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0862 - Eiswind der Zeit

Titel: 0862 - Eiswind der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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folg-te der Richtung des Pfades mit den Augen. Er endete vor einem tempelartigen Palast, zu dem breite Stufen hinaufführten.
    Die Bauart... woher nur kannte er sie? Von Bildern und Filmen?
    Es ist die Insel Kreta, Hotrenor. In ferner Vergangenheit.
    Kreta, eine der vielen Inseln Terras, entsann sich der Lare. Ohne jede Bedeutung damals, als er noch die Milchstraße beherrschte. Um so unverständlicher mußte es sein, daß die unbekannte Macht Harno und ihn ausgerechnet hierher durch Raum und Zeit ge-bracht hatte.
    Das Geräusch, ein monotoner Singsang, kam aus dem Innern des Marmorpalasts, den mächtigen Säulen trugen. Das Portal war weit geöffnet, aber alles dahinter lag im Däm-merlicht und war kaum zu erkennen. Schatten bewegten sich hin und her, und auf einem Podest stand eine etwas heller schimmernde Gestalt humanoiden Aussehens.
    Eine Frau in weißem, fließenden Gewand, das bis zu den Füßen reichte.
    Hatte Roctin-Par auf Harnos Oberfläche nicht eine ähnliche Gestaltgesehen?
    Bestanden Zusammenhänge?
    Er kam nicht mehr dazu, sich die Frage selbst zu beantworten oder sie Harno zu stellen, denn von der anderen Seite her näherten sich Männer und Frauen in unterschiedlicher Kleidung. Die Männer trugen teilweise einfache Lendenschurze, die seitlich durch Bänder zusammengehalten wurden. In ihren Gürteln steckten breite, kurze Messer. Die Frauen hingegen waren durchwegs mit langen Kleidern oder kurzen Röcken bekleidet. Sandalen schützten vor den Steinen des Weges.
    Hotrenor-Taak wußte, daß es zu spät war, sich verbergen zu wollen. Die nächsten schützenden Büsche waren zu weit entfernt, und die Näherkommenden bereits in Sichtweite. Er beschloß, der Gefahr ins Auge zu sehen, machte aber Platz und gab den Weg frei.
    Doch die Männer, die vorangingen, achteten nicht auf ihn oder Harno, der in zwei Meter Höhe, groß wie ein Fußball und nun wieder dunkel und lichtlos, mitten in der vor Hitze flimmernden Luft schwebte.
    Hotrenor hob seine Hände zum Zeichen des Friedens und trat auf die Männer zu, doch ehe er ein Wort der Begrüßung sagen konnte, geschah etwas Unheimliches und Unbe-greifliches.
    Die Männer gingen weiter - und sie gingen durch ihn hindurch.
     
    *
     
    Noch bevor auch die Frauen durch ihn „hindurchgehen" konnten, wich Hotrenor fassungslos zur Seite. Fast wäre er über einen Stein gestolpert, aber er fing sich im letzten Augenblick und setzte sich.
    „Sie sind ... nicht wirklich!" stotterte er. „Geister, Dämonen! Gespenster ohne Fleisch und Blut! Harno, was ist los?"
    Er sprach laut, aber keiner der Männer und Frauen drehte sich nach ihm um. Sie mußten Terraner sein, wenn sie auch ein wenig anders aussahen als jene Terraner, die Hotrenor kannte. Sie waren etwas kleiner, ihre Haut schimmerte wie Bronze und sie hatten lange, blonde Haare.
    Die Gesichter waren scharfkantig und von außergewöhnlicher Ebenmäßigkeit. Sie waren - schön.
    Oh doch, Hotrenor, sie sind Wirklichkeit und in dieser Zeit vorhanden. Aber wir sind es nicht! Die Gespenster sind wir! Sie sehen und hören uns nicht, wir sind wie Luft für sie.
    Wir sind aus einer anderen Zeit, die für sie noch fernste Zukunft ist, und wenn wir auch hierher versetzt wurden, so materialisierten wir nicht. Wir sind nichts als unbeteiligte Zuschauer.
    „Sie nehmen uns nicht wahr? Sie könnten uns nichts anhaben?"
    Niemals! Umgekehrt haben auch wir keinen Einfluß auf sie und auf das, was sie tun.
    Wir können nicht in die Geschehnisse eingreifen. Es ist eine natürliche Sperre, die ein Para-doxon verhindert.
    „Die ideale Zeitreise also", stellte Hotrenor fest. „Allerdings eine unkontrollierte und eine gegen unseren Willen. Wer aber lenkt und veranlaßt sie? Wer ist der Große Unbekann-te?"
    Ich weiß es nicht, wiederholte Harno. Aber ich weiß, daß es nicht ohne Grund geschieht. Wir sollen beobachten, was passiert. Jemand benötigte diese Information.
    Wir müssen tun, was er - oder es - von uns verlangt.
    „ES, das Geistwesen ...? fragte Hotrenor.
    Nein, es, berichtigte Harno.
    Hotrenor-Taak begriff den Unterschied, ohne weitere Fragen zu stellen.
    „Gehen wir in den Tempel", schlug er vor.
    Geh allein, ich bleibe zurück. Es kann dir nichts geschehen.
    „Du wirst hier warten?"
    Ich werde immer bei dir sein, gab Harno geheimnisvoll zurück.
    Hotrenor-Taak zögerte nur eine Sekunde, dann schritt er langsam den Pfad zum Tempelpalast hinauf, wo der Gesang lauter geworden war.
     
    *
     
    Obwohl Hotrenor kein Terraner

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