0848 - Spionin der Hölle
existierte - zu einer Wurzelhüterin geworden. Sie hatte nicht lange gezögert, als die Wächterin der Stadt sie darum bat, denn Sabeth brauchte ganz einfach eine Aufgabe, eine Perspektive für die Zukunft. [1]
Vor über 400 Jahren war sie die Königin der Asanbosam gewesen, einem der größten Vampirstämme Afrikas. Doch dieser Stamm war bei Sarkana, dem Vampirdämon, in Ungnade gefallen. Hasserfüllt hatte Sarkana den ganzen Stamm ausgerottet. Bis auf den König, seine Königin und einen ihrer Vertrauten. Sie konnte er nicht töten, doch er konnte sie strafen: Sie wurden zu hölzernen Puppen, Schachfiguren gleich. Erst nachdem es Professor Zamorra gelungen war, den Vampirdämon zu vernichten, brach auch der Bann, der auf den drei Asanbosam lag.
Für Sabeth schien es also doch noch eine zweite Chance zu geben. Aber der König, schließlich auch ihr-Vertrauter und Liebhaber Tahum, wurden vernichtet. Sabeth blieb alleine zurück. Sie versuchte erneut, in Afrika Fuß zu fassen, doch es wollte ihr nicht richtig gelingen. Hier war nichts mehr so wie vor 400 Jahren.
In Armakath wurde sie gebraucht…
Als im verregneten Sauerland die Ereignisse Kapriolen schlugen, holte Zamorra Sabeth hierher. Es zeigte sich, dass nur eine wahre Hüterin der Wurzel die Sicherheit für dieses Land garantieren konnte. Sabeth musste also hierbleiben.
Hier, in einer Gegend, in der die Menschen durchaus noch von Aberglaube und allen übersinnlichen Dingen durchdrungen waren. Sie waren moderne Zeitgenossen - Computer, Satellitenschüsseln und Handys gehörten hier zum Alltag wie in der Großstadt.
Aber wenn in den Betonburgen der Städte das alte Wissen längst tief begraben und vergessen war, so konnte hier noch nahezu jeder eine mehr als merkwürdige Begebenheit zum Besten geben.
Und Sabeth war nun einmal eine Vampirin.
In der Zeit, die sie in der Hölle verbracht hatte, war ihr bewusst geworden, dass sie ihren Blutdurst nicht unbedingt an Menschen stillen musste. Sie hatte gelernt, vom Lebenssaft der unterschiedlichsten Wesen zu existieren. Nichts anderes war ihr übrig geblieben, denn gemeinsam mit ihrem Geliebten Tahum hatte sie sich eine lange Zeit verbergen müssen. Er war auf die Jagd gegangen, hatte die unterschiedlichsten Wesen für Sabeth zur Strecke gebracht. So hatte sie gelernt, den Ekel vor so manchem warmen Saft zu unterdrücken, wenn sie denn weiter existieren wollte.
Dennoch erzählte man sich im Dorf schon lange seltsame Geschichten über die junge Schönheit, die bei dem Engländer wohnte. Brik war hier beliebt, daher war bislang alles nur Getuschel, Tratsch. Irgendwann würde sich das jedoch ändern. Brik kannte seine Sauerländer.
Noch einmal horchte er intensiv auf die Geräusche, die es in einem so alten Haus doch eigentlich immer gab. Wenn sie nicht von Menschen oder Tieren verursacht wurden, dann doch von den dicken Holzbalken, die hier die tragenden Elemente waren.
Doch selbst die schienen verstummt, seit Sabeth unter diesem Dach lebte.
»Lebte«… auch nicht eben die korrekte Bezeichnung für den Daseinszustand eines Vampirs.
Ärgerlich über sich selbst begann Brik wieder, in die Tasten zu greifen. Das aktuelle Manuskript wollte sich irgendwie nicht so wie sonst aus seinem Kopf heraus in schwarze Buchstaben auf dem Monitor verwandeln lassen.
Es war einfach zu viel geschehen. Stoff für ein halbes Dutzend Bücher schlummerten in Brik, doch diese Bücher würde er nie schreiben können. Niemand würde sie als populärwissenschaftliche Werke verlegen. Eher schon als Mystik, Fantasy oder Horror. Doch das war nun einmal rúcht Briks Metier.
Andererseits kannte er einen Mann, der nicht einmal so weit von hier entfernt wohnte - vielleicht 150 Kilometer in Richtung des Ballungsraumes Ruhrgebiet. Vielleicht sollte Brik einmal mit ihm telefonieren? Der schrieb so ein wirres Zeug - und verkaufte es dann auch tatsächlich noch.
Aber nun musste er sich konzentrieren. Er hing nämlich gewaltig mit diesem Manuskript. Jeden zweiten Tag kam aus London die vorsichtige Anfrage per Telefon, wann man denn mit dem Skript rechnen könne? Und so langsam konnte er auch seine lockeren Antworten wie »Wenn ich das Wort ENDE unten auf die letzte Seite gesetzt habe…« schon selbst nicht mehr hören. Sein Verleger würde ihm da zustimmen.
»Möchtest du, dass ich dir einen Kaffee zubereite?«
Brik fuhr mit einem Ruck von seinem Schreibtischstuhl hoch, der von diesem plötzlichen Schwung überrascht quer durch den Raum sauste
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