Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0866 - Die Herrin der Raben

0866 - Die Herrin der Raben

Titel: 0866 - Die Herrin der Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
Vom Netzwerk:
Mittelalter genannt wurden. Zuerst sahen die Neugierigen den älteren Teil, in dem sich unter anderem die Urnen mit den Eingeweiden der in der Kapuzinergruft beigesetzten Habsburger befanden. Danach führte der Pater sie in den neueren Teil, der aus sich weit verzweigenden Gewölben bestand. Zamorra achtete die ganze Zeit auf Merlins Stern. Aber das Amulett erwärmte sich nicht einmal, als sie vor den Schächten standen, in denen die Pesttoten ebenso ein namenloses Grab fanden wie die vielen Verstorbenen vom Stephansfriedhof. Der hatte bis 1732 rund um den Dom existiert und war in diesem Jahr wegen der katastrophalen hygienischen Verhältnisse aufgelassen worden. In den Schächten schien die angesprochene Gefahr also nicht zu lauern.
    Nach der Führung stieg der Pater eine steile gemauerte Treppe hoch und öffnete ein massives Gitter. Auf einem etwas abseits gelegenen Teil des Stephansplatzes, in der Nähe der wartenden Fiaker, kamen sie an die Oberwelt zurück. Zamorra atmete tief durch.
    Dann beschlossen sie, sich zu trennen. »Nici, du übernimmst diesen Jerry Kretchmer, da ihr beide euch anscheinend recht sympathisch seid. Ich meine, wenn ihn die Hexe tatsächlich benutzt, müssen wir herausfinden, in welcher Weise das geschehen soll. Frag ihm Löcher in den Bauch, horche ihn notfalls telepathisch aus, wenn es geht, mir ganz gleich. Claudius und ich werden derweil mit unserer Hexenjägerin zurück in die Katakomben steigen. Sollte tatsächlich der Dhyarra gegen die Hexe wirken, kann ich ihn ebenso gut einsetzen wie du.«
    Nicole war einverstanden.
    Pünktlich um 21.30 Uhr, eine halbe Stunde vor Toresschluss, trafen Zamorra und Claudius beim abgemachten Treffpunkt am »Steffi« ein, wie die Wiener den Stephansdom liebevoll nennen. Amber Haggerman wartete bereits auf sie. Von ihrem aufgedonnerten Outfit war nicht das Geringste übrig. In den schwarzen Jeans und der braunen Lederjacke wirkte sie wie ein komplett anderer Mensch. Sie strahlte eine Dynamik aus, die Zamorra an ihr zuvor nicht festgestellt hatte.
    Das Trio betrat den Dom. Im Strom der Touristen fielen sie nicht weiter auf. Sie gingen zum linken Seitenschiff, warteten kurz ab, bis gerade niemand hinsah und stiegen die Treppe hinunter.
    »Jetzt bin ich aber mal gespannt«, sagte Zamorra, als sie vor der massiven, uralten, mit Eisenbeschlägen besetzten Holztür standen.
    Amber Haggerman lächelte geheimnisvoll. Sie zog einen Schlüssel aus der Tasche, der zu einer modernen Schließanlage gehörte. Blitzschnell drehte sie ihn im Schloss und zog die Tür einen Spalt breit auf. »Bitte einzutreten«, sagte sie.
    Zamorra und Claudius quetschten sich durch den Spalt. Amber Haggerman machte den Abschluss. Sie versperrte die Tür hinter sich wieder.
    »Ich möchte mal lieber nicht wissen, wie Sie an diesen Schlüssel kommen«, sagte Claudius. »Sie wissen, dass Diebstahl eine Sünde ist?«
    »Natürlich, Bruder«, gab die Hexenjägerin leise zurück. »Wenn es Sie beruhigt: Ich habe ihn nur ausgeliehen. Und schließlich tun wir ein gutes Werk damit.«
    »Das alleine rettet Sie vor der ewigen Verdammnis«, behauptete Claudius.
    Starke Taschenlampen flammten auf. Drei konzentrierte Lichtkegel tanzten in der Finsternis. Die Menschen kannten den Weg in die Katakomben genau. Amber Haggerman führte die Männer trotzdem an. Sie alleine wusste, wo die Gefahr lauerte.
    Das Hexenjagdkommando ging durch die sich verzweigenden Gänge. Es war kühl hier unten. In der Finsternis nahm Zamorra den allgegenwärtigen Modergeruch viel deutlicher wahr als bei der Führung heute Nachmittag. Aber das mochte Einbildung sein.
    Die Lichtkegel strichen über die uralten Ziegelsteine und brachten zahlreiche Spinnennetze zum Glänzen. Deren Besitzerinnen, die in der Netzmitte thronten, zogen sich ob der plötzlichen Lichtflut verstört zurück. Ein flatterndes Geräusch ertönte. Amber stoppte unwillkürlich. Der Professor lief auf sie auf. Er leuchtete an ihr vorbei. Sein Lichtkegel erfasste gerade noch einen Raben, der in einer Deckenöffnung verschwand.
    Zamorra pfiff leise durch die Zähne. »Sammelt die gnädige Frau Hexe etwa gerade ihre Armee gegen uns?«
    Sie betraten einen Gang, der sich gut zwanzig Meter lang kerzengerade vor ihnen erstreckte. Wie drei helle Finger tasteten sich die Lichtkegel hinein.
    »Wir sind ihr sehr nahe«, flüsterte die Hexen jägerin plötzlich und blieb abrupt stehen. »Sie ist nicht weit von uns, ich fühle es genau. Professor, halten Sie den Dürrah

Weitere Kostenlose Bücher