0864 - Friedhof der Vampire
mit Zamorra durchschreiten. Natürlich wäre es praktischer gewesen, wenn das Tor sich gewissermaßen über sie beide stülpen würde. Aber das ging nicht.
Mit einer weiteren enormen Kraftanstrengung lud sie sich ihren Gefährten über die Schulter. Dann brauchte sie noch einmal eine Pause und lehnte sich mit Zamorra an den Grabstein. Sie merkte, dass ihre Knie allmählich weich wurden und nachgeben wollten.
Sie musste schnell handeln. Sie konzentrierte sich auf das Ziel und verschob die Symbole.
Und tatsächlich entstand das Weltentor.
Jetzt oder nie!
Sie stürmte mit ihrer Last los…
***
Stygia hatte darauf verzichtet, ihren Triumph über Zamorra auf dem Knochenthron zu genießen. Der war mitunter doch recht unbequem, weil er vorwiegend zum Repräsentieren gebaut worden war. Um Eindruck zu schinden bei denen, die sich vor ihm in den Staub werfen mussten - Staub, der sich aus den Blutresten von Opfern gebildet hatte.
In ihren privaten Gemächern, die nicht einmal von ihren Leibwächterinnen betreten wurden durften, war es wesentlich angenehmer. Die hatte sie nach ihren eigenen Bedürfnissen einrichten lassen, und jene, die das für sie erledigt hatten, lebten nicht mehr. Manchmal, wenn ihr danach war, nahm Stygia einen Liebhaber mit hierher, aber alle bisherigen lebten ebenfalls nicht mehr.
Jetzt war ihr eigentlich wieder danach. Aber es gab derzeit niemanden, der ihr gefiel. Das machte nichts; sie konnte auch allein genießen.
Sie räkelte sich auf einem bequemen Lager aus dem Kreischpelz einer Panzerhornschrexe und gab sich dem angenehmen Gefühl hin, jeden Zentimeter ihrer Haut von diesem für andere Kreaturen hochgiftigen Fell gestreichelt zu bekommen. Dabei dachte sie darüber nach, wie sie die Schwarze Familie am besten über ihren Sieg in Kenntnis setzte.
Sie hatte ja die Bilder mit den entscheidenden Szenen. Die zu präsentieren, war klar. Aber in welcher Form?
Am besten war es wohl, eine Konferenz der Mächtigen einzuberufen. Der einzige unsichere Kandidat dabei war Lucifuge Rofocale, weil er im Rang über ihr stand. Ob er dem Aufruf folgte, war nicht gewiss.
Aber wenn er diese Konferenz ignorierte, würde er sich später ärgern. Sehr ärgern.
Die Fürstin der Finsternis rieb sich bei diesem Gedanken die Hände. Sie würde eine Menge Pluspunkte sammeln und Lucifuge Rofocale würde Punkte verlieren, weil es ihm bislang nicht gelungen war, Zamorra zu töten, und sein Fernbleiben würde man ihm ankreiden und ihn das nennen, was bei den Menschen eine »beleidigte Leberwurst« war.
Stygia grinste teuflisch.
Sie kam ihrem Ziel einen gewaltigen Schritt näher, sich auf seinen Thron zu setzen.
***
Nicole schaffte es gerade noch, Zamorra zu Boden sinken zu lassen, dann hockte sie erschöpft neben ihm. Das Weltentor hatte ihr den Rest gegeben, nachdem sie vorher schon jede Menge Kraft aufgewendet hatte, um Zamorra aus dem Grab zu holen.
Sie befand sich in der Eingangshalle des Châteaus, in der es immer noch chaotisch aussah.
Sie brauchte Minuten, bis sie wieder einigermaßen denken konnte. Auf die Beine kam sie noch nicht. Aber sie sah das Terminal der Visofon-Anlage an der Wand. Es war von Zamorras Laserbeschuss unbehelligt geblieben.
»Visofon«, krächzte sie.
Die Anlage, die sowohl auf Tastatureingabe als auch auf Zuruf funktionierte, reagierte nicht. Nicoles Stimme war zu leise, um erfasst zu werden.
»Visophon!«, wiederholte Nicole so laut sie konnte. Sie glaubte zu schreien. Jetzt endlich schaltete das Gerät sich ein.
»Akustische Empfindlichkeit auf Maximum!«, rief sie und hoffte, dass das jetzt funktionierte. »Rundruf William!«
Tatsächlich meldete der Butler sich. »Mademoiselle Nicole, Sie sind wieder zurück? Aber - was ist mit dem Professor?«
Er schien zu brüllen, obgleich er normal sprach. Das lag an der Änderung der Akustik.
Die Bildübertragung zeigte ihm nur einen Teil des Liegenden, da Nicole vor ihm hockte.
»Es ist etwas Schlimmes passiert, William«, sagte Nicole heiser. »Aber - schließen Sie die Schutzglocke um das Château wieder. Schnell.«
»Sofort.«
Die Verbindung brach ab. Höchstens eine Minute später eilte der Butler die Treppe herunter, ohne dabei aber seine würdevolle Art der Fortbewegung zu vernachlässigen. Er sah Nicole, sah Zamorra und jetzt erst den Pflock in dessen Brust.
»Oh, nein!«, entfuhr es ihm. »Das ist ja furchtbar! Er lebt doch hoffentlich noch?«
»Das hoffe ich auch«, stöhnte Nicole.
»Visofon!«, rief er. »Rundruf
Weitere Kostenlose Bücher