in den Klauen durchs Château trägt!«
»Sag' ich doch: für Schnappi!« Zufrieden tappte der Drache davon. »Schni-schna-Schnappi, das kleine Krokodil…«
Nicole schüttelte den Kopf. »Wo hat er das denn schon wieder ausgegraben? Das Lied war zwar im vorigen Jahr ein Hit, ist inzwischen aber doch mega-out!«
»Vielleicht hat Lord Zwerg ihm ein paar alte CDs geschenkt, die er selbst nicht mehr hören will. Ich wüsste übrigens eine Strafe: Er muss die Kreidezeichen für die M-Abwehr überprüfen.«
»Jetzt, in der Dunkelheit?«
»Das macht die Sache doch erst
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