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0854 - Jäger der verlorenen Seelen

0854 - Jäger der verlorenen Seelen

Titel: 0854 - Jäger der verlorenen Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hervor.
    »Aber warum soll ich gehen? Warum soll ich weg?«
    »Weiler da ist!«
    »Uliak?« Seit langer Zeit sprach der Küster wieder den Namen aus und wunderte sich darüber, wie glatt er ihm doch über die Lippen gedrungen war.
    »Er hat uns geholt.«
    »W… wie denn?«
    »Wir wurden begraben. Wir waren lebendig. Er wird weitermachen. Er ist zurück…«
    Glücklicherweise stand hinter McGeoff ein Tisch. An ihm konnte er sich abstützen. Sein Herz schlug viel schneller als sonst. Er hatte das Gefühl, als wäre die Küche dabei, sich vor seinen Augen zu drehen. Im Kopf zuckte es, denn diese letzte Antwort hatte auch den letzten Schleier herabgerissen.
    Lebendig begraben!
    Ja, wie damals, wie bei ihm…
    Er öffnete den Mund und holte Luft. Sehr kalt drang sie in seine Kehle. Dundee wußte, daß er Fragen stellen wollte, doch er bekam die Worte nicht sortiert.
    »Wir haben dich gewarnt!« sirrte es ihm entgegen.
    Plötzlich konnte er reden. »Ist er schon da?«
    »Auf dem Friedhof…«
    »Hinter der Hecke?«
    »Flieh, McGeoff, flieh!« Sie warnten ihn, und sie streckten ihm die Hände entgegen. Er schaute dabei in ihre feinstofflichen Gesichter.
    Selbst dort zeichneten sich die Furcht ab. Noch als Geister fürchteten sie ihn. Es mußte schrecklich sein, so schlimm, daß man es kaum aussprechen konnte. Der alte Küster bewegte seinen Kopf. Er schaute zum Fenster hin. Sonnenschein drang durch die Öffnung in das Zimmer, aber keine dunkle Gestalt schob sich in den Strahl.
    Für McGeoff hatte das nichts zu sagen. Er vertraute diesen vier Geisterwesen, die so schrecklich unter Uliak gelitten hatten.
    Aber er hatte sich auch mit ihrem Erscheinen abgefunden und etwas mehr Mut geschöpft. Er würde ihnen Fragen stellen. Es standen trotz seines Wissens noch zu viele Antworten offen. Jetzt war die Chance, die endgültige Wahrheit zu erfahren.
    Nein, nicht mehr.
    Soeben noch bekam der alte Küster mit, wie sich die vier Gestalten bewegten. Sie drehten sich um die eigene Achse, sie befanden sich wieder nahe der Tür.
    Plötzlich waren sie nicht mehr da.
    Die Luft hatte sie aufgesaugt, diese Gestalten kurzerhand integriert, und McGeoff war allein.
    Er mußte sich zunächst einmal setzen. Schwer plumpste er zurück auf seinen Stuhl, blieb dort hocken und schüttelte immer wieder nur den Kopf. Was er in den letzten Minuten – oder waren es nur Sekunden gewesen? – erlebt hatte, das glaubte ihm kein Mensch. Das war einfach unglaublich und unwahrscheinlich. Er kam damit nicht zurecht, denn da waren plötzlich irgendwelche Annahmen und Theorien wahr geworden. Er hatte Besuch bekommen. Besuch von vier Toten.
    Der alte Küster hob die Hände. Er fuhr mit den Fingern zunächst durch seinen Bart, bevor er die Handflächen gegen das Gesicht schlug und sich einen Moment später die Haare raufte.
    Wie war das nur möglich gewesen?
    Er packte es nicht.
    Zwar dachte er darüber nach, und er holte auch all seine Theorien hervor, mit denen er sich lange Zeit über beschäftigt hatte, doch die Wirklichkeit zu erleben, war schon etwas anderes, als irgendwelchen Vorstellungen und Theorien nachzulaufen.
    Er war siebzig geworden. Sollte er denn noch weiterleben, so wußte er auch, daß sich sein Leben von dieser Minute an verändert hatte. Er würde die Welt jetzt mit anderen Augen betrachten als früher.
    Unter Umständen gelang es ihm auch, mehr über die metaphysischen Dinge zu erfahren, die von den meisten Menschen radikal abgelehnt wurden.
    Hier aber waren sie existent. Es gab sie. Er hatte sie am eigenen Leibe erlebt. Noch im Nachhinein schauderte er zusammen, als er an den eisigen Hauch dachte, der ihn berührt hatte.
    Er bewegte seine Hände. Die alt gewordenen Gelenke knackten.
    Dieses Geräusch ließ ihn seltsamerweise wieder an die Warnung denken, die ihm die vier Geister überbracht hatten.
    Er stand auf der Liste.
    Sein Tod war eine beschlossene Sache.
    Uliak, der Ukrainer, war zurückgekehrt, um sich zu rächen. Verdammt, er hatte es immer gewußt. Er hatte sie damals auch gewarnt, aber selbst der Pfarrer hatte nicht auf ihn gehört.
    Ich bin noch zu jung, um jetzt schon sterben zu wollen, dachte er und stand auf.
    Eigentlich hätte er schon längst verschwunden sein müssen, aber er hatte einfach nicht die Kurve gekriegt. Das würde sich ändern.
    Wie ein Fremder verließ er die Küche. Er ging dabei auf Zehenspitzen, auf jedes fremde Geräusch lauschend.
    Im schmalen Flur blieb er stehen. Die Haustür war nicht weit entfernt,

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