085 - Hexensabbat
. ..«
»Wo?« Jetzt
erst gelang es Dhunan , sich aus der Erstarrung zu
lösen.
Aber Whyller schien ihn schon nicht mehr zu hören. Die Tür zum
Krankenzimmer wurde aufgerissen. Die Schwester, die verantwortlich für die
Überwachung des Patienten war, hatte auf den Instrumenten die veränderten Werte
registriert und sofort dem Chefarzt durchgegeben. Der breitschultrige Mediziner
stürzte in den Raum.
Er warf einen
Blick auf den Patienten unter dem Sauerstoffzelt. Reverend Dhunan war von seinem Stuhl aufgesprungen und blickte mit ängstlichem Gesicht auf den
nun tobenden Patienten.
George Whyller warf seinen Kopf von einer Seite zur anderen. Er
schrie wie von Sinnen, sein Gesicht lief puterrot an und verfärbte sich dann zu
einem dunklen Violett.
Er benahm
sich als würden ihn unsägliche Schmerzen peinigen, unsichtbare Dämonen ihn
geißeln.
»Die Strafe !« gellte seine Stimme aus dem Lautsprecher. Er riß die Arme
in die Höhe. Das Pflaster auf seiner Vene wurde abgerissen. Auch die
Injektionsnadel rutschte aus der Ader und schlitzte sie über zwei Zentimeter
voll auf, so daß dunkle Blutstropfen auf das weiße Bettzeug quollen.
»Helfen Sie
mir, Reverend! Ich will nicht sterben, nicht auf diese Weise. Diese verdammten
Kreaturen, nennen sich Menschen, Bestien sind es, legen Sie Ihnen das Handwerk!
Beten Sie für mich, bitte, und denken Sie an das dritte Haus
.. .«
Whyller hatte
ausgelitten. Sein Kopf fiel auf die Seite, sein Körper streckte sich.
Der Chefarzt
öffnete das Sauerstoffzelt und begann sofort mit Herzmassage. Aber da war
nichts mehr zu machen.
Der
Mediziner, die Schwester und der Priester sahen sich an. Ein tiefer Atemzug hob
und senkte die Brust des Arztes.
»Ich bin seit
zwanzig Jahren in diesem Krankenhaus«, sagte er tonlos, und mechanisch griff er
in seine Hosentasche und brachte ein noch zusammengefaltetes, blütenweißes
Taschentuch zum Vorschein, mit dem er sich die Stirn abtupfte. »Ich habe noch
niemand so sterben sehen .«
Der Chefarzt
blickte den Geistlichen an. »Ich hatte Sie ausdrücklich darum gebeten, den
Patienten so wenig wie möglich sprechen zu lassen. Er hatte eine Chance,
durchzukommen .«
»Nein, die
hatte er nicht«, entgegnete der Priester mit leiser Stimme. Er stand sichtlich
erschüttert unter dem Eindruck der Ereignisse. »Er hat sich nicht selbst in
diese Erregung gesteigert. Ich fürchte, daß hier Mächte und Kräfte wirksam
geworden sind, von denen wir uns keine Vorstellung machen .«
»Wie meinen
Sie das ?« wollte der Arzt wissen.
»Es ist kein
Beichtgeheimnis, Mister Whyller hat frei darüber zu
mir gesprochen. Aber ich möchte mich im Moment dazu nicht äußern. Es ist
wichtig, daß eine andere Stelle so schnell wie möglich von dem Vorfall hier
erfährt. Ich nehme an, daß Sie aufgrund meines Gespräches Besuch von Scotland
Yard bekommen werden, Doktor. Wahrscheinlich will man von Ihnen mehr über das
Ableben dieses unglücklichen Menschen wissen. Mister Whyller starb keines natürlichen Todes !«
●
Inspektor
Tabbert hob bedauernd die Schultern als Helen Garison sich erhob, um sich zu verabschieden.
»Tut mir
leid, Madam«, sagte er leise. »Ich hätte Ihnen gern eine bessere Nachricht
übermittelt. Wir haben unser Bestes getan. Durch Funk und Fernsehen haben wir
die Meldung verbreitet, jeder Bobby an der Straßenecke hat eine Fotografie
Ihres Jungen, und wir haben eine Anzahl von Personen vernommen, die glaubten,
etwas gesehen zu haben. Leider ohne Erfolg!«
»Es ist heute
schon der vierte Tag .« Helene Garisons Mundwinkel zuckten. »Ich fürchte, daß etwas Schlimmes passiert ist .«
Paul Tabbert
fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Auch er fürchtete das. Aber das konnte
er dieser schwergeprüften Frau nicht so ohne weiteres sagen.
»Noch ist
nichts entschieden, Mrs. Garison «,
meinte der Inspektor. »Vier Tage besagten noch gar nichts .«
»Aber wo kann
er denn nur sein - falls er noch am Leben ist? Ein Erpresser hat sich bis zur
Stunde nicht gemeldet .«
»Wir wissen
nichts Genaues. Wir vermuten jedoch, daß Jonny von irgendeiner Person
festgehalten wird. Aus welchen Gründen auch immer - es entzieht sich unserer
Kenntnis. Wir brauchen neue Fakten, und wir brauchen vor allen Dingen Zeit .«
»Zeit, ja,
Zeit.« Sie sagte es so mechanisch und tonlos wie ein Roboter.
Inspektor
Tabbert geleitete seine Besucherin zur Tür. Gebückt wie eine alte Frau verließ
Helen Garison Scotland Yard. Tabbert sah ihr von
seinem
Weitere Kostenlose Bücher