0855 - Kalis Würgertruppe
Sieger in diesem Spiel geworden, er konnte sich dabei selbst auf die Schulter klopfen, und er hätte nie gedacht, daß sich dieser andere so schnell hätte übertölpeln lassen. Es war nicht nur sein Verdienst, die Göttin Kali hatte ihr Versprechen gehalten und ihren Diener nicht im Stich gelassen. Ihr gebührte das größte Lob.
Er kam sich gut vor, als er die kleine Statue anschaute. Ja, sie war wieder geschrumpft, hatte sich zu ihrer normalen Größe zurückentwickelt, und niemand sah ihr an, welche Macht noch von ihr ausgehen konnte. Jeder unterschätzte sie, und genau das wollte der Mann.
Die meisten Besucher, die einen Blick auf die Göttin warfen, schraken zwar bei ihrem Aussehen zusammen, kamen aber nie darauf, was tatsächlich in ihr steckte.
Rasani wußte es. Er verdankte ihr viel, das meiste in seinem Leben. Erfolg, Geld, Reichtum. Er stand unter ihrem Schutz, und das hatte sie ihm wieder einmal bewiesen.
Um Mandra Korab kümmerte er sich vorerst nicht. Er schritt an der leblosen Gestalt vorbei und bückte sich dort, wo die kleine Figur der Göttin auf dem Boden lag. Er mochte es nicht, daß sie dort ihren Platz gefunden hatte, als wäre sie weggeworfen worden. So etwas hatte sie auf keinen Fall verdient.
Sein keuchender Atem traf die Figur, als er sie anfaßte. »Laß nur«, flüsterte er ihr zu, als würde er mit einer lebenden Person sprechen.
»Laß es nur gut sein. Alles wird in Ordnung gebracht. Wir werden siegen, es wird uns niemand aufhalten können.« Er nahm sie vorsichtig in die Höhe, schaute in ihr häßliches Gesicht und glaubte wieder den Gestank des alten Blutes und den des Moders zu riechen. Von beidem wurde die Figur der Göttin umweht.
Er stellte sie auf den Schreibtisch zurück. »So, das ist dein Platz, den sollst du behalten. Niemand wird dich angreifen und dich mir wegnehmen – niemand. Wir beide bilden eine Einheit. Du hast mich geprägt, du hast mir den Weg gezeigt, der zur wahren Erkenntnis führt, und du wirst dich immer auf mich verlassen können.«
In den übergroß stilisiert dargestellten Augen der Göttin sah er das rötliche Schimmern, als hätte sich dort Blut gesammelt. Sogar die vier Arme glaubte er, zucken zu sehen. Niemand sollte sich von der nur geringen Größe täuschen lassen. Sie war gefährlicher als zehn ausgebildete Kämpfer zusammen, wenn es darauf ankam.
Aber Korab hatte er erledigt. Rasani hoffte, ihn getötet zu haben.
Die Waffe hatte kein großes Kaliber. Für einen ›Blattschuß‹ aber reichte es aus.
Er ging hin.
Mandra Korab rührte sich nicht. Im Rücken suchte Rasani nach dem Einschußloch. Er mußte schon sehr genau hinschauen, um es entdecken zu können. Wie tief die Kugel in den Körper hineingefahren war, konnte er nicht feststellen. Er wußte auch nicht, ob sie das Herz des Mannes getroffen hatte, jedenfalls sah er nur wenige Blutspritzer auf der Kleidung. Wenn das Geschoß etwas zerrissen hatte, dann blutete dieser Mann innerlich.
Aber Tote bluten nicht mehr…
Das brachte ihn darauf, nachzuschauen, ob dieser Mann tatsächlich tot war.
Rasani drehte Mandra nicht um. Er fuhr mit seinen Fingerkuppen über die Haut am Hals entlang – und schrak zusammen. Wenn der Puls noch vorhanden war, dann mußte auch das Herz schlagen.
Der Teppichhändler stellte sich wieder normal hin. Er war plötzlich wütend geworden. Also war der Schuß doch nicht endgültig gewesen. Er würde einen zweiten nachsetzen müssen.
Rasani hatte die Waffe auf den Schreibtisch gelegt. Er ging hin und nahm die flache Pistole an sich. Für einen Moment überlegte er und demonstrierte in der Theorie, wie er es anstellen sollte, diesen Feind endgültig ins Jenseits zu schicken.
Nein, nicht durch eine Kugel aus der Distanz geschossen. Wenn, dann würde er auf Nummer Sicher gehen.
Wieder näherte er sich der Leiche, und das Grinsen war auf sein Gesicht zurückgekehrt. Er kniete neben dem Toten nieder. Dicht vor sich sah er den Kopf und den Nacken.
Er überlegte, wo er die Mündung ansetzen sollte. An der Schläfe oder am Nacken?
Rasani nickte, als er sich für eine Möglichkeit entschieden hatte. Er wollte direkt hinter dem Ohr anlegen.
Mandra Korab zuckte nicht einmal bei der Berührung.
Er lag in tiefer Agonie. Aus eigener Kraft konnte Mandra sein Leben nicht mehr retten…
***
Für Rodney war es beinahe schon unverständlich, daß sein großer Schwarm mit einem Bullen angetanzt kam. Damit sank Carol Deep zwar nicht in seiner Achtung, doch er selbst
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