0854 - Jäger der verlorenen Seelen
jetzt, daß Sie und die Familie Wayne nicht getrennt bleiben. Sie müssen zusammen sein.«
»Wo denn?«
Ich überlegte noch, als mir mein Vater zu Hilfe kam. »Vielleicht bei uns im Haus, John.«
»Gute Idee, Dad.« Ich schaute meine Mutter an. Sie hatte nichts dagegen, denn sie nickte.
Auch die Travers waren einverstanden. Kate fragte nur: »Werden Sie das in die Wege leiten, Mrs. Sinclair?«
»Wenn Sie es wünschen, gern.«
»Ja, das wäre nett.«
Sie lächelte. »Ich mache es.«
Gordon Travers hob den Arm. »Wann wäre das denn soweit?« wollte er wissen.
»Am frühen Abend. Aber noch vor Einbruch der Dunkelheit.«
Sie waren einverstanden.
Meine Mutter sprach mich an. »Du und Vater werdet jetzt zu dem Küster McGeoff fahren?«
»Das hatten wir vor.«
»Dann bin ich wieder im Haus.«
So richtig wohl fühlte ich mich dabei nicht. »Gut.« Ich stimmte schließlich zu. »Aber sei vorsichtig.«
»Keine Sorge, mein Junge. Ich bin ja nicht wie dein Vater. Ich werde mich währenddessen hier im Ort aufhalten. Da kann mir ja wohl nichts passieren. Um achtzehn Uhr bin ich im Haus.«
»Einverstanden.«
Wir verabschiedeten uns von der Familie Travers. Sie würden sich noch mit den Waynes in Verbindung setzen und alles weitere besprechen. Auf der Straße und als wir neben dem Wagen standen, fragte mein Vater mich: »Bist du zufrieden oder erleichtert? Meinst du, daß wir alles richtig gemacht haben?«
»Das weiß ich beim besten Willen nicht, Dad. Wer macht schon alles richtig? Ich kann nur hoffen, daß jetzt die geschaffenen Voraussetzungen für alle Beteiligten besser sind.«
»Das meine ich auch.«
»Wo wohnt der pensionierte Küster?«
»McGeoff hat ein kleines Haus. Es liegt zwischen dem Friedhof und der Kirche. Er hätte auch woanders hinziehen können, das wollte er nicht. Er liebt diesen Platz. Er hatte immer viel Zeit und einiges aufgeschrieben, was hier in den letzten Jahrzehnten passierte. Der hat sich auch in den Kneipen herumgetrieben und immer seine Ohren offen gehalten. McGeoff war die Zeitung auf zwei Beinen.«
Ich mußte lächeln, als ich den Vergleich hörte. Dann stiegen wir ein und fuhren ab…
***
Früher hatte sich Dundee McGeoff jeden zweiten Tag rasiert. Nach seiner Pensionierung hatte er sich darum nicht mehr gekümmert, und so war ihm ein stolzer Bart gewachsen, dessen Spitzen beinahe die Brust berührten. Der Bart war grauweiß und unterschied sich von der Farbe her auch nicht von seinen Haaren.
McGeoff lebte allein.
Er war auch nie verheiratet gewesen, sondern zählte zu den eisernen Junggesellen, die eine Frau nur als störend empfanden. Er hatte immer tun können, was er wollte. Niemand hatte ihm Vorschriften gemacht, wenn er in die Kneipe ging, und niemand hatte ihn ausgeschimpft, wenn er erst am nächsten Morgen von seinen Trips nach Hause kam. Jedenfalls hatten die Glocken immer pünktlich geläutet, bis auf eine Ausnahme, aber da war er krank gewesen.
McGeoff war jetzt zweiundsiebzig Jahre. Er hätte seine Arbeit auch noch weiter getan, doch der neue Pfarrer hatte ihn in Pension geschickt. So untätig, wie mancher annahm, war er allerdings nicht.
Dazu hatte er zuviel erlebt während seiner beruflichen Tätigkeit.
Und er hatte alles aufgeschrieben. Ein persönliches Tagebuch war so entstanden, und er war nun dabei, diese handschriftlichen Notizen in eine andere Form zu bringen.
Dafür hatte er sich eine Schreibmaschine gekauft. Keinen neumodischen Kram, sondern eine alte mechanische Maschine, die aber noch in Ordnung war. Für einen Anfänger wie ihn gerade richtig.
Seit einigen Wochen hörten Spaziergänger, wenn sie um sein Haus herumstrichen, immer wieder das Geklapper. Jeder wunderte sich.
McGeoff wurde auch oft genug an der Theke danach gefragt, doch seine Antworten waren nie konkret gewesen. Er hatte nur davon gesprochen, daß man sich doch bitte sehr überraschen lassen sollte.
Der komplette erste Stock seines kleinen Hauses wurde von Mc Geoff nicht bewohnt. Sein Reich waren die unteren Zimmer, sehr klein, aber gemütlich.
Es war kein modernes Haus, es gab auch keine Heizung. Wenn er es im Winter warm haben wollte, schaufelte er Kohlen in die Öfen, aber schon im April verzichtete er hin und wieder auf die Wärme.
Kälte störte ihn nicht, auch in der Kirche war es immer sehr kalt gewesen.
Es gab allerdings etwas, das ihn störte. In den letzten Tagen war dieser unheimliche Vorgang das Gesprächsthema Nummer eins in allen Kneipen, Geschäften und
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