085 - Hexensabbat
handgemalten Plakate mit
Hexenverbrennungen und häßlichen, abscheulichen Dämonen und anderen
Schauergestalten.
Die Trommeln
waren jetzt ganz nahe und viel lauter. Die Musik schien Eingang durch Mornas
Haut zu finden und bis in die äußersten Spitzen ihrer Nervenbahnen zu dringen. Der
kleine ovale Vorraum mündete in einen Saal, groß und' geräumig wie ein Kirchenschiff.
Der Keller war dem Kirchenraum über ihm nachgebildet!
Vorn stand
ein gemauerter Altar mit vielen schmiedeeisernen und auch goldfarbenen
Kerzenständern. Vor dem Altar auf dem Boden lag ein auf den Kopf gestelltes,
schwarzes Kreuz, auf dem Altar ein großes Buch. Der Hexensabbat hatte schon
begonnen. Keiner kümmerte sich um den anderen. Man kam hinzu und wurde Zeuge
der Zeremonie.
Mehrere
Meister waren anwesend, die sich von den »normalen« Mitgliedern dadurch
unterschieden, daß sie Ziegenbockmasken trugen. Dies bestärkte Morna in der
Annahme, daß hier mehrere Zirkel zusammenkamen, um einen großangelegten Sabbat
zu verbringen.
X-GIRL-C
schätzte die Zahl der versammelten Personen auf achtzig bis hundert. Die
Mitglieder standen zum Teil oder saßen auf einfachen Bänken, die an den Wänden entlang
liefen. Andere, von dem wilden Rhythmus gepackt, warfen die Arme in die Höhe,
so daß die weiten Ärmel nach hinten rutschten und die schlanken, weißen und
nackten Arme Preisgaben.
Dumpfes
Stimmengemurmel und vereinzelte, schrille Schreie mischten sich in den
Trommelrhythmus, der immer stärker anschwoll, hektischer und wilder wurde.
Stöhnen und Seufzen erfüllten die Luft. Der Sabbat hatte mit dem Einbruch der
Dunkelheit begonnen. Da waren die ersten Teilnehmer eingetroffen. Jetzt kamen
nur hin und wieder noch einige hinzu. Der Kreis hatte sich geschlossen.
Morna war
zwischen den zuckenden, tanzenden Leibern eingeschlossen. Während sie selbst
unbewußt den Rhythmus der Musik mit den Füßen stampfte. Die Anwesenden bildeten
wie auf einen stillen Wink hin einen großen, weit auseinandergezogenen
Halbkreis. Die Musik, über verborgene Lautsprecher eingespielt, wurden etwas leiser. Durch eine schmale Seitentür trat ein
weiterer Meister.
Er trug ein
goldfarbenes Tablett in beiden Händen, auf dem ein frisch abgeschlagener
Schweinskopf lag. Der Tierschädel lag in seiner eigenen Blutlache. Aus dem
offenen Maul und der Wunde in der Schädeldecke quollen noch dunkle Tropfen
nach.
Ein zweiter
Meister tauchte aus dem Schatten und trug ein großes, goldglänzendes Gefäß, aus
dem stark riechende Dämpfe aufstiegen. Kräutergeruch erfüllte die Luft, der
sich mit süßlichem Blutgeschmack vermischte.
Ein dritter
Meister näherte sich mit einem Kruzifix dem Altar. Das Kruzifix wurde mit dem
Blut aus dem goldschimmernden Gefäß bespritzt. Gotteslästerungen wurden
ausgesprochen. Die Anwesenden beteiligten sich daran und wiederholten, was sie
hörten, daß es dumpf und drohend wie ein Gewitter durch das geräumige Gewölbe
hallte.
Morna fühlte
die zunehmende Benommenheit, die wie ein schleichendes Gift von ihrem Körper
Besitz ergriff. Der schwere, betäubende Geruch füllte ihre Lungen, sie sah
alles wie durch einen blutrot wabernden Nebel. Musik, der Rhythmus, der Geruch,
die Bewegungen und das Seufzen und Stöhnen der sich bereits wie in Trance
befindlichen Teilnehmer schlug sich auch auf sie nieder, obwohl sie versuchte,
die Herrschaft über ihren Willen nicht zu verlieren.
Es wurde
immer schwerer. Aber noch hatte sie sich in der Gewalt, wußte, was sie dachte,
sah und hörte und begriff auch, daß diese unheimliche Zeremonie erst die
Einleitung zu etwas noch Größerem war. Wie durch Zauberei wurden plötzlich
funkelnde Gläser verteilt, die halb mit einer rötlichen Flüssigkeit gefüllt
waren. Ehe Morna sich versah, wurde auch ihr ein gefülltes Glas in die Hand
gedrückt.
»Trinken wir,
Schwester«, sagte eine rauchige Stimme neben ihr. Im Schatten der Kapuze
funkelten sie zwei fiebrig glänzende Augen an. Ein schmales, helles Gesicht
schimmerte im Schatten wie von innen heraus beleuchtet. Es war Patsy Taylor.
Sie lächelte, und ihre weißen Zähne hoben sich im Dunkel ab.
Sie hob
prostend das Glas. Morna konnte die Situation nicht anders meistern und sich
abseits stellen. Es blieb ihr keine andere Wahl als mitzutrinken. Wie Feuer
rann es ihre Kehle hinab. Sie wußte nicht, was für ein Getränk sie schluckte.
Es war eine Mischung von hochprozentigem Alkohol, Kräutern und Blut. Nur eine
halbe Minute verging, ehe sie die unheimliche
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