0855 - Kalis Würgertruppe
einlassen. Das sollten Sie wissen.«
»Nicht für Sie Korab, für mich.« Die Augen des Mannes glänzten.
»Wissen Sie, daß in dieser kleinen Figur die Kraft der Göttin steckt? Daß alles, was Sie hier sehen, von ihrer einzigartigen Macht durchdrungen ist. Für Sie ist sie nur eine Figur, ein künstlerisch gestaltetes Stück Holz, aber für mich ist sie mehr. In ihr steckt nicht allein die Kraft, dieses Holz ist mit ihrem eigenen Blut getränkt worden. Es wurde darin gebadet, und aus diesem Grunde stellte sie einen Machtfaktor dar, der alles aus dem Weg räumt, was mir Schwierigkeiten bereiten will. Auch Sie zähle ich dazu.«
»Sie verlassen sich darauf?«
»Ja.«
»Und sie hat schon dafür gesorgt, daß sich Ihre Feinde reduzierten?«
Rasani nickte heftig. »Das kann ich Ihnen schwören. Sie hat es getan, sie ist ein Wunder, an das ich glaube. Und Sie werden ebensowenig eine Chance haben wie die anderen. Diese Göttin ist mein Schutz, mein Leibwächter. Sie wird auch indirekt dafür sorgen, daß dieser Bericht nicht erscheint. Respekt davor, daß Sie sich in die Höhle des Löwen gewagt haben, Korab, aber ohne meinen und ihren Willen hat diese Höhle noch nie jemand lebend verlassen. Ich habe Sie gewarnt, und Sie haben diese Warnungen nicht zur Kenntnis genommen. Sie werden dafür bezahlen müssen, das schwöre ich Ihnen.«
Mandra schwieg.
Aber er spürte die Gefahr.
Etwas zwischen ihm und Rasani hatte sich verändert. Das Gesicht des Teppichhändlers war zu einer bösen Fratze geworden. Er warf plötzlich beide Arme hoch, sprach dabei einen Fluch und schleuderte die Figur einfach von sich.
Mandra duckte sich. Er wurde nicht getroffen, aber er sah, wie die stilisierte Göttin aufschlug.
Einen Moment später zischte rauchiger Nebel hoch. Er hörte einen bösen Schrei, die Figur wuchs an, und sie stand plötzlich in all ihrem Schrecken und in Lebensgröße vor der Tür.
»Das ist dein Tod!« versprach Rasani ihm…
***
Am nächsten Morgen waren auch wir früh auf den Beinen. Zumindest ich war zeitig aufgestanden, und ich ging davon aus, daß es auch nebenan geschehen war.
Wir hatten uns zum Frühstück verabredet, und ich läutete nach dem Duschen kurz durch.
Shao hob ab.
»Aha, ihr seid schon auf den Beinen. Guten Morgen.«
»Hi, John.«
»Und?«
»Es geht.«
»Was geht?«
Sie lachte. »Wir haben unsere Freundin gut bewacht, und es ist auch nichts weiter geschehen.«
»Das beruhigt mich.«
»Du willst sicher wissen, wann das Frühstück fertig ist.«
»Genau.«
»Wenn du willst, kannst du kommen.«
»Wunderbar, Shao, ich hatte auch von einer Perfektionistin nichts anderes erwartet.«
»Hör auf. Nicht am frühen Morgen, sonst fällt mir gleich der Staub von der Decke.«
»Bis gleich.«
Ich war einigermaßen zufrieden. Zumindest fing der Morgen nicht so an, wie der Abend aufgehört hatte. Wir befanden uns in einer relativ guten Lage, denn wir brauchten nicht anzugreifen, das konnten wir durchaus der anderen Seite überlassen.
Da sie einen ihrer Diener verloren hatte, würde sie sich darauf einstellen und bei einem zweiten oder dritten Angriff vorsichtiger zu Werke gehen. Natürlich auch raffinierter, so konnten wir durchaus damit rechnen, daß man uns einen Hinterhalt gelegt hatte.
Mich interessierte auch die Meinung meines Freundes Mandra Korab. Wir hatten ihn noch in der Nacht angerufen und ihn über diesen Überfall aufgeklärt. Er hatte es zur Kenntnis genommen und uns klargemacht, daß er von seinem Plan, dem Besuch bei Rasani, nicht abweichen wollte. Ein Mann wie er ging immer direkt in die Höhle des Löwen.
Ich schloß meine Wohnung ab und brauchte nur eine Tür weiter zu gehen, dort lebten Shao und Suko. Mein Freund öffnete. Er sah etwas müde aus. »Ist was mit dir?«
»Mir fehlt nur Schlaf.«
»Das mußt du durchstehen.«
»Klar, ich liebe es.«
Ich war schon vorgegangen, und Suko schloß hinter mir die Tür.
Carol Deep begrüßte mich mit einem zaghaften Lächeln und reichte mir die Hand. Auch sie hatte schlecht geschlafen. Unter ihren Augen zeichneten sich Ringe ab. Ich munterte sie auf, indem ich von Shaos Kaffee schwärmte, der Tote erwecken konnte.
»Dann wird es bei Halbtoten wohl auch klappen«, sagte Carol und bewies damit ihren Humor.
»Das sowieso.«
Shao kam mit dem Kaffee. Er war für Carol und mich. Sie und Suko tranken lieber Tee.
Seit Shaos Rückkehr war dieses Getränk wieder favorisiert worden. In den Monaten zuvor hatte sich Suko schon mehr an
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