0848 - Spionin der Hölle
lange van Zant nun schon in dem Haus war. Zu lange, das stand für ihn fest. Er musste handeln. Artimus war ein Krieger Armakaths, sicher, doch das machte ihn nicht unverwundbar und immun gegen das, was Rauch einem menschlichen Körper antun konnte.
Zamorra wollte dem Freund zu Hilfe eilen.
Eine kleine, aber fest zudrückende Hand hielt ihn zurück. Die Wächterin hatte die Augen nach wie vor geschlossen, doch sie war durchaus bei Bewusstsein.
Ihre Stimme klang schwach, doch deutlich und akzentuiert zu Zamorra. »Bleib! Der Krieger wird wissen, was zu tun ist. Wenn überhaupt noch etwas getan werden kann.«
Zamorra hakte nach. »Wer greift die Stadt an? Die Schwarze Familie? Was ist genau geschehen?« Er war sich nicht sicher, ob die geheimnisvolle Frau ihm antworten würde. Er wurde überrascht.
»Niemand greift Armakath an. Es sei denn, du willst die Gegebenheiten dieser Dimension als einen Angriff werten. Hier hätte niemals eine weiße Stadt entstehen dürfen. Diese Welt ist instabil in sich selbst. Du weißt das. Bei euch Menschen sagt man, dass jemand auf Sand gebaut hat, wenn sein Vorhaben misslingt. Gute Worte - hier treffen sie wahrlich zu. Der Ort, an dem Armakath steht, verändert sich. Tief unter der Erde toben Feuermonster von ungeahnter Kraft.«
Das war sicherlich nur bildlich gemeint.
Die Wächterin sprach eindeutig von der Besonderheit der Hölle, deren unendliche Weiten ständigen Veränderungen unterworfen waren. Es musste so sein, dass ausgerechnet hier - tief unter Armakath - eine Feuersbrunst losgebrochen war. Und mitten darin die Wurzel der weißen Stadt. Kein direkter Angriff also, eher ein Super-Gau, den man nicht voraussehen konnte. In den Schwefelklüften war alles möglich.
Eine entscheidende Frage lag Zamorra auf den Lippen, die er nun ganz einfach loswerden musste. »Warum entsteht dann eine weiße Stadt an einem solch unsicheren Ort? Ich kann das nicht begreifen.«
Die Wächterin schwieg lange. Zamorra glaubte, bei ihr wieder einmal mit seinen Fragen auf Granit zu beißen, doch dann kam doch eine Antwort.
»Die Möglichkeit zu einer Wahl besteht nicht, Zamorra. Die Wurzel manifestiert sich dort, wo sie die Gegebenheiten dazu sieht. Die Wurzel, die auf deiner Welt existiert, hat sich in einer Zeit angesiedelt, da es kein Material für eine wirklich starke und mächtige Stadt gab. Die Stadt konnte nicht werden - also entschloss sich die Wurzel zu ruhen.«
Mit Material waren die Seelen derer gemeint, die zum Grundstoff der Gebäude wurden. Eine äußerst makabere Formulierung, die Zamorra sauer aufstieß. Doch für die Wächterin war das eine ganz normale Sache. Sie kannte es nicht anders, fand nichts Falsches daran.
»So konnte sie die Zeiten überstehen. Doch die Wurzel Armakaths ist dem Vergehen geweiht. Ich kann es fühlen. Als der Brand die Wurzel erreichte, war der Schmerz so übermächtig, dass er bis zu mir drang. Warum ich noch existiere, ist unverständlich.«
Zamorra wollte die Wächterin irgendwie beruhigen, doch die passenden Worte fielen ihm nicht ein. Zudem lenkte ihn ein Ereignis ab, mit dem er schon beinahe nicht mehr gerechnet hatte.
Taumelnd und stolpernd kam die große Gestalt von Artimus van Zant aus dem Wurzelhaus. Der Physiker schaffte es noch, einige Meter hinter sich zu bringen, dann brach er zusammen, rappelte sich jedoch sofort wieder hoch. Etwas schien ihn zu treiben, etwas, das stärker als sein angeschlagener Körper war.
Wie ein Schwergewichtsboxer, der bis neun angezählt war, schleppte sich Artimus zu Zamorra und der Wächterin.
Die Frau öffnete in diesem Augenblick die Augen und setzte sich aufrecht hin. »Was hast du gesehen, Krieger? Was hast du getan?«
Van Zant ließ sich neben der Wächterin zu Boden fallen.
»Viel, doch ganz sicher viel zu wenig.« Zamorra hörte, wie Artimus die Worte schwer über die Lippen kamen. »Es gibt keine Rettung mehr für die Wurzel. Ich habe das Ende nur hinausgezögert - mehr ging nicht. Ich habe… ich habe meinen Schild um das Wurzelzentrum gelegt. Das wird noch eine Weile dafür sorgen, dass die Feuersbrunst in Schach gehalten wird. Aber mehr auch nicht. Wächterin, die Stadt wird vergehen, wenn die Wurzel verbrannt ist.«
»Und die Folgen davon sind nicht absehbar.« Die Wächterin nahm Artimus-Worte stoisch hin. Was er berichtet hatte, konnte sie in ihrem Wissen offenbar nicht überraschen. »Wenn Armakath vergeht, dann kann das einen irreparablen Schaden im Gefüge dieser Welt nach sich
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