0855 - Geisel der Finsternis
aufgerissen, Befehle gebrüllt. Waffen klapperten, als sie gegen die ledernen Panzer der Frauen stießen.
Das alles beeindruckte den Praetor nicht sonderlich. Er konzentrierte sich ausschließlich auf das Gebäude vor ihm. Dann ging er mit einer fließenden Bewegung in die Hocke und schnellte sich mit unvorstellbarer Kraft vom Boden ab.
Die Schreie der Amazonen wurden zu wahren Tonexplosionen, als sie sahen, was dort vor sich ging. Kurz nur verzog der Praetor schmerzhaft das Gesicht, denn dabei entstanden Klangfrequenzen, die ihm unangenehm waren. Doch er scherte sich nicht weiter darum.
Wie ein Geschoss raste sein ungeschlachter Körper in die Höhe, beschrieb eine flache Kurve und schlug exakt in der Mitte des Daches auf.
Dort war nichts, was hätte Widerstand bilden können. Masse und Energie kamen zusammen, durchschlugen das stabile Dach, als wäre es aus Papier errichtet worden.
Als die geschockten Kriegerinnen endlich reagierten, als sie das Gebäude stürmten, da hatte das mächtige Wesen bereits sein Werk verrichtet…
***
Der Drache gab sich Mühe, um seinen Kopf doch noch irgendwie näher an den fetten Brocken zu bringen, doch sein großer Schädel wurde immer und immer wieder von den Gitterstäben gestoppt. Wütend stieß er einen krächzenden Schrei aus, der reichlich heiser klang.
»Und wenn du dir die Kehle aus deinem hässlichen Leib brüllst, du kriegst mich doch nicht.« Artimus wünschte sich nichts mehr als eine Pause. Irgendwann mussten doch selbst diese Kreaturen die Sinnlosigkeit ihrer Versuche einsehen. Irgendwann mussten auch sie schlafen… Irgendwann…
Erneut schoss der eifrigste der Echsenwesen seine lange Zunge in van Zants Richtung ab, erreichte abermals sein Ziel nicht. Der Physiker fühlte, wie sich Hass und Wut in ihm auf diese Kreaturen fokussierten - obwohl er ja wusste, dass sie im Grunde nicht besser dran waren als er selbst.
»Mistvieh - wenn ich hier rauskomme, wenn ich das tatsächlich schaffe, dann brate ich dich über offenem Feuer! Langsam und genüsslich - dann gibt es Drachenteller à la van Zant …« Als er es aussprach, verspürte der Südstaatler plötzlich das riesige Loch in seinem Magen, das sich nun laut und deutlich meldete.
Und für einen Augenblick gaukelte ihm seine überspannte Phantasie doch tatsächlich eine gut durchgegrillte Riesenkeule vor, die vor Fett triefte. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen.
Sein gieriger Blick schien selbst die Echse zu beeindrucken. Unsicher und verängstigt blickend, zog sie sich von den Gitterstangen zurück. Doch nur um Sekunden später wieder mit den sinnlosen Attacken zu beginnen. Van Zant speicherte für sich ab, dass man diesen Flugechsen nicht sonderlich viel Intelligenz zusprechen konnte. Vielleicht schmeckten sie dafür aber ganz köstlich…?
Mit Gewalt verdrängte er seine Hungerphantasien, die ihm mit Sicherheit in den kommenden Stunden noch viel stärker zusetzen würden. Was planten die Amazonen wirklich?
Wollten sie abwarten, bis van Zant verhungert und verdurstet war? Oder bis er sich im Wahn zu nahe an die Stäbe wagte?
Wenn Zamorra nicht auftauchte, dann würde genau das wahrscheinlich über kurz oder lang geschehen. Eher über kurz…
Artimus van Zant sollte jedoch nicht in die Verlegenheit kommen, die Antworten auf seine Fragen zu erleben und zu erleiden, denn schon einen Herzschlag später eskalierte die Situation in einer Form, die er sich so nie ausgemalt hätte.
Mit ohrenbetäubendem Lärm schien die Welt um ihn herum zu explodieren. Artimus schränkte ein: Nicht um ihn, sondern direkt über ihm. Das Dach, aus dicken Holzbalken und bambusähnlichem Material bestehend, wurde durchschlagen, als wäre es überhaupt nicht vorhanden.
Van Zant sah die bullige Gestalt, deren Körpergröße nur als riesenhaft zu bezeichnen war - und sie stürzte zu Boden wie ein massiger Felsbrocken, dem man besser aus dem Weg gehen sollte, wollte man nicht ganz einfach unter ihm zerquetscht werden.
Artimus erkannte das Wesen sofort. Der Praetor! Der Bote der Urbanen - zumindest sah van Zant ihn als solchen.
Ein Todesschrei bewies die Richtigkeit dieser Theorie, denn die acht Fuß hohe Kreatur begrub einen der Drachen unter ihrem Gewicht. Mit seltsam verrenktem Kopf blieb die Echse leblos liegen. Die restlichen Echsen gerieten in Panik, doch das bedeutete nicht, dass sie ihre eigene Kampfkraft vergaßen.
Sie griffen den Praetor an. Ungeordnet zwar, sich gegenseitig behindernd, doch ihre Attacken kamen hart
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