0863 - Auf den Schwingen des Todes
Echavez kam noch dazu, einen Schuss abzufeuern, dann fielen die Kreaturen der Finsternis lautlos über ihn her. Und in gespenstischer Lautlosigkeit zankten sie sich kurze Zeit später um sein Herz…
***
Brooklyn, New York
Zamorra und Nicole gönnten sich zwei Stunden Ruhe im Gästezimmer des Fathers und fühlten sich danach wie neu geboren. Das Wasser aus der Quelle des Lebens , von dem sie einst getrunken hatten, sorgte nicht nur für relative Unsterblichkeit, sondern auch für belebende Wirkung.
Danach erschienen die beiden Dämonenjäger anständig gekleidet beim Frühstück in der großen Wohnküche. Father Rempel begrüßte sie mit ernstem Gesicht.
»Was ist los?«, wollte Nicole wissen. »Ist das Frühstücksei missglückt? Oder hat jemand das Opfergeld geklaut?«
Der Senior Pastor deutete auf den laufenden Fernseher, in dem gerade Werbung lief, stutzte aber dann. »Äh, waren Sie gestern nicht rothaarig, Miss Duval? Das Hellgrün mit den lila Strähnchen steht Ihnen aber auch nicht schlecht. Nun, gleich kommen die CBS-Nachrichten wieder. Das müssen Sie unbedingt sehen.«
Zamorra und sein Herzblatt setzten sich und griffen herzhaft zu. Die Spiegeleier des Fathers verdienten das Prädikat erstklassig, der gebratene Schinken sogar Weltklasse. Nur beim Kaffee machte Nicole einige Abstriche, weil sie ihn lieber heiß als lauwarm mochte.
CBS ging wieder auf Sendung. Die Sprecherin berichtete von drei grausigen Leichenfunden in New York. Zwei junge Gangmitglieder in der Bronx und eine bürgerlich lebende Frau in Bergen Beach hatten nichts gemein miteinander. Außer eben, dass allen dreien zur ungefähr selben Zeit das Herz herausgerissen worden war. Bilder von den Tatorten flimmerten über den Schirm, Captain James Alles, der Commander des zuständigen 45. Polizeireviers für die Bronx-Morde, gab ein nichts sagendes Statement ab. Damit reihte er sich nahtlos in die lange Reihe der Interviewten ein. Immer wieder war von Ritualmorden die Rede.
»Wann kommt's nun endlich?«, fragte der Father.
»Wann kommt was?«, wollte Zamorra wissen, während er die letzten Eierreste aus der Pfanne kratzte.
»Die Sprecherin hat vorhin ein sensationelles Interview angekündigt, das Licht in die Sache bringen wird.«
»Aha. Wahrscheinlich haben sie mit den Toten selbst gesprochen«, ätzte Nicole. »Ist doch überall auf der Welt das Gleiche.«
Zwei Minuten später erschien eine ältere Lady mit grauen Haaren, die sie kunstvoll zu einem Nest geflochten hatte, auf dem Bildschirm. Sie saß in irgendeinem Sessel in irgendeinem Wohnzimmer, war reichlich verstört, hieß Mrs. Kim Curtis und behauptete, Zeugin des Mordes an Wendy Winghart geworden zu sein. Dabei behauptete sie, ein schwarzer Engel mit brutalem Gesicht und riesigen Schwingen hätte ihr das Herz aus dem Leib gerissen. Warum sie selbst noch lebe, wisse sie nicht.
Father Nathan Rempel erschauerte. »Ein schwarzer Engel, ja. Aber einer aus Luzifers Heerscharen. Professor, das war einer der Gargoyles, die auch mich angegriffen haben«, sagte er leise, fast andächtig. »Ja, so würde ich ihn auch beschreiben, ein schwarzer Engel. Nur einer von ihnen ist so. Er besitzt menschliche Züge, während die anderen tierische Fratzen haben. Das war er. Der Anführer. Ich weiß, dass er der Anführer ist.«
»Hm. Was mich nicht minder interessiert, ist der Name der einen Toten«, sagte der Meister des Übersinnlichen.
»Wendy Winghart«, ergänzte Nicole. »Und über Solomon Wingharts Grab erschien die schwarze Kirche. Zufall?«
»Glaubst du doch selber nicht.« Zamorra schüttelte entschieden den Kopf. »Wir müssen rausfinden, wer diese Wendy Winghart zu sein beliebte.«
Sie mussten nichts dafür tun außer zuzuhören. Schon kurze Zeit später wussten sie, dass Wendy die Tochter des verstorbenen Solomon und Kim Curtis dessen Zugehfrau gewesen war.
»Ich will unbedingt selbst mit dieser Mrs. Curtis reden«, sagte der Professor. »Ganz schön mutig übrigens, was sie da macht. Sie muss damit rechnen, sich der öffentlichen Lächerlichkeit preiszugeben.«
Der Senior Pastor tätigte ein paar Telefonanrufe, dann hatten sie Mrs. Curtis Adresse und Telefonnummer. Die Frau meldete sich nicht. Also stiegen sie in den roten 1992er Chevy Beretta des Fathers und fuhren nach Bergen Beach. Vor dem Dreizimmerappartement in einem schäbigen Hochhaus trafen sie zwar eine Reportermeute an, aber keine Mrs. Curtis.
»Nicht verzagen, Rempel fragen«, sagte der Senior Pastor und rief
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