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0848 - Spionin der Hölle

0848 - Spionin der Hölle

Titel: 0848 - Spionin der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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dass er über das in ihm ruhende Talent so wenig wusste. Wenig war untertrieben, denn im Grunde wusste Artimus nichts.
    Ruckartig stoppte er seine Vorwärtsbewegung. Die Spitze seines Stiefels fand unter sich keinen Widerstand mehr. Er war am Rand des Wurzelschachts angekommen. Mit unendlicher Vorsicht ließ sich der Physiker auf die Knie sinken. Zentimeterweise schob er seinen Kopf über die Bodenöffnung, die er jetzt nur erahnen konnte. Was glaubte er wohl, dort in dieser unendlichen Schwärze sehen zu können?
    »Artimus, du bist ein Spinner…« Ihm war nicht einmal klar, dass er diese Worte laut aussprach. Es spielte ja auch keine Rolle. Zumindest nicht mehr ab dem folgenden Moment - von dem an spielte überhaupt nichts mehr eine Rolle. Nur noch die Wahrnehmung, die ihm entgegensprang.
    Van Zant hörte sich selbst aufschreien. Verzweifelt klammerte er sich mit beiden Händen am Rand des Wurzelschachts fest, denn das Gefühl, mit dem ganzen Körper in die bodenlose Tiefe zu rasen, war einfach übermächtig.
    Eine lange angstgefüllte Sekunde brauchte er, um zu realisieren, dass sein Todessturz noch nicht begonnen hatte. Es war ausschließlich der visuelle Teil seines Bewusstseins, der betroffen war. Betroffen… von was? Eine wirkliche Beschreibung erschien unmöglich. Es war nur annähernd zu vergleichen, mit einem rasenden Sturzflug in die nicht enden wollende Tiefe.
    Die Schachtseiten flogen nur so an ihm vorüber - schneller, immer schneller fiel sein Blick nach unten. Oder kam ihm dieses »Unten« entgegen? Schoss es auf ihn zu, da er sich doch um keinen Millimeter zu bewegen schien?
    All diese Überlegungen waren doch nur Makulatur, denn einzig das Ergebnis war entscheidend.
    Als van Zants Blicksturz jäh endete, da sah er in erschreckender Deutlichkeit vor sich, was er hatte sehen sollen, sehen müssen.
    Er sah sie.
    Die Wurzel… den Ursprung der weißen Stadt Armakath!
    Noch ehe er Details dessen in sich speichern konnte, was ihm hier vor Augen geführt wurde, war ihm bereits eines klar.
    Die Wächterin hatte mit keinem Wort übertrieben.
    Die Wurzel starb…
    ***
    Yola Hacoon konnte nicht reiten. Es war nicht so, dass sie Angst vor Tieren hatte, auch nicht vor großen Pferden, doch sie brachte allem, was auf der Erde existierte, großen Respekt entgegen. Deshalb hatte sie nie ein Tier zwingen wollen, ihr zu dienen.
    Doch diese hier war nicht die Erde. Dies waren auch keine Pferde…
    Bestimmt und unsanft hatte die Amazonenkriegerin das Model in den breiten Sattel des Tieres gehievt, das man für sie bestimmt hatte. Einen Flugsaurier gab es hier nicht. Also mussten sie den Weg zu der weißen Stadt auf dem Rücken dieser Sechsbeiner zurücklegen. Der Amazone machte das nichts aus, doch ehe Yola sich auch nur einigermaßen sicher im Sattel des erstaunlich friedfertigen und behäbigen Reittieres halten konnte, vergingen quälend lange Stunden.
    Viermal war-Yola hilflos und mit wild rudernden Armen aus dem Sattel gerutscht. Das konnte sie dem Tier jedoch kaum ankreiden, denn das trabte gemächlich vor sich hin. Die Amazone hatte knurrend die Tatsache akzeptiert, dass Yola das Tempo vorgab.
    Irgendwann kam dann der Moment, in dem die junge Frau es wagte, sich aufrecht zu setzen; zuvor hatte sie die ganze Zeit über flach wie ein lauernder Frosch auf dem Rücken des Höllenpferdes gelegen und sich festgeklammert. Sicher war sie auch jetzt noch nicht, doch zumindest in der Lage, sich die Umgebung anzusehen, durch die sie zurzeit ritten. Weiche Landschaftsübergänge, wie sie auf der Erde zu sehen waren, gab es hier nicht. In harten Schnitten wechselten Wüsten, Steppen, satte Grasflächen… Hitze, Kälte… extreme Bedingungen, die Yola nach wie vor nicht für sich annehmen konnte.
    Ein feines Kribbeln auf ihrer Kopfhaut verstärkte sich mehr und mehr. Die vergangenen Stunden - so viel war auf Yola eingeprasselt, dass sie die Bemerkung der Amazone über ihre Haare einfach verdrängt hatte. Nach dem Mord, den sie mir den metallenen Spitzen begangen hatte, die in ihre Haare eingearbeitet worden waren, hatte Yola voll Abscheu die Klingen entfernt… und ihre Haare dazu. Ihr Leben, so, wie sie es gekannt hatte, war beendet. Konnte es einen tieferen Einschnitt geben? Yola gab dieser Erkenntnis nach, vollzog diesen Wandel auch optisch - kahlköpfig hatte sie sich auf die Suche nach einem neuen Sinn gemacht.
    Kahlköpfig?
    Sie wagte es, eine Hand von dem Sattelknauf zu lösen, an dem sie sich festklammerte.

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