0854 - Sklavendämonen
Gefühl, ein Zeichen der Schwäche. Wovor solltest du dich fürchten?
Zamorra ertappte sich dabei, wie er den Griff des E-Blasters mit einer Hand umschloss und sich wünschte, wenn schon nicht das Amulett, so zumindest einen Dhyarra-Kristall bei sich zu haben.
»Aber wo?«, fragte Langlois, immer noch zitternd. »Wo wird dieser Tunnel enden?«
Statt einer Antwort, fasste Zamorra den Archäologen am Arm und zog ihn mit sich weiter. Die Stollenwände waren merkwürdig glatt und wiesen keinerlei Vorsprünge oder Scharten auf. Einen natürlichen Ursprung schloss Zamorra damit aus. Irgendjemand hatte diesen Tunnel vor langer Zeit in die Erde getrieben und ihn anschließend mit einem Tor, härter als Stahl, verschlossen. Die Frage war, warum es sich ausgerechnet jetzt geöffnet hatte? War einer der Bauarbeiter versehentlich an einen verborgenen Mechanismus gekommen? Oder hatten die Wesen, die jenseits des Tores lebten, gespürt, dass ihnen nun der Zugang zum Montreal der Gegenwart freistand?
Je länger Zamorra darüber nachgrübelte, desto mehr schien er sich von Antworten zur Lösung des Rätsels zu entfernen.
Langlois holte ihn mit einem überraschten Ausruf aus den Gedanken. »Da vorne ist Licht!«
Zamorra blickte hoch. Tatsächlich war in der Ferne ein schwacher Schimmer auszumachen, der mit jedem Schritt heller wurde.
»Beeilen wir uns«, sagte der Parapsychologe und beschleunigte seinen Gang, bis er fast in ein leichtes Jogging verfiel. Langlois stolperte hinter ihm her.
Kurz bevor sie den Ausgang erreichten, blieb Zamorra stehen und hielt seinen Begleiter zurück.
»Warten Sie!«
Er tastete sich vorsichtig bis zum Ende des Stollens vor. Seltsamerweise war außer dem hellen Schein nichts von der dahinter liegenden Umgebung zu erkennen. Als führte der Tunnel geradewegs in den Himmel.
Oder er liegt in einem Winkel zur Oberfläche, die uns von unserer Position aus direkt in die Luft gucken lässt, dachte Zamorra, verwarf die Idee jedoch im selben Augenblick wieder. Im Tunnel hatten sie keine Steigung überbrückt, und auch jetzt schien ihm der Boden eben zu sein. Zamorra war sich sicher, dass eine Wasserwaage keine Neigung angezeigt hätte.
»Warum sehen wir nicht, was dahinter liegt?«, sprach Langlois die Frage aus, die auch den Parapsychologen bedrückte.
Zamorra rieb sich das Kinn. Wahrscheinlich war hier die gleiche Magie am Werk, die die Schriftzeichen im Tor vor ihm versteckt hatte. Es gab nur eine Möglichkeit herauszufinden, was sich jenseits des Stollens befand.
Professor Zamorra trat über die Schwelle und hinein in das sengende Licht.
»Zamorra!«
Er ignorierte Langlois' Rufen, schloss geblendet die Augen und versuchte, sich zu orientieren. Ehe er riskierte, die Lider einen Spaltbreit zu öffnen, sondierte er die Umgebung mit seinen anderen Sinnen. Es roch nach Wald. Der Duft von Kiefernnadeln und Harz drang ihm in die Nase. Die Luft war sauber. Unverbraucht. Er hörte Vogelgezwitscher vermengt mit anderen Geräuschen, die er im ersten Moment nicht einzuordnen vermochte.
Es war warm. Wärmer als in Montreal.
»Professor!« Langlois Ausruf klang erstaunt.
Zamorra öffnete die Lider. Langsam gewöhnten sich seine Augen an den Sonnenschein und er sog nun das Bild, das sich ihm bot, in sich auf.
»Wo sind wir?«
Sie befanden sich an einem Waldrand. Hinter ihnen lagen die Ausläufer eines Gebirges. Eingeschlossenen in einem vorspringenden Felsen befand sich der Zugang zum Stollen. Die Sonne stand hoch oben hinter den Bergkuppen. Mittagszeit. Dabei waren sie am frühen Morgen aufgebrochen.
»Das glauben Sie mir nicht«, sagte Christophe Langlois.
»Was denn?«
Der Kanadier schüttelte den Kopf und nickte in Richtung des Waldes. »Wenn ich mir diese Bäume anschaue. Hier war ich schon einmal.«
»Und?«, hakte Zamorra nach, als Langlois nicht weitersprach.
»Ich müsste mich schon schwer täuschen, aber das alles sieht nach dem Laurentides Wildlife Reserve aus.«
Zamorra ließ seinen Blick über den Waldrand schweifen. Zu dem Vogelgezwitscher mischten sich nun Geräusche, von denen er nicht wissen wollte, zu welchen Tieren sie gehörten. Ein lang gezogenes Heulen erfüllte die Luft. Gefolgt von einem Fauchen und einem Kreischen.
Der Jäger erlegt die Beute , dache er. Dann fragte er laut: »Gibt es hier irgendetwas Spannendes?«
Christophe Langlois kratzte sich am Hinterkopf. »Nun… Das Problem ist, dass dieses Naturschutzgebiet dreihundert Kilometer nördlich von Montreal
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