0852 - Feuer, Asche, altes Blut
brennendes Gespenst innerhalb der Rauchschwaden auftauchen. Er ging durch den Raum, als würde er ihm gehören. Der König des Feuers, der Herr über Leben und Tod. Sie konnte nicht herausfinden, ob er grinste, nahm es aber an, und sie glaubte auch, sein Lachen zu hören.
Das Geräusch wurde sehr bald von einem anderen überlagert, denn die ersten Wasserstrahlen jagten in den zerstörten Raum hinein und vernichteten noch den Rest.
Feuerwehrmänner folgten den Strahlen. Sie wollten retten, was noch zu retten war, denn nicht alle Gäste hatten die Flucht geschafft.
Einige befanden sich noch in dieser Hölle, durch die sie blind taumelten.
Shao aber dachte an den Mann.
Sie wollte ihn. Sie wollte zumindest wissen, wohin er sich abgesetzt hatte.
Leider war er nicht mehr zu sehen. Er hatte die Gunst der Minute ausgenutzt und war verschwunden. Dabei war er nicht auf dem normalen Weg aus dem Café gelangt, er mußte sich noch in der Passage befinden. Shao war zwar angesengt, aber nicht so schwer verletzt, als daß sie sich nicht hätte bewegen können. Sie dachte in diesem Fall so, wie sie es gewohnt war. Sie wollte und mußte diesen Feuer-Vampir stellen, und sie wollte deshalb den Weg wieder zurücklaufen.
Der Ring der Menschen war zu dicht.
Hinzu kamen die Polizisten, die eine Kette aus Leibern gebildet hatten. Sie sperrten ab, was vernünftig war. Niemand sollte sich noch einmal in Gefahr begeben.
Von Shaos Motiven ahnten sie nichts. Sie schickten die Chinesin wieder zurück, die einsah, daß sie verloren hatte. Den Brandstifter verdrängte sie aus ihrem Gedächtnis, denn jetzt ging es um Ellen Flint. Sie wollte wissen, ob die Bekannte noch lebte, fragte sich durch bis zu einem der großen Ambulanzwagen, aber man konnte ihr keine Antwort geben. Zu viele Verletzte und Schwerverletzte wurden herangeschleppt, und manche der qualmenden Körper sahen aus, als würden sie nie mehr erwachen.
Shao schaute zu.
Sie fühlte sich so hilflos. Die Hände hatte sie zu Fäusten geballt, und an ihren Wangen liefen die Tränen entlang. Sie zeichneten helle Spuren in die Asche auf ihrem Gesicht.
Was Shao in diesem Café erlebt hatte, das war keine normale Brandstiftung gewesen, da spielten andere Dinge eine Rolle, und sie wußte auch, welche.
Dämonie, Schwarze Magie. Ein schreckliches Wesen aus dem Reich der Finsternis. Ein Vampir, der Feuer spie. Shao hatte schon einiges erlebt, das aber nicht. Normalerweise sind Flammen die Todfeinde der Blutsauger, ebenso wie geweihtes Silber, Knoblauch oder der Eichenpflock. Was sie bei diesem Wesen allerdings erlebt hatte, das widersprach den Regeln.
Ohne es sich richtig bewußt zu werden, hätte sie den Schauplatz des Geschehens verlassen. Sie war einfach weitergegangen, noch den Brandgeruch in Mund und Nase. Ihre langen Haare sahen nicht mehr so aus wie früher. Sie waren verkohlt und angesengt. Viel kürzer, aber das war nicht weiter tragisch. Sie würden nachwachsen.
Es zählte nur, daß sie ihr eigenes Leben gerettet hatte.
Doch Shao dachte weiter.
Und die Idee kam ihr, als sie die Telefonzellen sah. Zwei standen zusammen, eine davon war frei.
Shao huschte hinein.
Der Raum war eng, sie bekam es plötzlich mit der Angst zu tun.
Den Grund wußte sie selbst nicht. Während sie nach der Telefonkarte suchte, ließ sie ihren Blick durch die Scheiben gleiten.
Der Brand hatte für einen mächtigen Verkehrsstau gesorgt. Nichts lief mehr auf der Straße.
Doch auf dem Gehsteig sah sie Menschen.
Und sie sah den gelbhaarigen Feuer-Vampir.
Er starrte in die Zelle.
Er lächelte.
Shao spürte, wie sich die Haut auf ihrem Rücken zusammenzog.
Sie rechnete auch damit, daß der Feuer-Vampir im nächsten Moment eine Flamme auf die Zelle schleuderte.
Er tat es nicht.
Nahezu locker und lässig drehte er ab und ging davon, als wäre nichts geschehen.
Shao atmete stöhnend auf. Mit dem Rücken lehnte sie sich gegen die Wand und schüttelte den Kopf. Dieser Kelch war gerade noch an ihr vorübergegangen, aber sie wußte sehr genau, daß er zurückkehren würde. Dieser Dämon hatte sie angeschaut, als wüßte er sehr gut Bescheid.
Endlich raffte sie sich auf, die Nummer ihres Partners Suko zu wählen. Das war ein Fall für ihn und John Sinclair…
***
Wir fanden Shao an der Telefonzelle. Sie wartete dort auf uns wie abgemacht, und sie war nicht mal erstaunt, als sie Jane Collins sah, die bei uns war.
Suko schloß seine Partnerin in die Arme und preßte sie an sich.
»Mein Gott, bin ich
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