0848 - Spionin der Hölle
als wäre das jetzt dringend notwendig.
Ehe sie sich in Richtung der schneeweißen Mauer aufmachte, wandte die Erdenfrau sich noch einmal an Galina. »Sorg dafür, dass meine Tochter ehrlich und mit geradem Rückgrat aufwächst, falls ich nicht mehr zurückkehre. Bitte!«
Galina sah nicht zu ihr, doch da war ein kurzes Kopfnicken, dass Yola sehr wohl registrierte.
Yola versuchte, alle Gedanken zu verdrängen, die nicht direkt mit ihrem Auftrag zu tun hatten. Sie durfte sich nicht ablenken lassen, denn nur so bestand zumindest der Hauch einer Chance, ihre kleine Cloe wieder in die Arme zu schließen.
Auf der Mauerkrone konnte sie bequem stehen.
Ihr Blick fiel auf die Monotonie der Farbe Weiß.
Nur schwach waren Yolas Erinnerungen an ihren ersten Aufenthalt in dieser Stadt, die man Armakath nannte. Damals hatte es nur den einen Gedanken in ihrem Kopf gegeben. Sie musste zu einer Mörderin werden, um das Überleben ihrer Tochter zu sichern. Alles andere hatte sich diesem Gedanken untergeordnet. Zudem hatte damals eine wilde Horde von Kreaturen versucht, die Stadt im Sturm zu nehmen.
Jetzt herrschten hier die Stille eines Gottesackers und der totale Stumpfsinn für Yolas visuelles Empfinden. Die Fürstin der Hölle hätte das hier mit eigenen Augen sehen müssen. Vielleicht wäre ihr dann der Unsinn der Aufgabe bewusst geworden, mit der sie Yola betraut hatte.
Mit einem Satz sprang die junge Frau in das Innere der Ummauerung.
Die Luft schien hier ohne jede Bewegung zu sein. Hatte selbst sie sich dem Nichts angepasst, das hier vorherrschte? Yola bewegte sich in Richtung des Stadtkerns, so weit sie den von ihrer Position überhaupt erahnen konnte. Ihre Blicke glitten immer wieder hoch zu den Dächern der so unterschiedlich gestalteten Gebäude. Auf manchen konnte sie die schwarzen Flammen erkennen, die vollkommen gerade in die Höhe stiegen. Es existierte nicht einmal so etwas wie eine schwache Windböe.
Zum ersten Mal in ihrem Leben begann sich Yola nach dem Lärm einer Großstadt zu sehnen.
Der Belag der Straßen schluckte sogar das schwache Geräusch ihrer Schritte. Mit einer Hand fuhr sich das Model durch die Haare. Sie hoffte zumindest von Quietly eine Reaktion spüren zu können, doch das merkwürdige Wesen schien von der Atmosphäre hier nicht minder bedrückt zu sein, als Yola es war.
Schon bald gab sie es auf, in die Häuser links und rechts von ihr zu gehen oder auch nur einen kurzen Blick in das Innere zu werfen. Das Ergebnis blieb stets gleich - alle Gebäude waren vollkommen leer. Aus welchem Grund mochte eine solche Stadt überhaupt existieren? Es wollte ihr keine Antwort einfallen, doch wahrscheinlich musste es auch nicht für alles eine logische Erklärung geben.
Irgendwann blieb Yola einfach stehen, wandte sich wieder um, Sie war weit in das Innere der Stadt gegangen. Mit ein wenig Glück würde sie dennoch den Weg zurück finden, auch wenn das eintönige Weiß eine Orientierung äußerst schwer machte. Sie sah ihre Aufgabe als erledigt an. Es gab hier nichts, was sie hätte ausspionieren können. Irgendwie musste sie das Stygia klar machen.
Ehe sie den ersten Schritt machen konnte, zögerte Yola plötzlich.
Was war das?
Irgendetwas kitzelte ihre Nase. Ein feiner Hauch nur, doch er wurde stärker. Das war Brandgeruch, aufdringlich und beißend. Doch da mischte sich noch etwas anderes mit hinein. Eine süßliche Note.
Was auch immer dort brannte - ganz sicher war es mehr als gewöhnliches Holz oder Kunststoff. Yola war sich sicher, dass sich das Feuer ein lebendes Wesen zum Fraß ausgesucht hatte.
Mit langen Schritten folgte sie dem Geruch, verfiel schnell in leichten Trab. Der Geruch war wie eine unübersehbare Leuchtspur, die sie nicht verfehlen konnte.
Plötzlich sah sie den Brandherd vor sich.
Ein Haus, unscheinbar und eher klein, spie den schwarzen Rauch aus, die es der Kopf einer Tabakspfeife getan hätte.
Doch Yolas Aufmerksamkeit hielt sich nicht lange dort auf - sie sah eine Frau, die in unnatürlicher Haltung auf dem Boden lag. Eine schöne Frau, deren Haarfülle schier unglaublich war. Doch sie sah noch mehr.
Direkt neben der Schönheit kniete ein Mann.
Sie erkannte ihn auf Anhieb, trotz der Haare, die er jetzt im Gesicht trug.
Er war der Mann, den sie, Yola, getötet hatte.
Die Tatsache, dass er nun sehr lebendig nur wenige Schritte von ihr entfernt hockte, brachte sie endgültig aus der Fassung…
***
Professor Zamorra hatte keine konkreten Vorstellungen davon, wie
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