085 - Professor Kulls Blutnixe
das kristallklare Wasser. Bunt schillernde Fischschwärme ergriffen erschrocken die Flucht, als der Schatten des Hubschraubers auf sie fiel.
Neben Kull saß Robert McEveely.
Oder Atax, die Seele des Teufels, in Menschengestalt. Wie man will…
Professor Kull wandte sich an seinen schwarzhaarigen Begleiter. »Übrigens: Tony Ballard ist tot.«
McEveely sah den Professor überrascht an. »Tatsächlich? Woher hast du diese Information?«
»Von meinen Männern.«
»Sind sie zuverlässig?«
»Ich denke schon. Wer für mich arbeitet, muß zuverlässig sein. Mit Versagern mache ich kurzen Prozeß.«
»Wie wir«, sagte Atax. »Versager kommen vor das Tribunal der Dämonen und enden auf dem Richtblock des Grauens.«
Kull war von seinem Verbündeten fasziniert. Atax hatte bis jetzt noch nichts gefordert, hatte ihn immer nur unterstützt. Eine solche Partnerschaft gefiel Kull. Er konnte weiterhin frei entscheiden, schalten und walten, wie es ihm beliebte, und wenn er zu all dem, was er zu geben imstande war, auch noch Magie einsetzen wollte, sprang Atax jederzeit mit seiner ungeheuren Kraft ein. Angenehm, sehr angenehm war diese Verbindung, die Mortimer Kull nur Vorteile brachte.
»Was ist dem Dämonenhasser zugestoßen?« wollte der Dämon wissen.
Kull erzählte es ihm.
McEveely rümpfte die Nase. »Und wo ist der Beweis, daß Tony Ballard tot ist?«
»Na hör mal, so weit kann kein Mensch zurückschwimmen, und es gibt genug Haie, denen ein einsamer Schwimmer hervorragend schmeckt.«
McEveely schüttelte den Kopf. »Einen Feind wie Tony Ballard wirft man trotzdem nicht einfach nur ins Meer. Man bringt ihn vorher sicherheitshalber um.«
»Ich glaube nicht, daß uns Ballard noch mal Schwierigkeiten machen wird«, sagte Mortimer Kull überzeugt. »Wir können ihn getrost vergessen.«
Der Hubschrauber erreichte die Insel. Flappernd hing er einige Augenblicke über dem weiß markierten Landekreis, dann sank er langsam nach unten und setzte schließlich auf.
Während sich das große Rotorblatt noch drehte, öffnete Professor Kull die Kanzeltür und stieg aus. Gebückt verließ er den Rotorbereich. Robert McEveely folgte ihm.
Atax bediente sich nicht immer dieser Gestalt. Er haßte es eigentlich, sich in die Enge eines menschlichen Körpers zu zwängen, aber er tat es, um weitestgehend unauffällig zu bleiben.
Heute nannte er sich Robert McEveely, morgen konnte er schon ganz anders heißen und auch aussehen. Ihm waren in dieser Hinsicht keine Grenzen gesetzt.
Auch darum beneidete ihn Mortimer Kull.
Es wäre nicht übel gewesen, selbst dämonische Fähigkeiten zu besitzen. Dann hätte er sich nicht mehr auf Atax' Unterstützung verlassen müssen. Wenn die Seele des Teufels ihm einmal nicht helfen wollte, mußte es ihm auch recht sein. Zwingen konnte er Atax nicht.
Es gab Momente, da spielte Mortimer Kull mit dem Gedanken, den ganz großen Schritt zu tun.
Atax hätte ihm bestimmt helfen können. Er hatte von Dämonenweihen gehört. Wenn ein Mensch sich ihr unterzog, hörte er auf, Mensch zu sein, wurde zum Dämon und somit unsterblich, unverwundbar - und konnte sich obendrein höllischer Kräfte bedienen. Aber er mußte Asmodis als seinen Herrn und Gebieter anerkennen, und das störte Kull dabei. Er wollte seine Unabhängigkeit nicht verlieren. Sie war ihm heilig. Er konnte es nicht vertragen, jemanden über sich zu haben, dem er möglicherweise gehorchen mußte, von dem er Befehle entgegennehmen, von dem er sich sagen lassen mußte, was zu tun war.
Aber Unsterblichkeit… Damit liebäugelte Mortimer Kull schon lange. Immer jung und vital zu sein, niemals zu altern, das war schon verlockend. Alle Menschen, mit denen er heute zusammenarbeitete, würden alt werden und sterben. Er würde sie durch neue Kräfte ersetzen und selbst die Zügel nie aus der Hand geben müssen. Er hätte mehr Zeit gehabt, seinen Plan, die Welt zu beherrschen, zu verwirklichen.
Wenn er es mit dieser OdS-Generation nicht geschafft hätte, dann eben mit der nächsten oder übernächsten. Für ihn hätte das dann keine Rolle mehr gespielt.
Verlockend wären diese Aussichten schon gewesen. Das einzige Haar in der Suppe war eigentlich nur Asmodis. Aber redete der Höllenfürst Atax viel drein? War Atax nicht ziemlich frei in seinen Entscheidungen?
Der Haken an all diesen Überlegungen war vermutlich, daß man als Mensch nicht gleich so hoch einsteigen konnte, um mit Atax auf derselben Stufe zu stehen. Bestimmt wurde man tiefer eingereiht
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