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0866 - Die Herrin der Raben

0866 - Die Herrin der Raben

Titel: 0866 - Die Herrin der Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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bereit.«
    Unwillkürlich fasste Zamorra in die Hosentasche und umklammerte den Sternenstein. Er konzentrierte sich bereits jetzt auf ihn, um nicht unnötig Zeit zu vergeuden, wenn es Ernst wurde.
    »Da, seht!«, rief Amber plötzlich. Ihre Stimme klang schrill und hektisch.
    Es hätte dieses Hinweises nicht bedurft. Zamorra und Claudius entging die durchscheinende Gestalt, die am Ende des Ganges vorbeihuschte und in einem Quergang verschwand, ebenfalls nicht.
    »Ein gelb leuchtender Geist«, entfuhr es dem Zisterzienser verblüfft.
    »Nein, die Hexe«, erwiderte Amber Haggerman. »Das ist sie.«
    »Hinterher.« Zamorra schob sich an Amber vorbei und machte sich an die Verfolgung. Claudius blieb ihm dicht auf den Fersen. Nur Amber baute etwas ab. Verzweifelt versuchte sie, Anschluss zu halten.
    An der nächsten Kreuzung stoppte Zamorra. »Beim hohlen Stockzahn der Panzerhornschrexe. Wo ist sie hin?« Er leuchtete links und rechts in den Quergang.
    »Links«, erwiderte die herankeuchende Frau.
    Der Professor hinterfragte nicht lange. Er rannte nach links, so schnell es die eingeschränkten Lichtverhältnisse zuließen.
    Plötzlich war der Gang voller Raben. Die Tiere saßen auf dem Boden und blickten Zamorra lautlos entgegen. Der stoppte unwillkürlich ab. Wie eine feindliche Phalanx, schoss es ihm durch den Sinn.
    Ein paar der Vögel flatterten hoch. Claudius und Amber kamen neben dem Professor zum Stehen.
    »Wir sind jetzt ganz nah«, flüsterte die Hexenjägerin. »Ganz nah. Ich spüre sie deutlich. Sie ist… sehr böse… sehr mächtig. Da hinten, im Knochenschacht. Seht doch, seht«, gurgelte sie plötzlich.
    Drei Scheinwerferkegel vereinigten sich auf dem von Gebeinen bedeckten Schachtgrund. In den Knochenberg, der durch das dicke Eisengitter deutlich zu sehen war, kam Bewegung. Ein Totenkopf rollte zur Seite, ein paar Knochen rutschten mit einem unheimlichen Schaben über andere hinweg. Aus dem Knochenberg tauchte ein schwach leuchtender Totenschädel. Zwei Schlüsselbeine folgten, zwei Schultergelenke, zwei Arme. Mit den Knochenfingern wühlte sich die Erscheinung frei. Gleich darauf stützte sie sich auf dem makabren Untergrund ab und zog den Oberkörper nach. Der Brustkorb erschien. Ein größerer Gegenstand hatte sich zwischen der dritten und vierten Rippe auf der linken Brustseite verkeilt.
    Die drei Menschen beobachteten das Geschehen fasziniert. Die Skelettfinger fuhren vor, rissen das schwere Eisengitter aus der Verankerung, als sei es lediglich aus Pappe. Es schepperte zu Boden. Ohrenbetäubender Krach erfüllte die Katakomben. Die Raben flatterten wild durcheinander.
    Das Skelett arbeitete sich behände durch die Öffnung. Fahl leuchtend stand es davor, die Augenhöhlen den Menschen zugewandt.
    »Die Hexe greift an!«, schrie Amber schrill. »Setzen Sie den Dürrah ein, Professor! Schnell! Sie müssen den Gegenstand zwischen den Rippen zerstören! Es ist ihr kristallisiertes Hexenherz!«
    Zamorra zögerte nicht. In der einen Hand die Taschenlampe, in der anderen den Sternenstein, konzentrierte er sich auf den Dhyarra, vermittelte ihm in bildhafter Vorstellung, was er zu tun hatte. Blitze lösten sich aus dem Hexenherz, zuckten auf ihn zu. Irgendwo auf halbem Weg lösten sie sich auf. Zamorra ahnte, dass die Hexe noch nicht stark genug war.
    Die Aura des Skeletts leuchtete plötzlich grell auf. Der Sternenstein zog nach. Er setzte nun um, was der Professor von ihm verlangte. Unglaublich starke Energien, die er aus den Tiefen des Weltraums bezog, prallten auf das Hexenherz.
    In einer grellen Explosion flog es auseinander. Genauso, wie es sich Zamorra vorgestellt hatte.
    Claudius schrie! Er taumelte, ließ die Taschenlampe fallen, schlug die Hände vors Gesicht. Rote Sonnen tanzten vor seinen Augen, er war vollkommen blind. Amber sank zu Boden, als hätte jemand einer Marionette die Fäden gekappt. Die Raben flatterten wie irr im Gang herum.
    Zamorra nahm dies alles wahr, denn er hatte rechtzeitig die Augen geschlossen und sich abgewandt. Jetzt, wo er sich mit wieder offenen Augen herumgedreht hatte, sah er auch, dass das Skelett nicht in sich zusammenfiel, wie er es eigentlich erwartete.
    »Was zum Arnos ist das?«
    Zamorra stöhnte laut. Er traute seinen Augen nicht.
    ***
    17. Januar 1679, Leopoldstadt, Wien:
    Asmodis, Fürst der Finsternis, beobachtete interessiert, was die Hexe Theresia Maria so alles anstellte, um seinen Auftrag doch noch auszuführen. Er hielt den Schachzug, die Pestdämonin

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