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0851 - Wir jagten das bleiche Gesicht

0851 - Wir jagten das bleiche Gesicht

Titel: 0851 - Wir jagten das bleiche Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hatte sich gezeigt, sonst hätte mein Kreuz nicht reagiert.
    »He, John, willst du da festwachsen?« Sukos Stimme riß mich aus meinen Überlegungen. Mein Freund war stehengeblieben und hatte sich halb gedreht, um mich anschauen zu können.
    »Nein, nein, ich komme.«
    Suko erwartete mich. Harry Stahl stand einige Schritte weiter.
    Sorgenfalten zeichneten seine Haut.
    »Ist was gewesen?« fragte Suko.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Ich sehe es deinem Gesicht an. Du machst den Eindruck, als wäre dir etwas widerfahren, mit dem du nicht zurechtkommst.«
    »Stimmt.«
    »Was war es?«
    »Hast du das Gesicht gesehen?« fragte ich ihn flüsternd.
    »Bitte – was?«
    »Das Gesicht.«
    »Wo denn?«
    Ich zeigte zum Himmel. »In den Wolken, Suko. Dort hat es sich abgezeichnet.«
    »Das stimmt doch nicht.«
    Ich nickte. »Doch, doch, genau da habe ich es gesehen. Und du kannst mir glauben, Suko, ich habe mich nicht geirrt. Es ist da oben gewesen. Zwar nur für einen Moment, aber immerhin.«
    Er rieb seine Augen. »Leider bin ich überfragt. Ein Gesicht habe ich jedenfalls nicht entdecken können. Außerdem schaute ich nach vorn und nicht in die Höhe.«
    »Es war ein Frauengesicht.«
    »Rita?«
    »Wer sonst?«
    »He, was habt ihr denn da zu flüstern?« beschwerte sich Harry Stahl. »Gibt es was Besonderes?«
    Ich schüttelte kurz den Kopf, Suko verstand. Ich wollte es Harry nicht sagen, aber er wartete auf eine Antwort und bekam sie auch.
    »Ich habe mich nur über diese Atmosphäre gewundert. Man spürt förmlich, was damals hier passiert ist.«
    Harry lächelte knapp. »Hätte mir das ein anderer gesagt, so hätte ich ihn ausgelacht, aber nicht bei dir.«
    »Wir werden fündig!« behauptete ich.
    »Und was finden wir?«
    »Zumindest eine Rita Reinold. Oder das, was sie zurückgelassen hat.«
    »Was könnte das gewesen sein?«
    »Ihr feinstofflicher Körper muß, wenn die Aussagen stimmen, hier irgendwo umhergeistern.«
    Harry nickte nur. Er wollte noch immer nicht so recht daran glauben. Vielleicht hatten ihm meine Worte auch nur Mut machen sollen, wer konnte das schon wissen? Jedenfalls blieben wir zusammen, als wir uns der Mauer näherten.
    Früher war der Eingang durch ein auf Schienen laufendes Eisentor verschlossen gewesen. Und auch über die hohe Mauer hatte niemand klettern können, was nicht allein an der Mauer lag, sondern auch an den damals mit Hochspannung gespickten Drähten, die über die Krone hinwegliefen.
    Uns konnte das alles nicht mehr kümmern. Wir hatten freie Bahn und gelangten durch das offene Tor in den Innenhof, wo wir stehenblieben und uns umschauten.
    Harry hatte den Mund verzogen und eine leichte Gänsehaut bekommen. Diese Umgebung machte ihn höchstens negativ an, und auch mein Freund Suko fühlte sich nicht wohl, wie ich an seiner gerunzelten Stirn erkannte. Er sah aus, als würde er über irgendein Problem nachdenken, ohne allerdings zu einem Abschluß zu gelangen.
    Der Detektiv sprach das aus, was auch Suko und ich dachten.
    »Hier ist man lebendig begraben, glaubt mir.«
    Von uns widersprach keiner.
    Unkraut, Gräser und Steine bildeten den »Belag« des Innenhofes.
    Wir mußten die Füße schon sehr anheben, um nicht an jeder Stelle zu stolpern. Den offiziellen Eingang hatten wir schnell entdeckt.
    Auch deshalb, weil noch ein vergilbtes Blechschild in seiner Nähe an der Wand hing. Der Text war nicht mehr zu lesen, hatte aber irgend etwas mit Arbeit und Sozialismus zu tun.
    »Da sind die armen Schweine hineingegangen und nicht mehr rausgekommen«, murmelte Harry. Er atmete tief ein. Gerade ihn, der er Deutscher war, mußte dieses Stück sichtbare Vergangenheit besonders berühren. Das konnten wir gut verstehen.
    Ich versuchte es mit einem Trost. »Das ist Vergangenheit, Harry, denk nicht mehr daran.«
    »Das sagt sich so leicht. Auch ich habe früher mal, in jungen Jahren, an diesen Staat geglaubt.« Er hob die Schultern. »Und was ist jetzt, John? Ich bin wieder einmal in die Mühlen des Staates geraten. Man hat mir den Job genommen, man hat mich eiskalt und mit einem fast lächelnden Gesicht auf die Straße gesetzt. Suspendierung, ein tolles Wort, herrlich umschrieben für den Sturz in Armut und Vergessen.«
    »Das könnte ja bald vorbei sein.«
    »Klar, so hörte es sich an. Ich habe aber gelernt, den Institutionen nicht zu glauben. Egal, welche Seite sie auch vertreten. Ich bin da eben komisch.«
    »Darüber laß uns später reden«, schlug ich vor und deutete auf den Eingang. »Das hier

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